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VIP-Medienfonds: Commerzbank erneut verurteilt


Nur ein Prospekt VIP 4 in Filiale der Commerzbank: Unterbliebene Aufklärung über Risiken verpflichtet zum Schadensersatz
Auch in diesem Fall ging das Gericht schon nach dem zwischen den Parteien unstreitigen Vorbringen vom Abschluss eines Beratungsvertrages aus

(09.06.08) - Mit dem Landgericht Hannover hat ein weiteres Gericht zugunsten von Mandanten der Kanzlei Jens Graf Rechtsanwälte, Düsseldorf, in einem VIP-Medienfonds-Fall geurteilt und die Commerzbank zu umfangreichen Schadensersatzleistungen verurteilt.

Gegenstand der Auseinandersetzung war eine Beteiligung an dem Filmfonds VIP 4. Das Fondskonzept sah die obligatorische Finanzierung eines Teils der Anlage durch die HypoVereinsbank vor.

Der Schadensersatzanspruch umfasst neben der Verpflichtung, das eingesetzte Eigenkapitalanteil zu erstatten, auch die Verzinsung seit dem Datum der Abgabe der Beitrittserklärung, weiter die Verurteilung der Commerzbank, Ersatz zu leisten in Höhe einer Inanspruchnahme durch die HypoVereinsbank aus dem Darlehen und die Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten.

Auch in diesem Fall ging das Gericht schon nach dem zwischen den Parteien unstreitigen Vorbringen vom Abschluss eines Beratungsvertrages aus. Dabei machte es dem Kreditinstitut zum Vorwurf, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Fondsprospekt im Rahmen der Beratungsgespräche keine Verwendung gefunden habe, sondern erst im Zeichnungstermin und damit nicht rechtzeitig übergeben worden sei. Nach Aussage des Mitarbeiters der Commerzbank habe es pro Filiale nur einen Prospekt gegeben, so dass den Kunden gesagt worden sei, sie würden ihn mit der Unterzeichnung des Fonds erhalten. Nur bei ausdrücklichem Verlangen der Kundschaft sei der Prospekt kopiert und eine Ablichtung davon übergeben worden.

Die Entscheidung hält schließlich fest, dass dem sog. Garantiefonds bei VIP 4 ein sehr komplexes Konzept zugrunde gelegen habe, das auch ein allgemein erfahrener Anleger insbesondere hinsichtlich der Bedeutung der besonders herausgestellten Garantie selbst bei konzentrierter Lektüre des gesamten, über 100-seitigen Prospekts, nur sehr schwer überschauen könne und das sich im Rahmen einer mündlichen Beratung nur schwerlich vermitteln lassen dürfte.

Hinsichtlich der Garantie von 115 Prozent sei zu berücksichtigen, dass sie sich nur auf die Produktionskosten bezog, so dass sich bei einer Beteiligung von 25.000,-- Euro allenfalls ein Betrag von 25.070,-- Euro ergebe. Da der Anleger seine Ansprüche zur Sicherheit an die Bank abtreten müsse und die gestundeten Zinsen einen erheblichen Anteil an der Beteiligungssumme ausmachten, bedeute die Garantie im Ergebnis keineswegs eine volle Absicherung des angelegten Kapitals. Von ihr verbliebe vielmehr nach Abzug des auf die Darlehensverbindlichkeiten entfallenden Betrages lediglich eine Quote von ca. 25 Prozent des von dem Anleger insgesamt eingesetzten Kapitals.

Mögliche weitere mit der Garantie verbundene Risiken, wie der Umstand, dass die Schuldübernahme keinen Anspruch des Anlegers begründe, sondern nur zugunsten der Fondsgesellschaft bestehe, seien nicht berücksichtigt. Alles in allem habe der Kundenberater vor diesem Hintergrund über die vorhandenen Risiken nicht ausreichend aufgeklärt, sondern diese unter irreführenden und unzutreffenden Hinweisen auf Bankgarantien unzulässigerweise verharmlost, wozu auch der dem Kunden übergebenen Flyer mit u. a. der Formulierung "Möchten Sie Ihr Geld sicher angelegt wissen?" beigetragen habe.

Da bereits die Risikobelehrung unzureichend gewesen sei, könne dahingestellt bleiben, ob die Beklagte überhaupt eine Beteiligung an einem derartigen Filmfonds hätte anraten dürfen. Die Erwägungen würden auch für die Annahme lediglich einer Anlagevermittlung gelten.

Der Ablauf der Beratungssituationen ist nach den Erfahrungen unserer Mandanten von einer hohen Übereinstimmung in der Verharmlosung der Risiken geprägt. Die Euphorie, mit der die Beteiligungen sowohl bei VIP 3, als auch bei VIP 4 angepriesen wurden, legt die Überzeugung nahe, dass die hohe umsatzabhängige Verprovisionierung der Beratungsleistung durch die Fondsgesellschaften einen für die Kundschaft unguten Einfluss ausgeübt hat. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sieht in solchen Gestaltungen nicht ohne Grund eine konkrete Gefährdung des Anlegers, dem diese Zusammenhänge verschwiegen werden.

Wir sehen die Entscheidung als weitere Bestätigung der Prozessstrategie, zu der die Kanzlei Jens Graf Rechtsanwälte, Düsseldorf, ihren Mandanten rät. Da weiterhin nicht zu erkennen ist, dass die beteiligten Banken Falschberatungen zum Anlass nehmen, von sich aus im Sinne einer Wiedergutmachung auf die Kundschaft zuzugehen, ist die Initiative jedes einzelnen Geschädigten gefordert, der die Entwicklung nicht auf sich beruhen lassen will.
(Jens Graf Rechtsanwälte: ra)


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