Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie


Zur Schaffung "einheitlicher Ansprechpartner" im Rahmen der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie
Bis Ende 2009 muss die EU-Dienstleistungsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden – Deutsche Bundesregierung: Einheitliche Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie sinnvoll


(05.03.08) - Die Bundesregierung hält es für sinnvoll, die EU-Dienstleistungsrichtlinie möglichst einheitlich umzusetzen. Sie habe den Ländern deshalb "koordinierende Unterstützung" angeboten, damit am Ende ein "insgesamt stimmiges und funktionierendes System" entstehen könne, heißt es in ihrer Antwort (16/8293) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (16/8103). Ein wichtiges Ergebnis der Koordinierung sei das von der Wirtschaftsministerkonferenz einstimmig gebilligte "Anforderungsprofil für die einheitlichen Ansprechpartner".

Es enthalte Mindestanforderungen zum Anwendungsbereich sowie zur Funktionsweise dieser einheitlichen Ansprechpartner. Die Entscheidung darüber liege aber bei den Bundesländern. Das Potenzial der Richtlinie solle genutzt werden, um "praktische Erleichterungen für die Wirtschaft zu erreichen". Auch die Regierungschefs von Bund und Ländern hätten betont, dass es notwendig sei, die Dienstleistungsrichtlinie möglichst einheitlich umzusetzen. Die Richtlinie muss bis Ende 2009 in deutsches Recht umgesetzt werden. Ein wichtiger Bestandteil ist dabei die Einrichtung "einheitlicher Ansprechpartner", bei denen die Unternehmen alle Formalitäten und Verfahren erledigen können, die für die Aufnahme und Ausübung ihrer Dienstleistungen von Bedeutung sind.

Vorbemerkung der Fragesteller
Bis Ende 2009 muss die EU-Dienstleistungsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden. Ein wichtiger Bestandteil ist die Einrichtung so genannter Einheitlicher Ansprechpartner (EA), bei dem Unternehmen alle für die Aufnahme und Ausübung ihrer Tätigkeiten erheblichen Formalitäten und Verfahren erledigen können. Der "Einheitliche Ansprechpartner" bietet die große Chance zu einer umfassenden Verwaltungsvereinfachung und damit die Möglichkeit zum Bürokratieabbau gerade für kleinere und mittlere Unternehmen.

Aus Sicht der Wirtschaft können diese Ziele nur erfolgreich realisiert werden, wenn der personelle und sachliche Anwendungsbereich deutschlandweit einheitlich geregelt wird. Das aber erscheint wenig wahrscheinlich, weil die Bundesländer mit den Papieren "Verortungsmöglichkeiten für Einheitliche Ansprechpartner im föderalen System Deutschlands" und "Anforderungsprofil für Einheitliche Ansprechpartner", die Ende 2007 verabschiedet wurden, keine klaren Entscheidungen über eine einheitliche Regelung des personellen und sachlichen Anwendungsbereichs getroffen haben.

Vorbemerkung der Bundesregierung
Die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie ist ein komplexer Prozess mit einer Vielzahl von Beteiligten auf allen staatlichen Ebenen. Nach unserem föderalen System kommt den Bundesländern hierbei eine zentrale Umsetzungsrolle zu. Dies gilt insbesondere für verwaltungsorganisatorische Fragen wie die Einführung "Einheitlicher Ansprechpartner" und den Aufbau des europäischen Verwaltungszusammenarbeitssystems IMI. Nach Artikel 83 ff. GG kann die Bundesregierung den Ländern auf diesen Feldern nicht letztverbindlich deutschlandweit einheitliche Umsetzungswege vorgeben. Über diese Ausgangslage und die daraus resultierenden Herausforderungen hat die Bundesregierung den Deutschen Bundestag und seine Fraktionen immer wieder informiert, zuletzt mit Schreiben an die Wirtschaftspolitischen Sprecher der Fraktionen von Ende November 2007.

