Das Arbeitsrechtssystem der Kirchen


Diskussion über den "Dritten Weg" der Kirchen im Arbeitsrecht
Ein dem Tarifvertragssystem gleichwertiges Verfahren, dass dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen gerecht wird


(12.04.12) - Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales ist der sogenannte Dritte Weg der Kirchen im Arbeitsrecht von der Mehrheit der Sachverständigen als angemessen bezeichnet worden, dennoch gab es Kritik. Der Dritte Weg bezeichnet das Arbeitsrechtssystem der Kirchen, bei dem paritätisch besetzte Kommissionen aus Arbeitnehmern und Dienstgebern die Arbeitsbedingungen wie Gehalt, Urlaub und Arbeitszeit festlegen. Grundlage für die Anhörung war ein Antrag der Fraktion Die Linke (17/5523), in dem die Abgeordneten den Dritten Weg kritisieren. Er biete ein "wesentlich geringeres Schutzniveau für die Beschäftigten als in 'normalen' Privatunternehmen".

Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche Deutschland (EDK) bei der Bundesrepublik und der EU, Reinhard Haas, und Norbert Kleyboldt vom Kommissariat der Deutschen Bischöfe befürworteten den Dritten Weg. Er sei ein dem Tarifvertragssystem gleichwertiges Verfahren, dass dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen gerecht werde.

Auch Gregor Thüsing, Professor für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherung, bewertete den Dritten Weg als "stimmig und systematisch richtig". Zudem sei er flächendeckender als die tariflichen Möglichkeiten. Artikel 9 des Grundgesetzes, in dem das Recht zur Bildung von Vereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen festgeschrieben ist, werde durch den Dritten Weg nicht eingeschränkt, betonte der Arbeitsrechtler Professor Jacob Joussen. Vielmehr stelle er eine Möglichkeit dar, diesen Punkt auszugestalten.

Sollte der Dritte Weg wegfallen, hätte das für die Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen negative Konsequenzen, gab der Einzelsachverständige Thomas Schwendele zu bedenken. Auf die Schnelle ließen sich keine tarifrechtlichen Bedingungen auf die Beine stellen, vor allem nicht in kleinen und mittleren Betrieben. Dennoch sei der Dritte Weg nicht ohne Schwierigkeiten. So hätten aufgrund des politisch verordneten Wettbewerbs in der Sozialbranche auch kirchliche Träger wie die Caritas begonnen, Teile ihrer Betriebe auszugründen, um etwa neu Eingestellte nicht mehr nach den Arbeitsvertragsrichtlinien bezahlen zu müssen.

Deutliche Kritik kam von dem Sozialwissenschaftler Hermann Lührs. Sollte der Dritte Weg beibehalten werden, würde sich die "Abwärtsspirale zunehmend weiterdrehen", warnte er. Der Lohnkonflikt nehme zunehmend Einzug in das Kommissionensystem und könne dort nicht ausbalanciert werden. Die Folge seien Funktionsstörungen, Bruchtendenzen und De-Legitimation der Arbeitsrechtlichen Kommissionen.

Auch der Einzelsachverständige Wolfgang Lindenmaier wies auf strukturelle Benachteiligungen in den Kommissionen hin. Die Mitarbeiterseite werde benachteiligt, betonte er. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Lobbygesellschaft für Digitale Transformation

    Die Bundesregierung gestaltet nach eigener Darstellung die digitale Transformation im Sinne der Bürger durch digitalpolitische Initiativen aktiv mit. Dazu würden bestehende Verfahren kontinuierlich modernisiert und implementiert im Hinblick auf aktuelle technische Entwicklungen, heißt es in der Antwort (20/13814) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/13448) der AfD-Fraktion.

  • AfD fordert Stopp der Wärmewende

    Die AfD-Fraktion will durch einen Stopp der Wärmewende Wohnen wieder bezahlbar machen. In einem Antrag (20/13764) wird insbesondere eine Absenkung der Energiestandards bei Neubauten verlangt.

  • AfD-Fraktion hält EU-Richtlinie für "rechtswidrig"

    Für die AfD-Fraktion greift eine EU-Richtlinie "rechtswidrig in die Grundrechte der Bürger ein". Das schreibt sie in einem Antrag (20/13799), in dem sie darauf abzielt, dass das EU-Parlament und der Rat der EU am 24. April 2024 die Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten beschlossen hätten.

  • Umsetzung der "eIDAS 2.0"-Verordnung

    Um die Umsetzung der "eIDAS 2.0"-Verordnung geht es in einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/13735). Wie die Fraktion darin ausführt, wird mit eIDAS 2.0 "eine persönliche europäische digitale Brieftasche, die EUDI-Wallet" geschaffen.

  • Neufassung der Energieauditpflicht

    Der Ausschuss für Klimaschutz und Energie im Rahmen einer Sachverständigen-Anhörung mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur Änderung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Effizienzmaßnahmen, zur Änderung des Energieeffizienzgesetzes und zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes (20/11852) befasst. Im Fokus stand dabei vor allem die Neufassung der Energieauditpflicht.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen