Pressefreiheit und staatliches Handeln


Abgeordnete und Journalisten beklagen Einschränkungen der Pressefreiheit weltweit
Bestimmung im ungarischen Mediengesetz, nach dem der Staat die audiovisuellen Medien zu einer "ausgewogenen Berichterstattung" verpflichtet und mit Geldstrafen im Fall der Nichtbeachtung droht, sei nicht akzeptabel


(14.07.11) - Die Abgeordneten des Kultur- und Medienausschusses aller Fraktionen sind sich einig, dass die Pressefreiheit und eine Medienvielfalt zu den unabdingbaren Grundvoraussetzungen für eine demokratisch verfassten Staat gehören. Doch in vielen Ländern der Erde ist die Pressefreiheit eben nicht garantiert oder zumindest stark eingeschränkt, werden Journalisten verfolgt und bedroht, verhaftet oder gar getötet. Dies wurde während einer öffentlichen Anhörung des Kultur- und Medienausschusses deutlich.

Gerda Meurer, Direktorin der Deutschen Welle Akademie, Michael Redikse, Vorstandmitglied von Reporter ohne Grenzen und Andreas Weiss, Koordinator für den Bereich internationale Berichterstattung bei der ARD zeichneten als geladene Sachverständige ein mitunter düsteres Bild vom Zustand der Pressefreiheit weltweit. Sie warben bei den Abgeordneten um Unterstützung im Kampf für die Pressefreiheit und um Hilfe für bedrohte Journalisten.

Die Verwirklichung der Pressefreiheit, argumentierte Gerda Meurer, benötige auch staatliches Handeln: "Medien können Sprachrohr von Despoten oder der Sprachlosen sein." Alle drei Medienvertreter berichteten einhellig darüber, dass Länder wie Vietnam, Kuba, Nordkorea und Myanmar für ausländische Journalisten "schwarze Flecken auf der Landkarte" seien. Eine freie Berichterstattung aus diesen Ländern sei kaum noch zu gewährleisten. Journalisten bekämen in diesen Ländern stets staatliche Begleiter zur Seite gestellt. Dies führe sehr oft dazu, dass Interviewpartner eingeschüchtert würden oder den Interviewtermin ganz absagten. Andreas Weiss führte das Beispiel China an. Dort seien Arbeitsbedingungen für Journalisten – auch für die ausländischen – nach Beendigung der Olympischen Spiele in Peking wieder massiv eingeschränkt worden. Michael Rediske forderte "unbürokratische Fluchthilfe" westlicher Staaten für verfolgte Journalisten in Ländern wie dem Iran. Die europäischen Staaten müssten ein “sicherer Hafen für bedrohte Journalisten" sein.

Gerda Meurer erläuterte am Beispiel der Deutsche Welle Akademie, wie man durch die Ausbildung von Journalisten in Ländern, in denen keine Pressefreiheit bestehe, trotzdem Einfluss nehmen könne. Die Akademie habe sich bewusst für diesen Weg entschieden. Deshalb arbeite man beispielsweise mit dem staatlichen Fernsehen in Turkmenistan zusammen. Im Rahmen solcher Kooperationen könne den dortigen Journalisten zumindest eine andere Sichtweise vermittelt werden, die langfristig zu einem Umdenkprozess führen könne. Auch Weiss sprach sich dafür aus, behutsam auf andere Länder einzuwirken. Dies zeige auch das Beispiel von Tunesien und Ägypten. Nach dem Sturz der Diktaturen habe man den dortigen staatlichen Sendern Hilfe angeboten. Dies müsse aber ohne Bevormundung geschehen.

Kritisch wurde von Meuer, Rediske und Weiss auch die Situation in den EU-Staaten Ungarn, Italien und Frankreich bewertet. Ungarns Mediengesetz sei auch nach der Überarbeitung auf Druck der EU-Kommission immer noch "katastrophal". Weiss fügte hinzu, dass die staatliche Einflussnahme auf öffentlich-rechtliche Sendeanstalten in Frankreich und Italien inzwischen sehr massiv sei. Gerda Meurer schränkte mit Blick auf einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Beschränkungen der Pressefreiheit und Medienvielfalt in den EU-Staaten (17/6126) bemängelt, ein, dass dies im Vergleich zu vielen Staaten außerhalb Europas eine "Klage auf hohem Niveau" sei.

Für Unverständnis auch in den Reihen seiner eigenen Fraktion sorgte die Einlassung des CDU-Abgeordneten Johannes Selle, ihm sei kein konkreter Fall aus Ungarn bekannt, in dem es zu Beschränkungen der Pressefreiheit gekommen sei. Dieser Einschätzung widersprachen Rediske und Weiss dezidiert. Rediske stellte klar, dass die Bestimmung im ungarischen Mediengesetz, nach dem der Staat die audiovisuellen Medien zu einer "ausgewogenen Berichterstattung" verpflichtet und mit Geldstrafen im Fall der Nichtbeachtung droht, nicht akzeptabel sei. ARD-Mann Weiss wurde noch deutlicher: In Ungarn "herrscht ein Klima der Einschüchterung", betonte er. Dies werde von den Korrespondenten der ARD immer wieder berichtet.

Dem pflichtete auch die Ausschussvorsitzende Monika Grütters (CDU) bei. Die Situation in Ungarn gebe allen Grund zur Sorge. Ihr lägen Briefe von Künstlern aus Ungarn vor, die sich nicht mehr auf die Straße trauten. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Lobbygesellschaft für Digitale Transformation

    Die Bundesregierung gestaltet nach eigener Darstellung die digitale Transformation im Sinne der Bürger durch digitalpolitische Initiativen aktiv mit. Dazu würden bestehende Verfahren kontinuierlich modernisiert und implementiert im Hinblick auf aktuelle technische Entwicklungen, heißt es in der Antwort (20/13814) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/13448) der AfD-Fraktion.

  • AfD fordert Stopp der Wärmewende

    Die AfD-Fraktion will durch einen Stopp der Wärmewende Wohnen wieder bezahlbar machen. In einem Antrag (20/13764) wird insbesondere eine Absenkung der Energiestandards bei Neubauten verlangt.

  • AfD-Fraktion hält EU-Richtlinie für "rechtswidrig"

    Für die AfD-Fraktion greift eine EU-Richtlinie "rechtswidrig in die Grundrechte der Bürger ein". Das schreibt sie in einem Antrag (20/13799), in dem sie darauf abzielt, dass das EU-Parlament und der Rat der EU am 24. April 2024 die Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten beschlossen hätten.

  • Umsetzung der "eIDAS 2.0"-Verordnung

    Um die Umsetzung der "eIDAS 2.0"-Verordnung geht es in einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/13735). Wie die Fraktion darin ausführt, wird mit eIDAS 2.0 "eine persönliche europäische digitale Brieftasche, die EUDI-Wallet" geschaffen.

  • Neufassung der Energieauditpflicht

    Der Ausschuss für Klimaschutz und Energie im Rahmen einer Sachverständigen-Anhörung mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur Änderung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Effizienzmaßnahmen, zur Änderung des Energieeffizienzgesetzes und zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes (20/11852) befasst. Im Fokus stand dabei vor allem die Neufassung der Energieauditpflicht.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen