Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Begünstigung des Amazon-eigenen Geschäfts


Kartellrecht: EU-Kommission holt Rückmeldungen ein zu den Verpflichtungsangeboten von Amazon in Bezug auf Daten von Marktplatzverkäufern sowie den Zugang zum Einkaufswagen-Feld und zum Prime-Programm
Die Kommission leitete am 17. Juli 2019 ein förmliches Prüfverfahren ein, um festzustellen, ob Amazon durch die Nutzung nichtöffentlicher Daten unabhängiger Einzelhändler, die Produkte auf dem Amazon-Marktplatz verkaufen, gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstößt




Die Europäische Kommission bittet um Stellungnahmen zu Verpflichtungsangeboten von Amazon, mit denen wettbewerbsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Nutzung nichtöffentlicher Daten von Marktplatzverkäufern sowie einer etwaigen Ungleichbehandlung beim Zugang zum Einkaufswagen-Feld und zum Prime-Programm ausgeräumt werden sollen.

Untersuchungen der Kommission
Amazon ist ein datengesteuertes Unternehmen, dessen Einzelhandelsentscheidungen zumeist von automatisierten Systemen auf der Grundlage der relevanten Daten getroffen werden. Amazon hat als Plattform eine Doppelfunktion: Das Unternehmen betreibt einen Marktplatz, auf dem unabhängige Verkäufer Produkte direkt an Verbraucher verkaufen können, und gleichzeitig verkauft es auf seiner Plattform selbst als Einzelhändler Produkte im Wettbewerb mit den unabhängigen Verkäufern. Die Folge ist, dass Amazon Zugang zu großen Datensätzen über die Tätigkeiten der unabhängigen Verkäufer auf seiner Plattform hat, unter anderem zu nichtöffentlichen Geschäftsdaten.

Die Kommission leitete am 17. Juli 2019 ein förmliches Prüfverfahren ein, um festzustellen, ob Amazon durch die Nutzung nichtöffentlicher Daten unabhängiger Einzelhändler, die Produkte auf dem Amazon-Marktplatz verkaufen, gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstößt. Am 10. November 2020 legte die Kommission in einer Mitteilung der Beschwerdepunkte ihre vorläufige Auffassung dar, dass Amazon sich zur Austarierung von Entscheidungen im Einzelhandel nicht auf Geschäftsdaten unabhängiger Verkäufer stützen sollte, da dies den fairen Wettbewerb auf seiner Plattform verzerrt bzw. wirksamen Wettbewerb verhindert.

Parallel dazu leitete die Kommission eine zweite Untersuchung zu folgenden Punkten ein:

>> Einkaufswagen-Feld von Amazon, in dem das Angebot eines einzigen Verkäufers gut sichtbar angezeigt wird und über das dieser Artikel durch direktes Klicken auf ein Kauffeld rasch erworben werden kann,
>> Prime-Programm von Amazon, das Kunden gegen eine monatliche oder jährliche Gebühr Premiumdienste anbietet und es unabhängigen Verkäufern ermöglicht, unter bestimmten Bedingungen an Prime-Kunden zu verkaufen.

Die Kommission stellte vorläufig fest, dass die Regeln und Kriterien für das Einkaufswagen-Feld und das Prime-Programm zu einer unangemessenen Begünstigung des Amazon-eigenen Einzelhandelsgeschäfts sowie der Marktplatzverkäufer, die die Logistik- und Lieferdienste von Amazon nutzen, führt. Diese Ungleichbehandlung kann anderen Marktplatzverkäufern, den von ihnen genutzten unabhängigen Lieferdiensten und Verbrauchern, die die besten Angebote möglicherweise gar nicht erst sehen, schaden.

Verpflichtungsangebote
Um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission in Bezug auf beide Untersuchungen auszuräumen, hat Amazon folgende Verpflichtungen angeboten:

>> In Bezug auf die Daten von Marktplatzverkäufern verpflichtet sich Amazon, nichtöffentliche Daten, die sich auf die Tätigkeiten unabhängiger Verkäufer auf seinem Marktplatz beziehen oder dadurch generiert werden, nicht für das eigene Einzelhandelsgeschäft zu nutzen, das mit dem Geschäft dieser Verkäufer konkurriert. Diese Zusage soll sowohl für die automatisierten Tools von Amazon als auch für Mitarbeiter gelten, die die Daten aus dem Amazon-Marktplatz bei Einzelhandelsentscheidungen heranziehen könnten. Die relevanten Daten würden sowohl individuelle als auch aggregierte Daten umfassen, wie Verkaufsbedingungen, Einnahmen, Lieferungen, Lagerbestandsinformationen, Verbraucherbesuchsdaten oder die Verkäuferleistung auf der Plattform. Amazon verpflichtet sich, diese Daten nicht für den Verkauf von Markenartikeln und Produkten der Eigenmarke zu nutzen.

>> In Bezug auf das Einkaufswagen-Feld verpflichtet sich Amazon,
## bei der Erstellung der Rangfolge für das Angebot, das im Einkaufswagen-Feld platziert wird, alle Verkäufer gleich zu behandeln
## und außerdem neben dem Angebot im Einkaufswagen-Feld ein Konkurrenzangebot anzuzeigen, sofern ein solches existiert und sich vom Angebot im Einkaufswagen-Feld in Bezug auf Preis und/oder Lieferung hinreichend unterscheidet. Beide Angebote sollen dieselben beschreibenden Informationen enthalten und dieselbe Einkaufserfahrung bieten. Auf diese Weise verbessern sich die Auswahlmöglichkeiten der Verbraucher.

>> Schließlich verpflichtet sich Amazon in Bezug auf das Prime-Programm,
## nichtdiskriminierende Bedingungen und Kriterien für die Qualifizierung von Marktplatzverkäufern und Angeboten für das Prime-Programm festzulegen,
## Prime-Verkäufern die Möglichkeit zu geben, für ihre Logistik- und Lieferdienste ein Unternehmen frei zu wählen und die Konditionen direkt mit dem gewählten Unternehmen auszuhandeln,
## keine über Prime erhaltenen Informationen über die Konditionen und die Leistung dritter Beförderungsunternehmen für die eigenen Logistikdienste zu nutzen. So soll verhindert werden, dass Daten der Beförderungsunternehmen direkt an die konkurrierenden Logistikdienste von Amazon fließen.

Die angebotenen Verpflichtungen sollen für alle bestehenden und künftigen Marktplätze von Amazon im Europäischen Wirtschaftsraum gelten. Die Verpflichtungen zum Einkaufswagen-Feld und zum Prime-Programm beziehen sich jedoch nicht auf Italien, da die italienische Wettbewerbsbehörde bereits am 30. November 2021 eine Entscheidung erlassen hat, mit der Amazon für den italienischen Markt Abhilfemaßnahmen auferlegt wurden.

Die Verpflichtungen würden zehn Jahre lang in Kraft bleiben. Ihre Umsetzung würde von einem Überwachungstreuhänder überwacht, der der Kommission regelmäßig Bericht erstattet.

Die Kommission fordert alle Interessenträger auf, bis zum 9. September 2022 zu den Verpflichtungsangeboten von Amazon Stellung zu nehmen. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 25.07.22
Newsletterlauf: 05.09.22


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Rahmen für grüne NGEU-Anleihen

    Mehr als drei Jahre nach der ersten Transaktion mit unseren grünen Anleihen im Rahmen von NextGenerationEU (NGEU) hat die EU grüne NGEU-Anleihen im Wert von insgesamt mehr als 65 Mrd. EUR ausgegeben und ist damit auf dem besten Weg, zum weltweit größten Emittenten grüner Anleihen zu werden.

  • Maßnahmen des CPC-Netzes gegen Apple

    Im Anschluss an eine koordinierte Untersuchung auf europäischer Ebene haben das Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) und die Europäische Kommission Apple über mehrere potenziell verbotene Geoblocking-Praktiken unterrichtet, die das CPC-Netz bei bestimmten Apple Media Services festgestellt hat, nämlich den Mediendiensten App Store, Apple Arcade, Music, iTunes Store, Books und Podcasts.

  • Verwaltungskosten für Unternehmen senken

    Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, ein einheitliches digitales Meldeportal für Unternehmen einzurichten, die Dienstleistungen erbringen und Arbeitnehmer vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsenden, das als "entsandte Arbeitnehmer" bezeichnet wird.

  • Diskriminierende steuerliche Behandlung

    Die Europäische Kommission hat entschieden, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land es versäumt hat, eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 AEUV und Artikel 40 des EWR-Abkommens) zu beseitigen, die durch die diskriminierende steuerliche Behandlung von reinvestierten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien bedingt war.

  • Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Facebook

    Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße in Höhe von 797,72 Mio. EUR gegen Meta verhängt, weil das Unternehmen gegen die EU-Kartellvorschriften verstößt, indem es seinen Online-Kleinanzeigendienst Facebook Marketplace mit seinem persönlichen sozialen Netzwerk Facebook verknüpft und anderen Anbietern von Online-Kleinanzeigendiensten unfaire Handelsbedingungen auferlegt hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen