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Dokumentationspflichten im Unternehmen


Das verlangt die Verrechnungspreisdokumentation: Steuerpflichtige unterliegen in den meisten OECD-Ländern speziellen gesetzlichen Dokumentationspflichten
Steuerrecht: Die gesetzlichen Vorschriften zur Dokumentation werden von Sanktionsmechanismen für keine, eine verspätete oder eine unverwertbare Vorlage der Dokumentation flankiert


Von: Krzysztof Paschke, Dr. Markus Brem und Thomas Tucha*

(09.08.07) - Spektakuläre Unternehmenskrisen u.a. in den Vereinigten Staaten und in Europa im letzten Jahrzehnt haben sowohl die nationale als auch die internationale Diskussion über der Grundsätze einer Corporate Governance intensiviert. Der Energiekonzern Enron gehörte zu den zehn größten Konzernen der USA. Enron beschäftigte weltweit ca. 85.000 Mitarbeiter und verursachte aufgrund fortgesetzter Bilanzfälschung einen der größten Unternehmensskandale, den die US-Wirtschaft bislang erlebte. Den im Rahmen der bisher erfolgten Vergleiche erzielten Entschädigungen in Höhe von 500 Mio. Dollar steht ein durch die Insolvenz vernichteter Börsenwert von 60 Mrd. Dollar gegenüber. Fast täglich gelangen Nachrichten über Korruption und Unregelmäßigkeiten in Konzernen wie Siemens, VW und anderen an die Öffentlichkeit. Die genannten und hier nicht genannten Beispiele des Fehlverhaltens der Unternehmensführung verdeutlichen die Notwendigkeit der Optimierung der Gesetzeslage zur Unternehmensführung und -kontrolle.

Dokumentationspflichten
In den vergangenen Jahren wurden weltweit in diversen Ländern und Wirtschaftsgemeinschaften allgemeingültige, branchen- und interessengruppenspezifische Gesetze und Regelungen verabschiedet. Im Rahmen von nationalen-, internationalen- und EU-Bestimmungen sind u.a. Verrechnungspreisdokumentation (fußend auf der Steuergesetzgebung), Sarbanes-Oxley Act (SOX), Basel II, Euro-SOX, Außenwirtschaftsgesetz, IFRS, Intrastat usw. beschlossen worden. Durch den extrem hohen Grad der Globalisierung können auch nationale Gesetze internationale Auswirkung haben.

Die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften (Compliance) durch die Gestaltung und Umsetzung einer effektiven Corporate Governance stellt eine wesentliche Herausforderung für die Führungskräfte in Unternehmen dar. Sie müssen sicherstellen, dass die Organisation, die Geschäftsprozesse und die IT-Infrastruktur den komplexen gesetzlichen Auflagen entsprechen. Eine vollständige und sachgerechte Dokumentation stellt die Basis einer erfolgreichen Umsetzung der Compliance dar und dient dem Nachweis der getroffenen organisatorischen und technischen Maßnahmen im Unternehmen. Sie dient als sehr effektives, organisationsweites Kommunikationsmedium bei der Bekanntmachung und Verbreitung der getroffenen Compliance-Maßnahmen für alle Mitarbeiter.

Sie ist unabdingbar bei jeder Art von Prüfung, die durch interne oder externe Auditoren und Prüfer durchgeführt werden können. Bei der Vielzahl gesetzlicher Auflagen ist es empfehlenswert, einen ganzheitlichen Compliance-Ansatz zu wählen und dabei sämtliche Anforderungen übergreifend zu betrachten, anstatt jede Aufgabe für sich zu sehen. Mit gleichen oder sehr ähnlichen organisatorischen und technischen Maßnahmen können diverse gesetzliche Anforderungen abgedeckt werden. Das betrifft auch die notwendige Dokumentation dieser Maßnahmen.

Verrechnungspreisdokumentation

Verrechnungspreise sind die Preise, die für Leistungen zwischen zwei oder mehreren nahe stehenden Unternehmen verrechnet werden. Aus steuerlicher Sicht sind prinzipiell alle Leistungen zu verrechnen, die auch fremde Dritte sich in Rechnung stellen würden (Warenlieferungen, Dienstleistungen, Nutzungsrechte, Markennamen, Finanzierungsleistungen, Know-how, etc). Das Thema der Verrechnungspreise hat deshalb eine so wichtige Bedeutung, weil heute etwa zwei Drittel des grenzüberschreitenden Leistungsaustauschs innerhalb von Unternehmensgruppen, also zwischen nahe stehenden Unternehmen stattfindet. In den meisten Ländern unterliegt der Steuerpflichtige dabei dem Fremdvergleichsgrundsatz, d.h. der grenzüberschreitende Leistungsaustausch mit seinen nahe stehenden Unternehmen ist wie zwischen fremden Dritten zu verrechnen.

Damit die Steuerverwaltungen, insbesondere in Hochsteuerländern wie Deutschland, die Angemessenheit prüfen können, unterliegen die Steuerpflichtigen in den meisten OECD-Ländern speziellen gesetzlichen Dokumentationspflichten. Im Kern geht es darum, dass der Steuerpflichtige der Finanzverwaltung Informationen zur Verfügung stellen muss, mit denen der Sachverhalt und die Angemessenheit von Verrechnungspreisen geprüft werden können. Zwar liegt in Deutschland die Pflicht der Prüfung, ob Verrechnungspreise dem Fremdvergleichsgrundsatz unterliegen, bei der Finanzverwaltung, aber de facto muss der Steuerpflichtige mit seiner Dokumentation alle erforderlicher Informationen, Unterlagen und Tatbestände darlegen und seine Überlegungen zur Angemessenheit der Verrechnungspreise aufzeigen.

In Deutschland sind die besonderen Dokumentationspflichten bei Auslandssachverhalten mit nahe stehenden Unternehmen in dem neuen § 90 Abs. 3 AO (Abgabenordnung) und der Rechtsverordnung GAufzV (Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung) fixiert und in mehreren Verwaltungsgrundsätzen erläutert. Die gesetzlichen Vorschriften zur Dokumentation werden von Sanktionsmechanismen wie den erweiterten Schätzungsbefugnissen aus § 162 Abs. 3 AO sowie den "Steuerstrafen" (Zuschläge) aus § 162 Abs. 4 AO für keine, eine verspätete oder eine unverwertbare Vorlage der Dokumentation flankiert. Die Verrechnungspreisdokumentation ist den Finanzbehörden innerhalb von 60 Tagen nach Anforderung vorzulegen. Die Frist beginnt schon nach der Bekanntgabe der Anforderung, nicht mit dem Prüfungsbeginn im Unternehmen des Steuerpflichtigen. Die Finanzbehörde kann die Vorlage auch dann innerhalb der Frist verlangen, wenn die Außenprüfung auf Antrag des Steuerpflichtigen verschoben wird.

Bei so genannten außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen (Dauerverluste, Unternehmenskauf, Funktionsverlagerung, etc.) gilt, dass zeitnah und daher bis spätestens sechs Monate nach diesem Geschäftsvorfall zu dokumentieren ist. Es obliegt dem Steuerpflichtigen, erforderliche Vorkehrungen zu treffen, um die Vorlagefristen einhalten zu können. Die Finanzbehörde geht davon aus, dass die Steuerpflichtigen die für die Verrechnungspreisbildung wesentlichen Daten und Fakten regelmäßig, zeitnah, sachgerecht und geordnet verfügbar halten.

Kommt der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten nicht oder nicht vollständig nach, können für ihn nachteilige Folgen eintreten:
>>
Minderung der Ermittlungspflichten der Finanzbehörde (§ 88 AO), Beweismaßreduzierung und relative Beweislastumkehr
>> Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (§ 162 Abs. 1, 2 und 3 AO), gegebenenfalls zu seinen Ungunsten entlang einer Schätzbandbreite
>> Festsetzung eines Zuschlags (§ 162 Abs. 4 AO)
>> weitere Sanktionen aus bestehenden Katalog

Es sind die neue Schätzbefugnis, die Doppelbesteuerung und die nicht abzugsfähigen Zuschläge bis zu 1.000.000,- Euro, die für die betroffenen Unternehmen schmerzhaft sind. Die Verrechnungspreisdokumentation besteht aus den beiden Komponenten
>> Sachverhaltsdokumentation und
>> Angemessenheitsdokumentation

Die Informationen hierzu werden bereitgestellt aus:
>>
innerbetrieblichen Daten,
>> marktbezogenen Daten sowie
>> Analysedaten zur Herstellung des Fremdvergleichs.

Die innerbetrieblichen Daten beschreiben detailliert die unternehmensinternen Beziehungen und Geschäftsvorfälle.

Der Steuerpflichtige hat unter anderem folgende Informationen aus den Daten bereitzustellen:
>>
Allgemeine Beschreibung des Unternehmens
>> Unternehmenshistorie und -strategie
>> Konzernstruktur (organisatorisch, rechtlich, und operativ) und Benennung der Unternehmenseinheiten
>> Geschäftsvorfälle mit Nahestehenden
>> Funktions- und Risikoanalyse, Wirtschaftsgüter
>> Konzerninterne Verrechnungspreispolitik und Verrechnungspreismethoden
>> Fremdvergleichsanalyse, gegebenenfalls mit Anpassungsrechnungen
>> Verrechnung von Kostenumlagen, Arbeitnehmerentsendung, Funktionsverlagerung, Betriebsstätten

Damit der Steuerpflichtige die Angemessenheit der Verrechnungspreise darlegen kann, sind unternehmensinterne und -externe Datenquellen (z.B. SAP R/3 als Quelle interner Daten; DAFNE bzw. AMADEUS der Firma Bureau van Dijk oder auch Länderanalysen als Quelle externer Daten) zu ermitteln und bzgl. der Vergleichbarkeit und der Angemessenheit der Verrechnungspreise zu analysieren. Solche Datenquellen können über eine intelligente Schnittstellentechnologie periodisch in die Dokumentation importiert werden. Auch lassen sich beispielsweise im Rahmen der so genannten Margenanalysen die vorgenommenen Suchschritte in einer Softwarelösung kosteneffizient und nachvollziehbar festhalten. (Vater ProCon: ra)

*Autorennachweis: Der Abschnitt: "Verrechnungspreisdokumentation" wurde von Dr. Markus Brem und Thomas Tucha (GTP GlobalTransferPricing Business Solutions GmbH) geschrieben.
Die einleitenden Bemerkungen stammen von Krzysztof Paschke, Geschäftsführer Vater ProCon GmbH.

Lesen Sie mehr zum Thema:
Was verlangen die IFRS?


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