Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Durchsetzung des Kartellrechts


Europäische Kommission veröffentlicht Ergebnisse der Evaluierung des EU-Durchsetzungsrahmens für das Kartellrecht
Die Ersparnisse für Kunden, die sich aus kartellrechtlichen Maßnahmen der Kommission insgesamt ergeben haben, beliefen sich für den Zeitraum von 2012 bis 2021 auf 50 bis 87 Mrd. EUR.



Die Europäische Kommission hat die Evaluierungsergebnisse für die EU-Verordnungen, in denen die Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften festgelegt sind (Verordnungen 1/2003 und 773/2004), in Form einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen veröffentlicht.

Die Verordnungen bilden den verfahrensrechtlichen Rahmen für die Durchführung der in den Artikeln 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ("AEUV") niedergelegten Wettbewerbsvorschriften. Seit ihrem Inkrafttreten vor 20 Jahren haben sie bei der Durchsetzung der EU-Kartellvorschriften eine entscheidende Rolle gespielt.

Im Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis August 2024 hat die Kommission 225 Durchsetzungsbeschlüsse erlassen, in denen sie entweder eine Zuwiderhandlung gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften feststellte oder Verpflichtungen billigte, durch die ihre vorläufigen Bedenken ausgeräumt würden. Sie hat auf der Grundlage der Verordnung 1/2003 Geldbußen in Höhe von über 42 Mrd. EUR verhängt, wovon rund 37 Mrd. EUR vom Gerichtshof der EU bestätigt wurden. Die Ersparnisse für Kunden, die sich aus kartellrechtlichen Maßnahmen der Kommission insgesamt ergeben haben, beliefen sich für den Zeitraum von 2012 bis 2021 auf 50 bis 87 Mrd. EUR.

Wichtigste Ergebnisse der Evaluierung
Die Evaluierung hat Folgendes ergeben:
Die Verordnungen haben allgemein das Ziel einer wirksamen, effizienten und einheitlichen Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften erreicht. Nach wie vor haben sie einen EU-Mehrwert und sind relevant.

Wichtigste Änderungen durch die Verordnung 1/2003:
>> Erstens wurde das alte System abgeschafft, nach dem Unternehmen Vereinbarungen bei der Kommission anmelden mussten, um eine Freistellung nach Artikel 101 Absatz 3 AEUV nutzen zu können – diese Neuerung wird sehr positiv bewertet.

>> Zweitens wurde ein dezentrales System der parallelen Durchsetzung der EU-Wettbewerbsvorschriften durch die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden eingeführt und so eine wirksamere Durchsetzung erreicht. Die nationalen Wettbewerbsbehörden und die Kommission haben zusammen mehr als 1650 Beschlüsse erlassen, wobei 85 Prozent von den nationalen Behörden stammen. Somit sind die nationalen Behörden neben der Kommission zu wichtigen Durchsetzungsbehörden für das EU-Wettbewerbsrecht geworden.

>> Das Europäische Wettbewerbsnetz ("European Competition Network" oder kurz "ECN") war für die einheitliche und wirksame Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften von entscheidender Bedeutung, auch wenn die Zusammenarbeit innerhalb des ECN weiter ausgebaut werden könnte. Laut Evaluierung müssen unnötige parallele Prüfverfahren vermieden und das Zusammenspiel von EU-Wettbewerbsrecht und nationalem Wettbewerbsrecht weiter verbessert werden, um die kohärente Durchsetzung aller verfügbaren Rechtsinstrumente zu gewährleisten.

>> Ferner wird in der Bewertung hervorgehoben, dass Prüfungen schneller gehen müssen. Es wurden mehrere Probleme ermittelt, von denen einige mit der Digitalisierung zusammenhängen und die Wirksamkeit von Prüfinstrumenten und -befugnissen beeinträchtigen könnten, die für eine analoge Welt konzipiert waren. Beispielsweise wurde das System, eine nichtvertrauliche Fassung der Kommissionsakte zu erstellen und zugänglich zu machen, um die Verteidigungsrechte der Parteien zu wahren, zu einer Zeit eingeführt, in der Prüfverfahren einen viel geringeren Umfang hatten. Durch die inzwischen großen Datenmengen und umfangreicheren Akten verursacht die Erstellung einer nichtvertraulichen Fassung der Kommissionsakte nun erheblichen Aufwand für die Parteien, die Informationsgeber und die Kommission.

Im Rahmen der Evaluierung hat die Kommission Informationen darüber zusammengetragen, wie sich die Verordnungen seit ihrer Annahme im Jahr 2004 ausgewirkt haben. Die Quellen bildeten Rückmeldungen im Rahmen einer öffentlichen Konsultation, einer von der Kommission organisierten Konferenz zu 20 Jahren der Verordnung 1/2003 und eines Workshops mit Interessenträgern. Ferner hat die Kommission eine externe Begleitstudie zur Evaluierung in Auftrag gegeben. Der Abschlussbericht der Begleitstudie wird heute zugleich mit einer Zusammenfassung der Rückmeldungen der nationalen Wettbewerbsbehörden und der Ergebnisse des Workshops mit Interessenträgern veröffentlicht.

Parallel dazu hat die Kommission heute einen Bericht an den Rat und das Europäische Parlament über den Rechtsrahmen für einstweilige Maßnahmen und deren Anwendung durch die nationalen Wettbewerbsbehörden angenommen. Einstweilige Maßnahmen sorgen dafür, dass der Wettbewerb während einer laufenden kartellrechtlichen Prüfung gewahrt bleibt. Die ECN+-Richtlinie räumt den nationalen Wettbewerbsbehörden ein Grundmaß an Durchsetzungsbefugnissen ein, einschließlich der Befugnis zur Anordnung einstweiliger Maßnahmen. Laut Bericht unterliegen nationale Wettbewerbsbehörden, die verstärkt von einstweiligen Maßnahmen Gebrauch machen, oft weniger strengen Verfahrensvorschriften und mitunter weniger strengen rechtlichen Anforderungen für die Anordnung solcher Maßnahmen.

Hintergrund
Artikel 101 AEUV verbietet wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Unternehmen, und Artikel 102 AEUV verbietet missbräuchliches Verhalten von Unternehmen, die auf einem bestimmten Markt eine beherrschende Stellung innehaben.

Die Verordnung 1/2003 und die Durchführungsverordnung dazu, die Verordnung 773/2004, bilden einen verfahrensrechtlichen Rahmen, mit dem die wirksame und einheitliche Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV in der EU sichergestellt werden soll. Zum Zeitpunkt ihrer Annahme stellte die Verordnung 1/2003 eine umfassende Reform der Durchsetzungsvorschriften des EU-Kartellrechts dar: Mit ihr i) wurde ein System der direkten Anwendung des Kartellrechts eingeführt, ii) die Mitgliedstaaten wurden ermächtigt, alle Aspekte der Vorschriften anzuwenden, iii) die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden wurde gestärkt und iv) die Durchsetzungsinstrumente wurden verbessert, um der Kommission eine bessere Ausgangsposition für die Aufdeckung und Abstellung von Verstößen gegen die EU-Kartellvorschriften zu verschaffen.

Nach 20 Jahren Erfahrung mit der Anwendung der Verordnungen leitete die Kommission eine Evaluierung ein, um festzustellen, ob die Verordnungen weiterhin ihren Zweck erfüllen, und um anschließend ggf. eine Änderung der Verordnungen anzustoßen. Die Evaluierung ist Teil einer umfassenderen Überprüfung des EU-Wettbewerbsrechts, die seit einigen Jahren läuft. Sie folgt auf den Fünfjahres- und den Zehnjahresbericht über das Funktionieren der Verordnung 1/2003.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 09.09.24
Newsletterlauf: 28.11.24


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Rahmen für grüne NGEU-Anleihen

    Mehr als drei Jahre nach der ersten Transaktion mit unseren grünen Anleihen im Rahmen von NextGenerationEU (NGEU) hat die EU grüne NGEU-Anleihen im Wert von insgesamt mehr als 65 Mrd. EUR ausgegeben und ist damit auf dem besten Weg, zum weltweit größten Emittenten grüner Anleihen zu werden.

  • Maßnahmen des CPC-Netzes gegen Apple

    Im Anschluss an eine koordinierte Untersuchung auf europäischer Ebene haben das Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) und die Europäische Kommission Apple über mehrere potenziell verbotene Geoblocking-Praktiken unterrichtet, die das CPC-Netz bei bestimmten Apple Media Services festgestellt hat, nämlich den Mediendiensten App Store, Apple Arcade, Music, iTunes Store, Books und Podcasts.

  • Verwaltungskosten für Unternehmen senken

    Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, ein einheitliches digitales Meldeportal für Unternehmen einzurichten, die Dienstleistungen erbringen und Arbeitnehmer vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsenden, das als "entsandte Arbeitnehmer" bezeichnet wird.

  • Diskriminierende steuerliche Behandlung

    Die Europäische Kommission hat entschieden, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land es versäumt hat, eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 AEUV und Artikel 40 des EWR-Abkommens) zu beseitigen, die durch die diskriminierende steuerliche Behandlung von reinvestierten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien bedingt war.

  • Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Facebook

    Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße in Höhe von 797,72 Mio. EUR gegen Meta verhängt, weil das Unternehmen gegen die EU-Kartellvorschriften verstößt, indem es seinen Online-Kleinanzeigendienst Facebook Marketplace mit seinem persönlichen sozialen Netzwerk Facebook verknüpft und anderen Anbietern von Online-Kleinanzeigendiensten unfaire Handelsbedingungen auferlegt hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen