Gewerkschafts-Rolle in der digitalen Arbeitswelt


Arbeitszeitgesetz oder Arbeitsstättenverordnung orientieren sich immer noch zu stark an einem Bild von Arbeit, das aus dem vorigen Jahrhundert stammt
Acht von zehn Unternehmen sehen auch künftig eine Bedeutung für Gewerkschaften - Mehrheit wünscht Erweiterung der Sozialpartnerschaft um Vertreter von Freiberuflern und Selbständigen



Durch die Digitalisierung verändert sich nicht nur die Arbeitswelt, auch die Gewerkschaften stehen vor einschneidenden Veränderungen. Dabei gehen acht von zehn Unternehmen in Deutschland (82 Prozent) davon aus, dass Gewerkschaften vor dem Hintergrund der Digitalisierung auch künftig eine Rolle spielen werden. Immerhin jedes sechste Unternehmen (16 Prozent) erwartet umgekehrt, dass Gewerkschaften künftig keine Rolle mehr spielen werden.

Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom unter 504 Geschäftsführern und Personalverantwortlichen von Unternehmen ab 10 Mitarbeitern. Vor allem im Handel und in der Industrie (jeweils 19 Prozent) wird die Zukunft der Gewerkschaften skeptisch gesehen, bei Dienstleistern (10 Prozent) liegt der Anteil deutlich darunter.

"Digitalisierung verändert die Geschäftsmodelle der Unternehmen und die Art, wie Menschen arbeiten. Das hat auch Auswirkungen auf Organisationen, die die Interessen von Beschäftigten vertreten", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. "Neue Arbeitsformen wie Crowdworking aber auch hochspezialisierte Experten, die ihre Dienste freiberuflich auf Zeit zur Verfügung stellen, erfordern einen neuen Diskurs zwischen Beschäftigtenvertretern, Unternehmensvertretern und der Politik sowie die Beteiligung weiterer Gruppen."

Eine Mehrheit der Unternehmen (52 Prozent) ist der Meinung, dass im Zuge der Digitalisierung Regelungen über Arbeitsbedingungen künftig nicht mehr alleine von der Politik und den Tarifpartnern festgelegt bzw. ausgehandelt werden dürfen. Stattdessen sollten neben Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden auch Vertreter von Selbstständigen und neuen Arbeitsformen wie Crowdworking mit am Tisch sitzen.

Vor allem Dienstleistungsunternehmen (57 Prozent) und Industrie (52 Prozent) sehen Bedarf an einer breiteren Debatte zu Arbeitsbedingungen. "Arbeitszeitgesetz oder Arbeitsstättenverordnung orientieren sich immer noch zu stark an einem Bild von Arbeit, das aus dem vorigen Jahrhundert stammt. Wir müssen eine flexiblere Arbeitsgestaltung ermöglichen, die den Erfordernissen der digitalen Wirtschaft ebenso wie den Interessen vieler Beschäftigter entspricht", so Rohleder.

So geben 56 Prozent der Befragten an, die Arbeitsstättenverordnung, die etwa Vorgaben für Arbeit im Home Office macht, verhindere eine flexiblere Arbeitsorganisation in ihrem Unternehmen. Und jeder Dritte (33 Prozent) wünscht sich eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes, etwa durch Öffnungsklauseln. Rohleder: "Wer sich nachmittags um die Kinder kümmert und dafür lieber später am Abend zu Hause noch dienstliche Mails beantwortet und am nächsten Tag früh ins Büro will, darf nicht durch antiquierte Gesetze an seiner Selbstbestimmung gehindert werden."

Zur Methodik: Bitkom Research hat in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Aris im Auftrag des Bitkom 504 Geschäftsführer und Personalverantwortliche von Unternehmen ab 10 Mitarbeitern befragt. Die Befragung ist repräsentativ für die Gesamtwirtschaft. Die Fragestellung lautete "Nun lese ich Ihnen einige Aussagen zur Zukunft der Arbeit vor. Bitte geben Sie jeweils an, ob Sie diesen Aussagen voll und ganz zustimmen, eher zustimmen, eher nicht zustimmen oder überhaupt nicht zustimmen."

Die Aussagen lauteten "Vor dem Hintergrund der Digitalisierung spielen Gewerkschaften keine Rolle mehr" und "Fragen über Arbeitsbedingungen sollten in Zukunft nicht mehr alleine von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Politik ausgehandelt werden, sondern unter Beteiligung von Selbstständigen und Vertretern neuer Beschäftigungsformen wie Crowdworking". Zudem wurde gefragt: "Welche der folgenden Aussagen zur aktuell geltenden Arbeitsstättenverordnung und zum Arbeitszeitgesetz treffen auf Ihr Unternehmen zu?" mit den Antwortmöglichkeiten "Die Arbeitsstättenverordnung verhindert, dass wir Arbeit flexibler organisieren können" sowie "Eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes beispielsweise durch Öffnungsklauseln wäre wünschenswert."
(Bitkom: ra)

eingetragen: 04.05.16
Home & Newsletterlauf: 10.06.16

Bitkom: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Studien

  • Detaillierte Einblicke in die Gehaltsstrukturen

    APSCo (Association of Professional Staffing Companies) Deutschland veröffentlicht den ersten umfassenden Gehaltscheck für die Staffing-Branche und schafft damit eine wichtige Grundlage für mehr Gehaltstransparenz. Die Ergebnisse unterstützen Staffing-Unternehmen in ihrer Vorbereitung auf die bevorstehenden Anforderungen der EU-Richtlinie zur Gehaltstransparenz, die ab 2026 verpflichtend wird.

  • Gute Bedingungen für GenAI-Anwendungen

    Ein Großteil der weltweiten KI-Investitionen fließt in den Finanzsektor. 2023 wurden in der Branche 87 Milliarden US-Dollar in KI investiert - deutlich mehr als im Gesundheitswesen (76 Milliarden) oder in der Telekommunikations- und Medienbranche (75 Milliarden).

  • 9 Prozent der Unternehmen nutzen generative KI

    Die deutsche Wirtschaft nimmt bei Künstlicher Intelligenz Fahrt auf. Erstmals beschäftigt sich mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Unternehmen mit KI. Jedes fünfte Unternehmen (20 Prozent) nutzt bereits KI. Vor einem Jahr waren es erst 15 Prozent, 2022 nur 9 Prozent. Mehr als jedes Dritte (37 Prozent) plant oder diskutiert derzeit den KI-Einsatz, nach 28 Prozent 2023 und 25 Prozent 2022.

  • Studie zu Lieferkettengesetzen

    Für neun von zehn Unternehmen in Deutschland ist Personalmangel die größte Hürde bei der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG). Das zeigt eine neue Studie der EQS Group in Zusammenarbeit mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach. Während Unternehmen in ihrem eigenen Geschäftsbereich nur ein geringes Risiko für LkSG-Verstöße sehen, schätzen sie dieses bei ihren mittelbaren Lieferanten deutlich höher ein.

  • Unternehmen evaluieren Krisenmanagementpläne

    Das Business Continuity Institute (BCI) hat seinen aktuellen Crisis Management Report 2024 veröffentlicht. Untersucht wurde der globalen Status des Krisenmanagements im vergangenen Jahr. Der von F24 gesponserte Report stützt sich auf Umfragen und strukturierte Interviews mit leitenden Resilienz-Experten und ermöglicht dadurch detaillierte Einblicke in den aktuellen Stand des Krisenmanagements.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen