Umsetzung eines BGH-Urteils zu Bankgebühren


Folgen des BGH-Urteils zur Unwirksamkeit von Klauseln mit Zustimmungsfiktion in Banken-AGB
Die Bundesregierung weist nun darauf hin, dass das Gericht die Begründung dieser Entscheidung erst Anfang Juni veröffentlicht habe. In den Juni-Abrechnungen hätten die meisten Banken dann ihre Kunden darauf hingewiesen




Die deutschen Banken haben nach Kenntnis der Bundesregierung ihre Kunden zeitnah über ein höchstrichterliches Urteil zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterrichtet, die Umsetzung sei aber noch im Gange. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/32356) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/31946) hervor. Den Abgeordneten zufolge hatten deutsche Banken allgemein eine Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach bei Gebührenerhöhungen die Zustimmung der Kunden als erteilt gilt, sofern diese nicht ausdrücklich widersprechen. Solche Klauseln habe der Bundesgerichtshof am 27. April 2021 für unwirksam erklärt.

Die Bundesregierung weist nun darauf hin, dass das Gericht die Begründung dieser Entscheidung erst Anfang Juni veröffentlicht habe. In den Juni-Abrechnungen hätten die meisten Banken dann ihre Kunden darauf hingewiesen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) stehe in dieser Sache im Austausch sowohl mit der Kreditwirtschaft als auch mit Verbraucherschutzorganisationen, um die Umsetzung des Urteils zu überwachen. Im Fall einer Nicht-Umsetzung könne die Bafin aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen. Die Bundesregierung werde "die Entwicklungen der Vertragspraxis beobachten und im Lichte dessen prüfen, ob und inwieweit gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht", schreibt sie in ihrer Antwort.

Vorbemerkung der Fragesteller
Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass Bank- oder Sparkassengebühren besonders im Jahr 2020 kräftig angestiegen sind. Für das private Girokonto zahlten Verbraucherinnen und Verbraucher im Oktober 2020 rund 6,4 Prozent mehr also noch im Oktober 2019. Zwischen 2015 und 2020 stiegen die Gebühren sogar um insgesamt 25 Prozent (vgl. Handelsblatt vom 24. November 2020).

Bei Anhebung oder Einführung von Gebühren bedienten sich Banken und Sparkassen bisher der sogenannten Zustimmungsfiktion. Kundinnen und Kunden mussten nach dieser Klausel nicht explizit nach ihrem Einverständnis zu den Änderungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gefragt werden; ihre Zustimmung galt als erteilt, wenn sie nicht aktiv widersprachen. Entsprechende Klauseln in den AGB erklärte der BGH am 27. April 2021 (Az.: XI ZR 26/20) im Verfahren des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen die Postbank jedoch für unwirksam, weil sie Kunden unangemessen benachteiligten.

Der BGH urteilte, "dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank unwirksam sind, die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen fingieren" (ebd.). Demnach sei eine Änderung der AGB nur rechtens, wenn die Bank die ausdrückliche Zustimmung der Kundinnen und Kunden zu den neuen AGB-Konditionen einhole. Daraus folgt, dass Banken nun angehalten sind, rechtssichere Klauseln neu zu formulieren, sowie durch die unwirksamen Klauseln unzulässig entstandene Einnahmen an die Kundinnen und Kunden zurückzuzahlen. Ob hier eine dreijährige oder längere Verjährungsfrist für Rückzahlungen gilt, muss noch geklärt werden.

Für die Banken und Sparkassen könnte nach Aussage des BaFin-Exekutivdirektors Raimund Röseler das Urteil richtig teuer werden. Nach erster Einschätzung könnten bei einzelnen, durch das Urteil besonders hart getroffenen Instituten, bis zur Hälfte des Jahresüberschusses betroffen sein. Der auf die Kreditinstitute zukommende administrative Aufwand besteht darin, dass diese nun "geeignete Verfahren entwickeln müssen, um im Fall eines Änderungsverlangens die Zustimmung der Kunden zu erhalten und damit eine wirksame Vertragsänderung durchführen zu können" (vgl. ebd. Frage 2).

Verbraucherpolitisch problematisch ist nach Ansicht der fragestellenden Fraktion, dass Kundinnen und Kunden eigeninitiativ die Rückzahlungen der unrechtmäßig erhobenen Gebühren bei den Geldinstituten einfordern müssen – immerhin hatten laut einer Umfrage des Vergleichsportals Verivox vom Juni 2021 mehr als ein Drittel der Kundinnen und Kunden noch keine Kenntnis von dem BGH-Urteil und den daraus gegebenenfalls für sie entstehenden Ansprüchen. Zudem liegen den Fragestellern einzelne Berichte von Bankkunden vor, wonach sich Banken bei den Rückzahlungen von Gebühren wenig kooperativ zeigten und vereinzelt versucht wird, AGB-Änderungen unter Androhung einer Kontokündigung durchzusetzen (vgl. FAZ vom 6. Juli 2021).

Laut BaFin-Exekutivdirektor Dr. Thorsten Pötzsch werde zurzeit geprüft, ob das Instrument der Allgemeinverfügung, welches erst kürzlich im Fall der unwirksamen Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen die Kreditinstitute in die Pflicht nahm, auch hier geeignet sei, um Kreditinstitute zu verpflichten, auf die Kundinnen und Kunden zuzugehen und von sich aus unrechtmäßig erhobene Gebühren zurückzuerstatten. Besonders da nach Aussage der Bundesregierung "ein Großteil der inländischen Institute und der Bankkundinnen und Bankkunden von dem Urteil betroffen ist", weil es sich "um branchenweit verwendete Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen" handelte (vgl. Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 1 und 2 auf Bundestagsdrucksache 19/31426), und es damit um den Schutz kollektiver Verbraucherinteressen geht, zu dem die BaFin sich verpflichtet (§ 4 Absatz 1a des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes – FinDAG), stellt sich die Frage nach dem Handeln der Finanzaufsicht (u. a. mit dem Instrument der Allgemeinverfügung) nach Ansicht der Fragesteller umso mehr.
(Deutsche Bundesregierung: ra)

eingetragen: 12.10.21
Newsletterlauf: 11.01.22


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