Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Weitere Urteile

Arbeitsverhältnis und Privatisierung von Kliniken


Gesetzliche Überleitung eines Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber
Landesgesetzgeber hat von seiner Gestaltungsfreiheit nicht in verfassungswidriger Weise Gebrauch gemacht


(05.01.09) - Durch Landesgesetze können die Rechtsträger des öffentlichen Dienstes umstrukturiert werden. Solche Gesetze können grundsätzlich auch vorsehen, dass die Arbeitsverhältnisse der in den umstrukturierten Bereichen Beschäftigten auf einen neuen Rechtsträger übergeleitet werden, ohne dass den Arbeitnehmern ein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses eingeräumt wird. Ein solches Widerspruchsrecht ergibt sich nicht aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, da es sich bei Umstrukturierungen kraft Gesetzes nicht um einen rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang handelt.

Auch das Europäische Gemeinschaftsrecht sieht ein solches Widerspruchsrecht nicht vor. Jedoch ist die freie Wahl des Arbeitgebers durch das Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 GG geschützt. Ein Gesetz, durch das der Arbeitgeber ausgewechselt wird, greift in dieses Grundrecht ein. Dieser Eingriff ist verfassungsgemäß, soweit er durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und verhältnismäßig ist.

Der Kläger vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) war als Arbeitnehmer des beklagten Landes an einer Universitätsklinik mit nicht wissenschaftlichen Tätigkeiten beschäftigt. Zum 1. Juli 2005 trat ein Landesgesetz in Kraft, durch das diese Klinik mit einer zweiten Universitätsklinik in einer neuen Anstalt des öffentlichen Rechts zusammengelegt wurde. Kraft Gesetzes wurden die Arbeitsverhältnisse der nicht wissenschaftlich Tätigen auf die neue Anstalt übergeleitet. Dem hat der Kläger widersprochen. Das Gesetz hatte die Privatisierung des Klinikbetriebs zur Zielsetzung, die mit weiteren Maßnahmen später durchgeführt wurde.

Mit der Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass wegen seines Widerspruches sein Arbeitsverhältnis weiterhin zum beklagten Land besteht. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, die Revision des Klägers blieb vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg.

Das Landesparlament war zur Gesetzgebung befugt, da der Bundesgesetzgeber nur rechtsgeschäftliche Betriebsübergänge und zivilrechtliche Umwandlungen geregelt hat. Aus dem Bundesrecht ergibt sich ein Widerspruchsrecht des Klägers ebenso wenig wie aus der europäischen Betriebsübergangs-Richtlinie. Der Eingriff des Landesgesetzgebers in die grundrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des Klägers ist gerechtfertigt.

Die Umstrukturierung und die Privatisierung des Klinikum-Betriebs dienen der im öffentlichen Interesse liegenden Erhaltung beider Kliniken und der Weiterführung der wissenschaftlichen Forschung und Lehre an beiden Standorten. Der Eingriff war verhältnismäßig und außerdem von einer Reihe weiterer Maßnahmen wie einer mehrjährigen Beschäftigungssicherung begleitet. Der Landesgesetzgeber hat von seiner Gestaltungsfreiheit nicht in verfassungswidriger Weise Gebrauch gemacht.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Dezember 2008 - 8 AZR 660/07 -;
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Juli 2007 - 2 Sa 635/07 -
(BAG: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Weitere Urteile

  • Gesamtsumme im Milliardenbereich

    Ein ausländischer Investmentfonds, der unter der Geltung des Investmentsteuergesetzes 2004 (InvStG 2004) mit Kapitalertragsteuer belastete Dividenden inländischer Aktiengesellschaften bezog, hat nach dem Unionsrecht im Grundsatz einen Anspruch auf Erstattung dieser Steuer.

  • Datenverarbeitung durch die Finanzverwaltung

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschlüssen vom 27.05.2024 in zwei Verfahren (II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV)) des vorläufigen Rechtsschutzes zu den Bewertungsregelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden, dass Steuerpflichtige im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen.

  • Grenzen des Auskunftsanspruchs

    Mit Urteil vom 12.03.2024 - IX R 35/21 hat der Bundesfinanzhof (BFH) erstmals zu den Voraussetzungen und der Reichweite des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs entschieden. Die Datenschutz-Grundverordnung gewährt in Art. 15 Abs. 1 einen Anspruch auf Auskunft, welche personenbezogenen Daten über einen Steuerpflichtigen verarbeitet werden.

  • Datenverarbeitung durch die Finanzverwaltung

    Mit Urteil vom 12.03.2024 - IX R 35/21 hat der Bundesfinanzhof (BFH) erstmals zu den Voraussetzungen und der Reichweite des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs entschieden. Die Datenschutz-Grundverordnung gewährt in Art. 15 Abs. 1 einen Anspruch auf Auskunft, welche personenbezogenen Daten über einen Steuerpflichtigen verarbeitet werden.

  • Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer

    Ein Parkhaus ist in der Erbschaftsteuer nicht begünstigt - dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 28.02.2024 - II R 27/21 entschieden. Der Kläger war testamentarisch eingesetzter Alleinerbe seines im Jahr 2018 verstorbenen Vaters, des Erblassers. Zum Erbe gehörte ein mit einem Parkhaus bebautes Grundstück.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen