Digitalisierung: Public-Private-Partnership-Modell


Experten fordern gemeinsame Strategie für Digitalisierung des Kulturerbes - Kosten von der öffentlichen Hand alleine nicht zu stemmen
Langzeitarchivierung stelle ein gewaltiges Problem

(07.02.12) - Experten fordern weitgehend übereinstimmend eine gemeinsame Strategie, verbindliche Standards, Nachbesserungen beim Urheberschutz, vernetzte Strukturen und mehr Geld, um das nationale Kulturerbe zu digitalisieren und somit der Nachwelt zu erhalten. Der Kulturausschuss hatte die Sachverständigen zu einer öffentlichen Anhörung geladen, um sich über die Probleme und Anforderungen der Digitalisierung aus unterschiedlichen Perspektiven zu informieren.

Günter Schauerte, Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Mitglied im Kompetenzzentrum Deutsche Digitale Bibliothek, verdeutlichte vor dem Ausschuss die gewaltige Aufgaben, die eine Digitalisierung des nationalen Kulturerbes mit sich bringt. Es gehe um die Bestände von rund 30.000 Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland, darunter alleine 10.700 Bibliotheken, rund sieben Millionen in Deutschland verlegte Bücher und 1.700 Kilometer an Akten in den Staatsarchiven. Schauerte bezweifelte, dass die bereit gestellten Gelder ausreichen werden, um dieser Aufgabe Herr zu werden. So habe Frankreich angekündigt, 750 Millionen Euro für die Digitalisierung bereitzustellen, in Deutschland würden die jährlichen Kosten auf 30 Millionen Euro geschätzt. Der Bund und die Länder investierten derzeit jährlich 2,6 Millionen Euro in den Aufbau der Deutschen Digitalen Bibliothek. Schauerte sprach sich für eine Aufstockung dieser Mittel aus.

Robert Hauser vom Kompetenzzentrum für kulturelle Überlieferung Karlsruhe erklärte, dass es allein mit der Digitalisierung nicht getan sei. Die Daten müssten auch dauerhaft gepflegt und gegebenenfalls immer wieder konvertiert werden, um mit den jeweils aktuellen Dateiformaten und Computern kompatibel zu sein. Diese Langzeitarchivierung stelle ein gewaltiges Problem dar.

Einigkeit herrschte zwischen den Experten auch in der Frage, ob die Privatwirtschaft über sogenannte Public-Private-Partnership-Modelle an der Digitalisierung von Kulturgütern beteiligt werden sollte. Frank-Simon Ritz von der Universitätsbibliothek der Bauhaus-Universität Weimar betonte, dass die zu erwartenden Kosten von der öffentlichen Hand alleine nicht zu stemmen seien. Auch auf die Infrastruktur und das Fachwissen könne nicht verzichtet werden.

Dennis Schultz, Vertreter von Google Germany, erläuterte dem Ausschuss, in welchen Bereichen der Internetdienstleister bereits tätig ist. So bestehe beispielsweise eine Kooperation mit der Bayerischen Staatsbibliothek und der Österreichischen Nationalbibliothek, deren Bestände Google derzeit digitalisiere.

Übereinstimmend sprachen sich die Experten auch für eine Überarbeitung des Urheberrechts aus. Vor allem müsse geklärt werden, wie mit den so genannten verwaisten Werken, das heißt Kulturgüter, deren Urheber nicht ausfindig zu machen sind, umgegangen werden soll. Peter Weber, Justiziar des ZDF, verwies auf die besonderen rechtlichen Probleme bei den audiovisuellen Werken. In diesem Bereich sei es oftmals noch viel schwerer, die Urheber und Verwertungsrechte klar zuzuordnen.

Claudia Dillmann vom Deutschen Filminstitut sprach sich aber gegen den Vorschlag Webers aus, die Rechte pauschal an Verwertungsgesellschaften abzutreten. Dies sei im Bereich des Fernsehens vielleicht nicht anders zu handhaben, aber prinzipiell sollte immer die Suche nach dem eigentlichen Inhaber der Urheberrechte Vorrang haben. Der Umgang mit den Urheberrechte müsse von Sparte zu Sparte unterschiedlich geregelt werden. (Deutscher Bundestag: ra)


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