Eine möglichst einheitliche Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie ist in vielen Bereichen sinnvoll. Die Bundesregierung bietet den Ländern deshalb koordinierende Unterstützung an, damit am Ende ein insgesamt stimmiges und funktionierendes System entstehen kann. Ein wichtiges Ergebnis der Koordinierungsarbeit ist das im November 2007 einstimmig von der Wirtschaftsministerkonferenz gebilligte "Anforderungsprofil für die Einheitlichen Ansprechpartner". Es enthält Mindestanforderungen zum personellen und sachlichen Anwendungsbereich sowie zur Funktionsweise der Einheitlichen Ansprechpartner. Damit bietet es die Grundlage für weitere Konkretisierungen und politische Entscheidungen auf Länderebene.

1. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass über die Ausgestaltung der Einheitlichen Ansprechpartner die Bundesländer entscheiden und es damit im Extremfall 16 unterschiedliche Regelungen geben wird?
Aus den in der Vorbemerkung geschilderten verfassungsrechtlichen Gründen liegt die Entscheidung über die Ausgestaltung der Einheitlichen Ansprechpartner bei den Bundesländern. Bund und Länder haben aber von Anfang an die Notwendigkeit gesehen, sich auf gemeinsame Eckpunkte zu verständigen, und zwar sowohl aus Effizienzgesichtspunkten als auch angesichts der Notwendigkeit, ein stimmiges System für Dienstleister zu erreichen.

Das Potential der Dienstleistungsrichtlinie und speziell der Einheitlichen Ansprechpartner sollte bestmöglich genutzt werden, um praktische Erleichterungen für die Wirtschaft zu erreichen. Auch die Regierungschefs von Bund und Ländern haben die Notwendigkeit betont, die Dienstleistungsrichtlinie unter Beachtung föderaler Strukturen möglichst einheitlich umzusetzen.

2. Was unternimmt die Bundesregierung, um sicherzustellen, dass bundesweit dieselben Branchen die EA nutzen können (personeller Anwendungsbereich), insbesondere vor dem Hintergrund, dass einige Branchen, wie Transportdienstleistungen, private Sicherheitsdienste, Finanzdienstleistungen und Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung nicht von der EU-Dienstleistungsrichtlinie erfasst werden, dass es von ihnen aber mit hoher Wahrscheinlichkeit Anfragen an die EA geben wird?

3. Was unternimmt die Bundesregierung, um zu garantieren, dass bundesweit dieselben Verwaltungsverfahrendurch den EA erledigt werden(sachlicher Anwendungsbereich)?
Gemeinsame Antwort auf Fragen 2 und 3:
Die Bundesregierung hat nach dem Grundgesetz keine Möglichkeit, den Ländern letztverbindlich einen bestimmten personellen oder sachlichen Anwendungsbereich für die Einheitlichen Ansprechpartner vorzugeben. Welche Branchen und Verfahren zwingend einzubeziehen sind, folgt vielmehr unmittelbar aus der Dienstleistungsrichtlinie selbst. Das gemeinsame "Anforderungsprofil für Einheitliche Ansprechpartner" führt die entsprechenden Fallgruppen deklaratorisch auf. Ob weitere, nicht unter die Dienstleistungsrichtlinie fallende Branchen und Verfahren in den Aufgabenbereich der Einheitlichen Ansprechpartner einbezogen oder diesbezügliche Grundinformationen bereit gestellt werden, liegt in der alleinigen Zuständigkeit der Länder.

4. Wie ist nach Meinung der Bundesregierung am besten sicherzustellen, dass die EA über eine ausreichende Wirtschaftskompetenz und Struktur verfügen, um die komplexen Anforderungen der Unternehmen an die EA (Erledigung sämtlicher Verwaltungsverfahren für Unternehmen über deren gesamten Lebenszyklus hinweg) zu bewältigen?

5. Welche Überlegungen gibt es seitens der Bundesregierung zur Finanzierung von Aufbau und Betrieb der Einheitlichen Ansprechpartner?
Gemeinsame Antwort auf Fragen Nr. 4 und 5: Die Zuständigkeit für die Einrichtung, Ausgestaltung und Finanzierung der Einheitlichen Ansprechpartner liegt gemäß der föderalen Zuständigkeitsordnung bei den Ländern.

6. Wie ist nach Informationen der Bundesregierung der Stand der Schaffung Einheitlicher Ansprechpartner in den anderen EU-Mitgliedstaaten, und ist aus heutiger Sicht gewährleistet, dass die EA in den an deren EU-Mitgliedstaaten für die deutsche Wirtschaft zu spürbaren Erleichterungen bei der Gründung und dem Betrieb von Unternehmen führen werden?

Die Umsetzungsüberlegungen in den anderen EU-Mitgliedstaaten stehen größtenteils noch am Anfang. Die bislang dazu vorliegenden Informationen erlauben noch keine vertiefte Bewertung. Die Bundesregierung hat auf europäischer Ebene und in bilateralen Kontakten jedoch von Anfang an deutlich gemacht, dass die entstehenden Strukturen eine echte Unterstützung gerade für kleine und mittlere Unternehmen bieten müssen.

7. In welchem Entwicklungsstadium befindet sich das von der EU geforderte IT-gestützte System EU-weiter Amtshilfe (IMI) zur Kontrolle der Dienstleistungserbringer durch die Mitgliedstaaten, wie werden von ihm insbesondere Haftungsfragen geregelt?

Das Binnenmarktinformationssystem IMI ist ein datenbankgestütztes elektronisches System, das die EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der Verwaltungszusammenarbeit und beim Informationsaustausch unterstützen soll. Es wird von der Europäischen Kommission entwickelt und finanziert. IMI wird in einem ersten Schritt zunächst für den Bereich der Anerkennung von Berufsqualifikationen nach der Richtlinie 2005/36/EG realisiert. Die Vorbereitungen für die Ende Februar 2008 beginnende Pilotphase wurden bereits abgeschlossen.

So wurden für die vier Pilotberufe Arzt, Apotheker, Physiotherapeut und Steuerberater/ Wirtschaftsprüfer die zuständigen Anerkennungsstellen und -behörden aller Mitgliedstaaten in der Datenbank registriert.
Im Anschluss an die Pilotphase soll IMI sukzessive bis Ende 2009 auf weitere der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG unterfallende Berufe sowie auf die Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG ausgeweitet werden. Die Vorarbeiten für die Realisierung von IMI für die Dienstleistungsrichtlinie sind bereits angelaufen. Als elektronisches System der Verwaltungszusammenarbeit regelt IMI selbst keine Haftungsfragen. Es gelten die allgemeinen haftungsrechtlichen Regelungen.
(Deutsche Bundesregierung: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Lobbygesellschaft für Digitale Transformation

    Die Bundesregierung gestaltet nach eigener Darstellung die digitale Transformation im Sinne der Bürger durch digitalpolitische Initiativen aktiv mit. Dazu würden bestehende Verfahren kontinuierlich modernisiert und implementiert im Hinblick auf aktuelle technische Entwicklungen, heißt es in der Antwort (20/13814) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/13448) der AfD-Fraktion.

  • AfD fordert Stopp der Wärmewende

    Die AfD-Fraktion will durch einen Stopp der Wärmewende Wohnen wieder bezahlbar machen. In einem Antrag (20/13764) wird insbesondere eine Absenkung der Energiestandards bei Neubauten verlangt.

  • AfD-Fraktion hält EU-Richtlinie für "rechtswidrig"

    Für die AfD-Fraktion greift eine EU-Richtlinie "rechtswidrig in die Grundrechte der Bürger ein". Das schreibt sie in einem Antrag (20/13799), in dem sie darauf abzielt, dass das EU-Parlament und der Rat der EU am 24. April 2024 die Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten beschlossen hätten.

  • Umsetzung der "eIDAS 2.0"-Verordnung

    Um die Umsetzung der "eIDAS 2.0"-Verordnung geht es in einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/13735). Wie die Fraktion darin ausführt, wird mit eIDAS 2.0 "eine persönliche europäische digitale Brieftasche, die EUDI-Wallet" geschaffen.

  • Neufassung der Energieauditpflicht

    Der Ausschuss für Klimaschutz und Energie im Rahmen einer Sachverständigen-Anhörung mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur Änderung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Effizienzmaßnahmen, zur Änderung des Energieeffizienzgesetzes und zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes (20/11852) befasst. Im Fokus stand dabei vor allem die Neufassung der Energieauditpflicht.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen