Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Mit EU-Beihilfevorschriften im Einklang?


Staatliche Beihilfen: Kommission leitet eingehende Prüfung zu Maßnahmen für Ryanair am Flughafen Frankfurt-Hahn ein
Geprüft wird, ob regionale und lokale Behörden in Deutschland Ryanair unter Verstoß gegen die Vorschriften einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber den Wettbewerbern verschafft haben



Die Europäische Kommission hat eine eingehende Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob bestimmte Maßnahmen zugunsten von Ryanair am Flughafen Frankfurt-Hahn mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen. Darüber hinaus wird sie auch bestimmte Maßnahmen zugunsten des Flughafenbetreibers FFHG prüfen.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte hierzu: "Ein fairer Wettbewerb ist nicht nur für die Verbraucher, die Beschäftigung und das Wachstum, sondern auch für die Luftverkehrsunternehmen von entscheidender Bedeutung. Wir werden prüfen, ob regionale und lokale Behörden in Deutschland Ryanair unter Verstoß gegen die Vorschriften einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber den Wettbewerbern verschafft haben, der anderen Fluggesellschaften schaden und sich auf andere Regionen Europas auswirken kann."

Der Regionalflughafen Frankfurt-Hahn liegt in Rheinland-Pfalz, rund 120 km westlich von Frankfurt am Main. Auf dem Flughafen werden jährlich rund 2,5 Mio. Fluggäste abgefertigt, und auch das Luftfrachtaufkommen ist erheblich. Betrieben wird der Flughafen von der Flughafengesellschaft Frankfurt-Hahn GmbH (FFHG), die von 2009 bis 2017 vom Land Rheinland-Pfalz kontrolliert wurde. Am 1. März 2017 übernahm die HNA Group 82,5 Prozent der FFHG.

Bei der Kommission ist eine Beschwerde über bestimmte Maßnahmen zugunsten von Ryanair in Bezug auf dessen Tätigkeiten am Flughafen Frankfurt-Hahn sowie über andere Maßnahmen zugunsten des Flughafenbetreibers FFHG eingegangen. Dem Beschwerdeführer zufolge handelt es sich bei diesen Maßnahmen um rechtswidrige staatliche Beihilfen zugunsten von Ryanair bzw. FFHG.

In Bezug auf Ryanair hat die Kommission nach einer Vorprüfung beschlossen, ein eingehendes Prüfverfahren einzuleiten, das sich auf folgende Maßnahmen erstrecken wird:

>> bestimmte Marketingverträge, die vor 2009 zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und Ryanair geschlossen wurden, als der Staat nicht Mehrheitsgesellschafter des Flughafenbetreibers FFHG war;

>> mehrere andere Verträge, in denen die finanziellen Beziehungen zwischen Ryanair und FFHG geregelt sind und die zwischen 2009 und 2017 geschlossen wurden, als FFHG vom Land Rheinland-Pfalz kontrolliert wurde. Diese Verträge betreffen unter anderem Flughafendienstleistungsverträge, eine Ausbildungsbeihilfe für Ryanair sowie die Finanzierung einer Crew- und Pilotenschule und einer Wartungshalle für Ryanair.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat die Kommission Bedenken, dass die in Rede stehenden Verträge Ryanair einen ungerechtfertigten wirtschaftlichen Vorteil gegenüber Wettbewerbern verschaffen könnten, der möglicherweise eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe zugunsten von Ryanair darstellt.
Die Kommission wird nun eingehend prüfen, ob ihre anfänglichen Bedenken gerechtfertigt sind.

In Bezug auf den Flughafenbetreiber FFHG hat die Kommission
>> eine eingehende Untersuchung zu zwei Maßnahmen des Landes Rheinland-Pfalz eingeleitet, um zu prüfen, ob diese Maßnahmen mit den EU-Beihilfevorschriften und insbesondere mit den Leitlinien der Kommission für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften im Einklang stehen. Die erste Maßnahme betrifft eine FFHG gewährte Bürgschaft für den Verkauf von Grundstücken an ein Flugzeugswartungsunternehmen und die zweite Maßnahme den Verkauf eines Grundstücks durch FFHG;

>> den Schluss gezogen, dass die anderen Maßnahmen zugunsten von FFHG, die Gegenstand der Beschwerde sind, entweder keine staatlichen Beihilfen darstellen oder aber mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen.

Die Einleitung einer eingehenden Prüfung gibt Beteiligten die Möglichkeit, zu den geprüften Maßnahmen Stellung zu nehmen. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.

Hintergrund
In den Leitlinien der Kommission für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften (siehe MEMO) sind die Voraussetzungen festgelegt, unter denen Investitions- und Betriebsbeihilfen für Regionalflughäfen zulässig sind. So müssen diese Beihilfen z. B. die Anbindung des betreffenden Gebiets verbessern, der Überlastung des Luftraums an großen Drehkreuz-Flughäfen entgegenwirken oder die regionale Entwicklung begünstigen und auf das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß beschränkt sein.

Nach den Leitlinien können Regionalflughäfen oder regionale Behörden unter bestimmten Voraussetzungen staatliche Beihilfen einsetzen, um preisbewusste Fluggesellschaften anzuziehen. Solche Beihilfen werden in der Regel in Form von niedrigen oder ermäßigten Flughafenentgelten, Erfolgsprämien oder Marketingzahlungen gewährt.

Regionalflughäfen, die im öffentlichen Eigentum stehen, dürfen Fluggesellschaften attraktive Konditionen bieten, damit diese den Flughafen anfliegen und das Verkehrsaufkommen dort steigern. Die Konditionen dürfen allerdings grundsätzlich nicht günstiger sein als die Konditionen, die ein gewinnorientierter Flughafenbetreiber unter gleichen Umständen anbieten würde (Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten). Wird dieser Grundsatz eingehalten, stellen die Konditionen keine staatliche Beihilfe für die Fluggesellschaften dar und müssen von der Kommission nicht geprüft werden. Andernfalls liegt eine staatliche Beihilfe vor, deren Vereinbarkeit mit den EU-Beihilfevorschriften zu prüfen ist.

Die Kommission hat in den vergangenen Jahren bereits eine Reihe von Beschlüssen zu Beihilfen erlassen, die Fluggesellschaften gewährt wurden, damit diese Kapazitäten an einem bestimmten Flughafen aufbauen oder aufstocken. Wie sich zeigte, verstießen diese Beihilfen häufig gegen die Beihilfevorschriften, so beispielsweise bei den Flughäfen Nîmes, Pau und Angoulême in Frankreich, Zweibrücken und Altenburg-Nobitz in Deutschland, Klagenfurt in Österreich, Cagliari und Olbia auf Sardinien sowie Alghero in Italien. Im Juli 2018 leitete die Kommission ein förmliches Prüfverfahren zu einer mutmaßlichen staatlichen Beihilfe für Ryanair auf dem französischen Flughafen Montpellier ein.

In Bezug auf den Flughafen Frankfurt-Hahn hat die Kommission bereits 2014 und 2017 in drei verschiedenen Beschlüssen Maßnahmen zugunsten des Flughafenbetreibers genehmigt.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 02.11.18
Newsletterlauf: 12.12.18


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Rahmen für grüne NGEU-Anleihen

    Mehr als drei Jahre nach der ersten Transaktion mit unseren grünen Anleihen im Rahmen von NextGenerationEU (NGEU) hat die EU grüne NGEU-Anleihen im Wert von insgesamt mehr als 65 Mrd. EUR ausgegeben und ist damit auf dem besten Weg, zum weltweit größten Emittenten grüner Anleihen zu werden.

  • Maßnahmen des CPC-Netzes gegen Apple

    Im Anschluss an eine koordinierte Untersuchung auf europäischer Ebene haben das Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) und die Europäische Kommission Apple über mehrere potenziell verbotene Geoblocking-Praktiken unterrichtet, die das CPC-Netz bei bestimmten Apple Media Services festgestellt hat, nämlich den Mediendiensten App Store, Apple Arcade, Music, iTunes Store, Books und Podcasts.

  • Verwaltungskosten für Unternehmen senken

    Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, ein einheitliches digitales Meldeportal für Unternehmen einzurichten, die Dienstleistungen erbringen und Arbeitnehmer vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsenden, das als "entsandte Arbeitnehmer" bezeichnet wird.

  • Diskriminierende steuerliche Behandlung

    Die Europäische Kommission hat entschieden, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land es versäumt hat, eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 AEUV und Artikel 40 des EWR-Abkommens) zu beseitigen, die durch die diskriminierende steuerliche Behandlung von reinvestierten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien bedingt war.

  • Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Facebook

    Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße in Höhe von 797,72 Mio. EUR gegen Meta verhängt, weil das Unternehmen gegen die EU-Kartellvorschriften verstößt, indem es seinen Online-Kleinanzeigendienst Facebook Marketplace mit seinem persönlichen sozialen Netzwerk Facebook verknüpft und anderen Anbietern von Online-Kleinanzeigendiensten unfaire Handelsbedingungen auferlegt hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen