Experten fordern Nachbesserungen im Stiftungsrecht


Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts
In den Regelungen müsse verankert werden, die den Stiftungen helfen, unbeschadet durch die Niedrigzinsphase zu kommen



Für umfassende Nachbesserungen an einem ansonsten begrüßenswerten Reformvorhaben sprachen sich die Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts (19/28173) aus. Der Vorlage zufolge beruht das Stiftungszivilrecht, das die Entstehung und die Verfassung der rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts bestimmt, derzeit auf Bundesrecht und Landesrecht. Dieses Nebeneinander führe immer wieder zu Streitfragen und Rechtsunsicherheit bei Stiftern und Stiftungen.

Marie-Alix Freifrau Ebner von Eschenbach und Stephan Schauhoff vom Bundesverband Deutscher Stiftungen stellten die Stellungnahme ihres Verbandes zu dem Gesetz vor. Begrüßt wird, dass noch in dieser Legislaturperiode ein bundeseinheitliches Stiftungsrecht und die Einführung eines Stiftungsregisters beschlossen werden soll. Allerdings seien einzelne Gesetzesformulierungen problematisch und missverständlich. Zudem sei der Entwurf stellenweise geprägt von der Sichtweise der Aufsichtsbehörden und lasse dem individuellen Stifterwillen zu wenig Raum. Es bestehe daher Bedarf für wesentliche Nachbesserungen und Klarstellungen. Unter anderem müssten Regelungen verankert werden, die den Stiftungen helfen, unbeschadet durch die Niedrigzinsphase zu kommen.

Die Ziele der Stiftungsreform unterstützte auch Stefan Stolte vom Stifterverband. Befürwortet werde vor allem eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Stiftungen in der Niedrigzinsphase, eine erleichterte Umwandlung in Verbrauchsstiftungen und ganz besonders das Stiftungsregister. Der Entwurf wolle den Stiftungen eine Reihe von Verbesserungen bieten, aber die Umsetzung sei teilweise unzureichend und bedürfe der Nachbesserung, sagte Stolte. Viele Stiftungen litten in der Niedrigzinsphase unter einem Rückgang der ordentlichen Erträge, und es sei erklärtes Ziel der Stiftungsrechtsreform, diesen zu helfen. Die finanziellen Möglichkeiten der Stiftung würden aber mit dem Entwurf eingeengt.

Rainer Hüttemann von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn erklärte, der Entwurf greife Forderungen der Stiftungsrechtsdebatte der letzten zehn Jahre auf und setze diese um. Er enthalte zahlreiche neue Vorschriften, klammere aber praktisch wichtige Themen wie die Verzahnung von Stiftungs- und Vereinsrecht aus. Seit langem bekannte Lücken des geltenden Rechts, die es etwa erlauben, mit der Rechtsform der Stiftung die unternehmerische Mitbestimmung zu vermeiden, würden nicht geschlossen. Dennoch könne die Reform ein Fortschritt sein, wenn Mängel bei der Behandlung von Umschichtungsgewinnen, der Übergangsregelung und im Stiftungsregister im Wesentlichen beseitigt würden.

Verbesserungsvorschläge machte auch Stefan Nährlich von der Stiftung Aktive Bürgerschaft, die seit 20 Jahren die Entwicklung der heute mehr als 400 Bürgerstiftungen in Deutschland fördert. So sollten Stiftungsgremien keine Steine in den Weg gelegt werden, wenn diese entscheiden, dass ihre Stiftung einer anderen zugelegt werden soll. Zudem dürfe die für Bürgerstiftungen charakteristische Zweckvielfalt nicht eingeschränkt und von der Höhe des Stiftungskapitals abhängig gemacht werden. Eine große Zahl kleinerer Stiftungen gilt Nährlich zufolge als "notleidend", da sie infolge der Niedrigzinsphase kaum noch in der Lage seien, ihre Stiftungszwecke zu erfüllen.

Birgit Weitemeyer von der Hamburger Bucerius Law School erklärte, der Ausgangspunkt des Regierungsentwurfs, das Stiftungszivilrecht abschließend bundesrechtlich zu regeln, werde zu Recht einhellig positiv bewertet. Kritikwürdig sei aber die Umsetzung. Eine erhebliche Einschränkung der Stifterfreiheit widerspreche dem sonst im Zivilrecht, im Vereins-, im Personengesellschaftsrecht und im Recht der GmbH verwirklichten Grundsatz der Privatautonomie. Das mit dem Entwurf verfolgte Ziel, das Stiftungsrecht übersichtlicher und verständlicher zu regeln, werde nicht erreicht. Sollte das Gesetzgebungsverfahren fortgeführt werden, seien eine Reihe von Regelungen zu ändern, damit das Stiftungswesen in Deutschland nicht ernsthaft beschädigt werde.

Der Stiftungsrechtsexperte Angelo Winkler hält eine Reform für überfällig. Die vielen Stiftungen und potentiellen Stifter sollten nicht länger im Unklaren gelassen werden, wie es mit dem Stiftungsrecht weitergeht. Deshalb empfehle er, den Entwurf - gegebenenfalls mit Änderungen - noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Das aktuelle Regelungsgefüge aus Vorschriften des Bundes- und Landesrechts sei äußerst mangelhaft und dringend reformbedürftig. Die geltenden Rechtsvorschriften seien für Personen ohne fachliche Vorkenntnisse kaum verständlich. Defizitär seien auch die Vorschriften für notleidende Stiftungen, bei denen eine Zulegung, eine Zusammenlegung oder auch eine Auflösung in Frage käme.

Der Münsteraner Rechtsanwalt Bernd Andrick, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht a. D., geht davon aus, dass das geplante Gesetz ein weiterer Meilenstein zugunsten der Stiftungen sein wird. Sie würden mehr Rechtssicherheit erhalten und ihre Transparenz werde gefördert. Das Gesetz werde einen wesentlichen Beitrag zugunsten der Stiftungen durch die Optimierung der rechtlichen Rahmenbedingungen leisten und damit ihre ohnehin schon vorhandene hohe Wertschätzung in der Gesellschaft fördern. Es sei daher zu begrüßen.

Der Entwurf sieht vor, dass das Stiftungszivilrecht durch eine Neufassung der einschlägigen Paragrafen künftig abschließend im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt werden soll. Dabei sollen neue Regelungen insbesondere zum Namen, Sitz und Vermögen der Stiftung sowie zur Änderung der Stiftungssatzung und zur Zulegung und Zusammenlegung von Stiftungen geschaffen und zahlreiche schon bestehende Vorschriften geändert werden. Zusätzlich soll zur Schaffung von mehr Transparenz ein zentrales Stiftungsregister mit Publizitätswirkung eingeführt werden, das vom Bundesamt der Justiz geführt werden soll. Dadurch werde für Stifter und Stiftungen das Stiftungsrecht übersichtlicher und verständlicher geregelt, heißt es in dem Entwurf.

eingetragen: 28.06.21
Newsletterlauf: 15.09.21


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