Arbeitszimmer wird steuerlich wieder anerkannt


Künftig können bis zu 1.250 Euro geltend gemacht werden, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht
Erstattungszinsen, die das Finanzamt an Steuerpflichtige etwa wegen verspäteter Einkommensteuererstattungen zahlt, sind steuerpflichtig


(02.11.10) - Der Finanzausschuss hat dem von der Deutschen Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Jahressteuergesetzes (17/2249, 17/2823) mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen zugestimmt. Die Oppositionsfraktionen von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen lehnten den Entwurf, der insgesamt rund 180 Veränderungen an Steuergesetzen vorsieht, ab.

Auf Antrag der Koalitionsfraktionen wurden insgesamt 36 Änderungen an dem Gesetzentwurf vorgenommen. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird das steuerliche Abzugsverbot für die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers aufgehoben. Künftig können bis zu 1.250 Euro geltend gemacht werden, "wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht", heißt es im Text des Gesetzentwurfs.

Bei noch offenen Steuerfällen, in denen kein Steuer- oder Feststellungsbescheid ergangen ist, gilt die Regelung rückwirkend ab 2007. Die Kosten der rückwirkenden Beseitigung des verfassungswidrigen Zustandes werden mit 800 Millionen Euro angegeben; die Steuermindereinnahmen durch die Neuregelung sollen sich auf 250 Millionen Euro pro Jahr belaufen.

Ebenfalls neu in den Entwurf eingefügt wurde eine Regelung, wonach Empfänger von Arbeitslosengeld II Riester-Förderung erhalten können. Die Förderung wäre ohne Gesetzesänderung ausgelaufen, weil Empfänger von Arbeitslosengeld II nicht mehr in der Rentenversicherung pflichtversichert sind und diese Pflichtversicherung Voraussetzung für die Riester-Förderung ist. Die Oppositionsfraktionen, die die Aufhebung der Rentenversicherungspflicht strikt abgelehnt hatten, warfen der Koalition Zynismus vor.

Erstattungszinsen, die das Finanzamt an Steuerpflichtige etwa wegen verspäteter Einkommensteuererstattungen zahlt, sind steuerpflichtig. Diese "Klarstellung" fügte die Koalitionsmehrheit in den Entwurf ein.

Allerdings können Nachzahlungszinsen, die Steuerpflichtige an das Finanzamt zahlen müssen, weiterhin nicht steuerlich geltend gemacht werden. Im Entwurf wird dies als "bewusste gesetzgeberische Entscheidung, die konsequent daran anknüpft, dass private Schuldzinsen nicht abzugsfähig, Guthabenzinsen aber steuerpflichtig sind", bezeichnet.

Nach Angaben eines Regierungsvertreters im Ausschuss zahlen die Finanzämter jährlich 2 Milliarden Euro Erstattungszinsen. Ohne die gesetzliche Klarstellung hätte es möglicherweise zu Steuermindereinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe kommen können.

Mehrere Oppositionsanträge zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften im Steuerrecht wurden von den Koalitionsfraktionen abgelehnt. Allerdings stimmten schließlich alle Fraktionen für einen Antrag der Koalition, eingetragene Lebenspartnerschaften beim Erbschaftsteuerrecht rückwirkend zum 1. August 2001 mit Ehen gleichzustellen. Diese Regelung hatte das Bundesverfassungsgericht angemahnt.

Die SPD-Fraktion erklärte zum Jahressteuergesetz, die Verwaltung habe die Chance zu Korrekturen genutzt, die Koalition nicht. So hätte es Veränderungen bei der Mehrwertsteuer geben müssen, etwa eine Zurücknahme des ermäßigten Satzes für Hotelübernachtungen. Außerdem kritisierte die SPD-Fraktion, dass es keine Änderungen bei der strafbefreienden Selbstanzeige gebe. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vermisste eine Neuregelung bei der Selbstanzeige.

Dem widersprach die FDP-Fraktion: Es gebe viele Steuerpflichtige, die von dem Instrument der Selbstanzeige Gebrauch machen würden, weil sie Fehler in komplizierten Steuererklärungen entdeckt hätten.

Allerdings zeigte sich die FDP-Fraktion für Veränderungen offen und kündigte einen "großen Wurf" in der Gesetzgebung gegen Steuerhinterziehung an. Zum Jahressteuergesetz insgesamt erklärte die Fraktion, es trage deutlich die "Handschrift der bürgerlichen Koalition".

Die Linksfraktion erklärte, die Chance auf Steuervereinfachung etwa durch Abschaffung der Abgeltungssteuer sei verpasst worden. Dass die Koalition die Gleichstellung eingetragener Partnerschaften im Einkommensteuerrecht ablehne, sei ein "Trauerspiel".

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verwies auf die bereits ergangenen Urteile zu eigetragenen Lebenspartnerschaften. Weitere Urteile würden bestätigen, dass die Verweigerung der Gleichstellung im Einkommensteuerrecht nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei.

Ein Gesetzentwurf der Linksfraktion, der die Abschaffung des steuerlichen Progressionsvorbehalts beim Kurzarbeitergeld (17/255) zum Ziel hatte, wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt. (Deutscher Bundestag: ra)


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