EU-Compliance: Tema kriegt Druck (1)
EU-Kommission leitet förmliches Verfahren gegen Temu nach dem Gesetz über digitale Dienste ein
Nach dem Gesetz über digitale Dienste würde Temu haftbar gemacht, wenn sich die Verdachtsmomente der Kommission als richtig erweisen, da es sich bei diesen Mängeln um Verstöße gegen die Artikel 27, 34, 35, 38 und 40 des Gesetzes über digitale Dienste handeln würde
Die Kommission hat ein förmliches Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob Temu möglicherweise gegen das Gesetz über digitale Dienste (DSA) verstoßen hat. Dabei geht es um den Verkauf rechtswidriger Produkte, die potenziell suchterzeugende Gestaltung des Dienstes, die Empfehlungssysteme, mit denen Nutzerinnen und Nutzer zu Einkäufen angeregt werden sollen, sowie den Datenzugang für Forschende.
Der Beschluss stützt sich auf die vorläufigen Analysen des von Temu Ende September 2024 vorgelegten Risikobewertungsberichts, die Antworten auf die förmlichen Auskunftsverlangen der Kommission vom 28. Juni 2024 und 11. Oktober 2024 sowie Informationen von Dritten. Die Kommission bezieht sich außerdem auf Informationen, die über den Kooperationsmechanismus mit den nationalen Behörden im Rahmen des Europäischen Gremiums für digitale Dienste und den Koordinatoren für digitale Dienste, insbesondere dem irischen Koordinator, ausgetauscht wurden.
Die Untersuchung wird sich insbesondere auf die folgenden Bereiche konzentrieren:
>> Die Systeme, die Temu eingerichtet hat, um den Verkauf nicht konformer Produkte in der Europäischen Union zu begrenzen. Es handelt sich unter anderem um Systeme, die verhindern sollen, dass bereits gesperrte unseriöse Händler, von denen bekannt ist, dass sie in der Vergangenheit nicht konforme Produkte verkauft haben, erneut Zugang erhalten, sowie um Systeme, die eine Wiederaufnahme nicht konformer Waren in das Angebot blockieren sollen.
>> Die Risiken der suchterzeugenden Gestaltung des Dienstes, darunter spielähnlicher Belohnungsprogramme, und die von Temu eingerichteten Systeme, um das mit einer solchen suchterzeugenden Gestaltung verbundene Risiko negativer Auswirkungen auf das körperliche und geistige Wohlbefinden einer Person zu mindern.
>> Die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Gesetz über digitale Dienste im Zusammenhang mit der Art und Weise, wie Temu den Nutzerinnen und Nutzern Inhalte und Produkte empfiehlt. Dazu gehört die Anforderung, die wichtigsten Parameter, die in den Empfehlungssystemen von Temu verwendet werden, offenzulegen und den Nutzerinnen und Nutzern mindestens eine leicht zugängliche Option zur Verfügung zu stellen, die nicht auf Profiling beruht.
>> Die Einhaltung der Verpflichtung nach dem Gesetz über digitale Dienste, Forschenden Zugang zu den öffentlich zugänglichen Daten von Temu zu gewähren.
Nach dem Gesetz über digitale Dienste würde Temu haftbar gemacht, wenn sich die Verdachtsmomente der Kommission als richtig erweisen, da es sich bei diesen Mängeln um Verstöße gegen die Artikel 27, 34, 35, 38 und 40 des Gesetzes über digitale Dienste handeln würde. Die Kommission wird diese eingehende Prüfung nun vorrangig behandeln. Die Einleitung eines förmlichen Verfahrens greift dem Ausgang der Untersuchung in keiner Weise vor.
Nächste Schritte
Nach der förmlichen Einleitung des Verfahrens wird die Kommission weiter Beweise sammeln und kann sich dabei beispielsweise auf zusätzliche Auskunftsverlangen an Temu oder Dritte, auf Überwachungsmaßnahmen oder Befragungen stützen.
Infolge der Einleitung eines förmlichen Verfahrens hat die Kommission nun die Möglichkeit, weitere Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, z. B. Erlass eines Beschlusses wegen Nichteinhaltung. Außerdem ist die Kommission befugt, von Temu zugesagte Abhilfemaßnahmen zu den Streitgegenständen des Verfahrens anzunehmen.
Im Gesetz über digitale Dienste ist keine gesetzliche Frist für den Abschluss solcher förmlichen Verfahren festgelegt. Ihre Dauer hängt von mehreren Faktoren ab, so etwa von der Komplexität des jeweiligen Falles, der Bereitschaft des betroffenen Unternehmens zur Zusammenarbeit mit der Kommission sowie der Ausübung der Verteidigungsrechte.
Die Einleitung eines förmlichen Verfahrens greift überdies in keiner Weise dem Ergebnis der Untersuchung vor und lässt auch andere Verfahren unberührt, die die Kommission nach anderen Artikeln des Gesetzes über digitale Dienste einleiten kann.
Ebenso wenig schließt das Verfahren künftige Durchsetzungsmaßnahmen aus, die von den nationalen Verbraucherschutzbehörden des Netzwerks für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) bezüglich der Verpflichtungen Temus aus dem Verbraucherschutzrecht der Union ergriffen werden können. Die Kommission wird ihre Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden bei der Durchsetzung des Gesetzes über digitale Dienste fortsetzen, unter anderem über die spezielle Arbeitsgruppe zu Verbrauchern und Online-Marktplätzen des Europäischen Gremiums für digitale Dienste und die Koordinatoren für digitale Dienste.
Darüber hinaus schließt die Einleitung eines förmlichen Verfahrens Maßnahmen und Beschlüsse nicht aus, die von den Marktüberwachungsbehörden auf der Grundlage der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit (ab dem 13. Dezember 2024: Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit) getroffen werden können.
Hintergrund
Temu wurde am 31. Mai 2024 im Rahmen des EU-Gesetzes über digitale Dienste als sehr große Online-Plattform (VLOP) benannt, nachdem das Unternehmen gemeldet hatte, dass es mehr als 45 Millionen aktive monatliche Nutzerinnen und Nutzer in der EU hat. Vier Monate nach seiner Benennung musste Temu den strengeren Verpflichtungen nachkommen, die gemäß dem Gesetz über digitale Dienste für sehr große Online-Plattformen gelten. Dazu gehört die Verpflichtung, systemische Risiken, die sich aus seinem Dienst ergeben, ordnungsgemäß zu bewerten und zu mindern. Temu meldete im September 2024 92 Millionen monatliche Nutzerinnen und Nutzer. (Europäische Kommission: ra)
eingetragen: 11.11.24
Newsletterlauf: 14.01.25
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