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Lehrerbewertung: spickmich.de gewinnt vor BGH


Bundesgerichtshof entscheidet über "spickmich.de" – Lehrerbewertung im Internet grundsätzlich zulässig – aber: kein Freifahrtschein für Bewertungsportale
BGH hat die Erhebung, Speicherung und Übermittlung der Daten trotz der fehlenden Einwilligung der Klägerin für zulässig gehalten


(25.06.09) - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Bewertung von Lehrern im Internet-Portal "spickmich.de" für statthaft erachtet Urteil vom 23. Juni 2009 – VI ZR 196/08). Streitpunkt war die Frage der Zulässigkeit der Bewertung der Leistungen einer Lehrerin mit Namensnennung durch Schüler auf der Website spickmich.de. Zugang zu dem Portal haben nur registrierte Nutzer. Die mit den Schulnoten 1 bis 6 abzugebenden Bewertungen sind an vorgegebene Kriterien gebunden wie etwa "cool und witzig", "beliebt", "motiviert", "menschlich", "gelassen" und "guter Unterricht". Ein eigener Textbeitrag des Bewertenden ist nicht möglich.

Aus dem Durchschnitt der anonym abgegebenen Bewertungen wird eine Gesamtnote errechnet. Die Nutzer können außerdem auf einer Zitatseite angebliche Zitate der bewerteten Lehrer einstellen. Die auf dem Portal genannte Klägerin erhielt für das Unterrichtsfach Deutsch eine Gesamtbewertung von 4,3. Ihr zugeschriebene Zitate wurden bisher nicht eingestellt. Die Lehrerin begehrte u.a. Löschung bzw. Unterlassung der Veröffentlichung ihres Namens, des Namens der Schule, der unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit einer Gesamt- und Einzelbewertung und der Zitat- und Zeugnisseite auf der Homepage spickmich.de.

Nachdem sie in den Vorinstanzen unterlegen war, hatte sie auch vor dem Bundesgerichtshof keinen Erfolg. "Damit", so Rechtsanwalt Nikolai Klute aus der Kanzlei .rka Rechtsanwälte in Hamburg "hat der Bundesgerichtshof zunächst einmal die Tür aufgemacht zur Unterhaltung derartiger Bewertungsportale, und zwar vor allem mit Blick auf die damit verbundenen datenschutzrechtlichen Fragen und jene des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts".

Berufsphäre genießt nicht den gleichen Schutz wie Privatsphäre
Der BGH hat die Erhebung, Speicherung und Übermittlung der Daten trotz der fehlenden Einwilligung der Klägerin für zulässig gehalten. Die Erhebung und Speicherung von Daten zur Übermittlung an Dritte ist auch ohne Einwilligung des Betroffenen nach § 29 BDSG u.a. dann zulässig, wenn ein Grund zu der Annahme eines schutzwürdigen Interesses an dem Ausschluss der Datenerhebung und -speicherung nicht gegeben ist. Ein entgegenstehendes Interesse der Klägerin hat der BGH nach Abwägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einerseits und des Rechts auf freien Meinungsaustausch andererseits für nicht gegeben erachtet.

Die Bewertungen stellen Meinungsäußerungen dar, die die berufliche Tätigkeit der Klägerin betreffen. Diese Sphäre genießt nicht den gleichen Schutz wie die Privatsphäre. Dass die Bewertungen anonym abgegeben werden, macht sie nicht unzulässig, weil das Recht auf Meinungsfreiheit nicht an die Zuordnung der Äußerung an ein bestimmtes Individuum gebunden ist. Die Meinungsfreiheit umfasst grundsätzlich das Recht, das Verbreitungsmedium frei zu bestimmen.

Instrument der sogenannten Störerhaftung im Portalbereich gewinnt immer mehr an Bedeutung
Auch die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an den Nutzer hat der BGH aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz der Klägerin und dem Recht auf Kommunikationsfreiheit im jeweiligen Einzelfall beurteilt. Im Streitfall sei im Hinblick auf die geringe Aussagekraft und Eingriffsqualität der Daten und die Zugangsbeschränkungen zum Portal die Datenübermittlung nicht von vornherein unzulässig, so der BGH. "Allein diese vorsichtige Bewertung des Bundesgerichtshofes zeigt allerdings, dass diese Entscheidung keinen Freifahrtschein für Portalbetreiber mit sich bringt", so Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz Nikolai Klute.

Portalbetreiber müssen deshalb Kontrollsysteme einführen
"Im Gegenteil ist festzustellen, dass das Instrument der sogenannten Störerhaftung im Portalbereich immer mehr an Bedeutung gewinnt und die Portalbetreiber für unrichtige Angaben haften. Werden einem Lehrer nun Zitate zugeschrieben, die er selbst nicht getätigt hat, sind dies falsche Tatsachenbehauptungen, die Unterlassungs- und Folgeansprüchen zugänglich sein können. Auf darauf fußende Bewertungen könnten durchaus auch mal mit den Mitteln des Äußerungsrechts angegriffen werden", so der Anwalt. "Portalbetreiber müssen deshalb Kontrollsysteme einführen, mit denen auf falsche Angaben oder herabsetzende Schmähungen unverzüglich reagiert werden kann. Erfolgt dies nicht, besteht das Risiko teurer Inanspruchnahme durch Betroffene", erklärt Rechtsanwalt Nikolai Klute. (rka Rechtsanwälte: ra)

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