Wichtig: Kontrolle von Inkassofirmen


Missbräuchliche Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen: Inkassofirmen sollen effizienter beaufsichtigt werden
Regelstreitwert bei Urheberrechtsverletzungen auf 1.000 Euro begrenzen


(21.06.13) - Die Kontrolle von Inkassofirmen müsse intensiviert werden, um windige Betriebe und unseriöse Geschäftspraktiken besser in den Griff zu bekommen und so überzogenen Kostenbelastungen von Bürgern entgegenzuwirken, bei denen Schulden eingetrieben werden. Diese Forderung erhoben übereinstimmend Vertreter der Wirtschaft und der Verbraucherverbände bei einer Anhörung des Rechtsausschusses.

Bislang funktioniere eine solche Aufsicht nur ungenügend, kritisierte Kirsten Pedd vom Bundesverband der Inkasso-Unternehmen, "schwarze Schafe" in der Branche gefährdeten auch seriöse Firmen. Boris Wita von der schleswig-holsteinischen Verbraucherzentrale monierte, dass eine Kontrolle dieses Sektors bislang "eigentlich gar nicht stattfindet", nur sehr selten werde einem Inkassobetrieb die Lizenz entzogen. Wita plädierte für eine bundesweite zentrale Aufsichtsbehörde, die auch spürbare Sanktionen verhängen können müsse.

Das Hearing, zu dem 15 Sachverständige geladen waren, befasste sich neben überzogenen Inkassogebühren auch mit dem fragwürdigen Abschluss von Kaufverträgen bei Werbeanrufen und mit missbräuchlichen Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen. Der Anhörung lagen Gesetzentwürfe der Regierung (17/13057) und des Bundesrats (17/6482) sowie jeweils zwei Anträge der Linksfraktion (17/9746 und 17/6483) und der Grünen (17/12620 und 17/11837) zugrunde.

Zum Inkasso meinte Birgit Höltgen von der nordrhein-westfälischen Verbraucherzentrale, es gehe nicht nur um einzelne "schwarze Schafe" unter solchen Firmen. Das Hauptproblem seien vielmehr die überzogenen Gebühren, die eine Hauptforderung enorm aufblähen könnten. Auch wenn es nur um kleine Summen gehe, die eingetrieben werden sollen, könnten die geltend gemachten Kosten für Mahnbriefe und anderes schnell auf 100 Euro steigen.

Die Frage der Gebühren sei bislang nur unzureichend geregelt. Frank-Michael Goebel vom Oberlandesgericht Koblenz betonte, bei der Geltendmachung von Zusatzkosten beim Inkasso sei mehr Transparenz nötig. Dieses Anliegen unterstützte auch Kirsten Pedd, sprach jedoch von einem "bewährten Kostenkonzept". Eine Verschärfung der Gebührenregelungen treffe im Übrigen letztlich nicht die Inkassounternehmen, sondern deren Auftraggeber, die gegenüber Schuldnern Forderungen geltend machen.

Umstritten war die Absicht von Regierung und Länderkammer, die Übervorteilung von Verbrauchern beim Abschluss von Kaufverträgen am Telefon mit der Vorschrift einzudämmen, dass solche Verträge nachträglich noch einmal schriftlich bestätigt werden müssen. Für Rechtsprofessor Markus Artz von der Uni Bielefeld ist dies ein "guter Vorschlag", da seriöse Unternehmen erst gar nicht versuchten, Bürgern auf unlautere Weise am Telefon Kaufverträge aufzudrängen.

Auch Lina Ehrig vom Bundesverband der Verbraucherzentralen hielt eine zusätzliche Bestätigung von telefonisch vereinbarten Verträgen für nötig. Bernd Nauen vom Zentralverband der Werbewirtschaft und Ralf Prehn vom Bundesverband Informationswirtschaft und Telekommunikation hingegen widersprachen mit dem Argument, die Interessen von Konsumenten seien bereits durch das allgemeine Widerspruchsrecht bei Kaufverträgen "gut geschützt" (Nauen). Prehn wies darauf hin, dass unlautere Telefonanrufe ohnehin "massiv zurückgegangen sind".

Umstritten war auch die Problematik überzogener Abmahngebühren, der die Regierung entgegentreten will, indem sie u. a. den Regelstreitwert bei Urheberrechtsverletzungen auf 1.000 Euro begrenzen will, wobei es allerdings Ausnahmen geben soll.

Sebastian Bergau von der Constantin Film sagte, man habe durch Abmahnungen Downloads von Filmen und Musik erfolgreich einschränken können. Der Gesetzentwurf der Regierung stelle diese Entwicklung in Frage. Als "unflexibel" und "ungerecht" kritisierte Jan Bernd Nordemann die Festsetzung des Regelstreitwerts auf 1.000 Euro. Die große Bandbreite der Verstöße gegen das Urheberrecht werde dabei nicht berücksichtigt. Es sei ein Unterschied, so der Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, ob ein einzelnes Foto oder ein erfolgreicher Kinofilm gratis zugänglich gemacht werde. Der Sachverständige verteidigte das bisherige System der Abmahnungen, das sich "zur außergerichtlichen Streitbeilegung bewährt hat".

Begrüßt wurde die Beschränkung des Regelstreitwerts von Lina Ehrig. Sie forderte indes, die Möglichkeit von Ausnahmen zu streichen, da deren Kriterien nicht präzise definiert seien. Nach Ehrigs Schätzung würden 98 Prozent jener Fälle von Film- und Musikdownloads, bei denen um Urheberrechtsverletzungen gestritten werde, unter die Ausnahmeregelung fallen. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Lobbygesellschaft für Digitale Transformation

    Die Bundesregierung gestaltet nach eigener Darstellung die digitale Transformation im Sinne der Bürger durch digitalpolitische Initiativen aktiv mit. Dazu würden bestehende Verfahren kontinuierlich modernisiert und implementiert im Hinblick auf aktuelle technische Entwicklungen, heißt es in der Antwort (20/13814) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/13448) der AfD-Fraktion.

  • AfD fordert Stopp der Wärmewende

    Die AfD-Fraktion will durch einen Stopp der Wärmewende Wohnen wieder bezahlbar machen. In einem Antrag (20/13764) wird insbesondere eine Absenkung der Energiestandards bei Neubauten verlangt.

  • AfD-Fraktion hält EU-Richtlinie für "rechtswidrig"

    Für die AfD-Fraktion greift eine EU-Richtlinie "rechtswidrig in die Grundrechte der Bürger ein". Das schreibt sie in einem Antrag (20/13799), in dem sie darauf abzielt, dass das EU-Parlament und der Rat der EU am 24. April 2024 die Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten beschlossen hätten.

  • Umsetzung der "eIDAS 2.0"-Verordnung

    Um die Umsetzung der "eIDAS 2.0"-Verordnung geht es in einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/13735). Wie die Fraktion darin ausführt, wird mit eIDAS 2.0 "eine persönliche europäische digitale Brieftasche, die EUDI-Wallet" geschaffen.

  • Neufassung der Energieauditpflicht

    Der Ausschuss für Klimaschutz und Energie im Rahmen einer Sachverständigen-Anhörung mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur Änderung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Effizienzmaßnahmen, zur Änderung des Energieeffizienzgesetzes und zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes (20/11852) befasst. Im Fokus stand dabei vor allem die Neufassung der Energieauditpflicht.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen