Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Wettbewerbsbedenken in Bezug auf Vertragsklauseln


Kartellrecht: Kommission bittet im Rahmen von Pay-TV-Untersuchung um Stellungnahmen zu den Verpflichtungsangeboten von Paramount Pictures
Die Kommission vertritt vorläufig die Auffassung, dass verschiedene Klauseln den grenzübergreifenden Wettbewerb zwischen Pay-TV-Sendern ausschalten und den Binnenmarkt entlang nationaler Grenzen aufteilen



Die Europäische Kommission gibt betroffenen Marktteilnehmern die Möglichkeit, zu den Verpflichtungsangeboten Stellung zu nehmen, mit denen Paramount Pictures die Wettbewerbsbedenken der Kommission in Bezug auf Vertragsklauseln, die das grenzüberschreitende Angebot von Pay-TV-Diensten verhindern, ausräumen möchte. Die Bedenken der Kommission beziehen sich auf bestimmte Klauseln einer Filmlizenzvereinbarung zwischen Sky UK und Paramount Pictures. Die Klauseln könnten Sky UK daran hindern, europäischen Verbrauchern außerhalb des Vereinigten Königreichs und Irlands, die an der Abonnierung seiner Pay-TV-Pakete interessiert sind, Zugang zu seinen Diensten zu geben. Die Kommission informierte Paramount Pictures, fünf andere große Filmstudios und Sky UK in einer Mitteilung der Beschwerdepunkte im Juli 2015 über ihre Bedenken.

Die in Rede stehenden Klauseln der Vereinbarung schreiben unter anderem Folgendes vor:

>> Sky UK ist verpflichtet, den Zugang zu seinen Online-Diensten je nach Standort eines Verbrauchers zu blockieren (sogenanntes "Geoblocking");
>> Sky UK darf Anfragen in Bezug auf lizenzierte Filme über das Internet außerhalb des Vereinigten Königreichs und Irlands nicht nachkommen, auch wenn es für seine Dienste im Ausland keine aktive Verkaufsförderung oder Werbung betrieben hat (sogenannte "passive Verkäufe");
>> Paramount Pictures muss sicherstellen, dass Sender in anderen Mitgliedstaaten keine passiven Verkäufe von Pay-TV-Diensten in das Vereinigte Königreich oder Irland tätigen.

Die Kommission vertritt, wie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegt, vorläufig die Auffassung, dass diese verschiedenen Klauseln den grenzübergreifenden Wettbewerb zwischen Pay-TV-Sendern ausschalten und den Binnenmarkt entlang nationaler Grenzen aufteilen. Wenn kein stichhaltiger Grund für diese Klauseln vorliegt, stellen sie einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Vorschriften der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) dar, nach denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen verboten sind (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 53 des EWR-Abkommens).

Die Verpflichtungsangebote
Um die Wettbewerbsbedenken der Kommission auszuräumen, übermittelte Paramount Pictures folgende Verpflichtungsangebote:

>> Paramount bietet an, keine Pay-TV-Output-Lizenzvereinbarungen im Sinne der Verpflichtungsangebote abzuschließen, zu verlängern oder auszuweiten, die in Bezug auf ein bzw. mehrere Gebiete im EWR Folgendes (wieder) einführen:

## vertragliche Verpflichtungen der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte beschriebenen Art, die einen Pay-TV-Sender daran hindern bzw. in seinen Möglichkeiten einschränken, unangeforderten Anfragen von Verbrauchern nachzukommen, die zwar im EWR, aber außerhalb des Lizenzgebiets des Pay-TV-Senders ansässig sind, ("Sender-Verpflichtung") und

## vertragliche Verpflichtungen der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte beschriebenen Art, nach denen Paramount es in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Pay-TV-Sendern untersagen bzw. sie in ihren Möglichkeiten einschränken muss, unangeforderten Anfragen von Verbrauchern nachzukommen, die im Lizenzgebiet des Pay-TV-Senders, der die Vereinbarung geschlossen hat, ansässig sind ("Paramount-Verpflichtung");

>> Paramount bietet an, gegen etwaige Verletzungen von Sender-Verpflichtungen in bestehenden Pay-TV-Output-Vereinbarungen nicht gerichtlich vorzugehen und

>> Paramount bietet an, Paramount-Verpflichtungen in bestehenden Pay-TV-Output-Vereinbarungen weder direkt noch indirekt zu erfüllen oder durchzusetzen.

Die Verpflichtungen würden für einen Zeitraum von fünf Jahren gelten, und zwar sowohl für Standard-Pay-TV-Dienste als auch, soweit in der Lizenz (oder einer (mehreren) separaten Lizenz(en)) mit einem Sender enthalten, für Video-on-Demand-Abonnementdienste. Die Verpflichtungen würden sich sowohl auf Online- als auch auf Satellitensendedienste beziehen.

Eine Zusammenfassung der Verpflichtungsangebote wurde im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Betroffene Marktteilnehmer können innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung der Verpflichtungsangebote dazu Stellung nehmen. Der vollständige Wortlaut der Verpflichtungsangebote wird auf der Website für diese Wettbewerbssache veröffentlicht.

Hintergrund
Die Kommission hat im Januar 2014 ein förmliches Kartellverfahren eingeleitet, um die Klauseln in Pay-TV-Output-Vereinbarungen zwischen Sky UK und großen US-amerikanischen Filmstudios unter die Lupe zu nehmen. Im Juli 2015 erließ die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie die vorläufige Auffassung vertrat, dass bestimmte Klauseln der Pay-TV-Output-Vereinbarungen zwischen sechs US-amerikanischen Filmstudios und Sky UK unter anderem den passiven Verkauf der Pay-TV-Dienste von Sky UK einschränkten.

Die Untersuchung der Kommission in Bezug auf das Verhalten von Disney, NBC Universal, Sony, Twentieth Century Fox, Warner Bros und Sky (einschließlich des Verhaltens von Sky in Bezug auf die oben genannten Klauseln in Lizenzvereinbarungen zwischen Paramount und Sky) ist noch nicht abgeschlossen.

Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens verbieten Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern oder einschränken können. Nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung 1/2003 können Unternehmen, die von einer Untersuchung der Kommission betroffen sind, Verpflichtungen anbieten, um die Bedenken der Kommission auszuräumen. Die Kommission kann diese Verpflichtungszusagen dann im Wege eines Beschlusses für bindend für die Unternehmen erklären. Artikel 27 Absatz 4 der Verordnung 1/2003 sieht vor, dass die Kommission vor dem Erlass eines solchen Beschlusses betroffenen Marktteilnehmern Gelegenheit gibt, zu den Verpflichtungsangeboten Stellung zu nehmen.

Wenn der Markttest ergibt, dass die Verpflichtungsangebote geeignet sind, die Wettbewerbsbedenken der Kommission auszuräumen, kann die Kommission sie mittels Beschluss für Paramount Pictures für bindend erklären (Artikel 9 der EU-Fusionskontrollverordnung 1/2003). Gegenstand eines solchen Beschlusses ist nicht die Feststellung, dass ein Verstoß gegen die EU-Kartellvorschriften vorliegt, sondern die rechtliche Verpflichtung von Paramount Pictures, die angebotenen Verpflichtungen zu erfüllen.

Hält ein Unternehmen sich nicht an die Verpflichtungen, kann die Kommission eine Geldbuße in Höhe von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens verhängen, ohne einen Verstoß gegen die Kartellvorschriften feststellen zu müssen.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 24.04.16
Home & Newsletterlauf: 24.05.16


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Rahmen für grüne NGEU-Anleihen

    Mehr als drei Jahre nach der ersten Transaktion mit unseren grünen Anleihen im Rahmen von NextGenerationEU (NGEU) hat die EU grüne NGEU-Anleihen im Wert von insgesamt mehr als 65 Mrd. EUR ausgegeben und ist damit auf dem besten Weg, zum weltweit größten Emittenten grüner Anleihen zu werden.

  • Maßnahmen des CPC-Netzes gegen Apple

    Im Anschluss an eine koordinierte Untersuchung auf europäischer Ebene haben das Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) und die Europäische Kommission Apple über mehrere potenziell verbotene Geoblocking-Praktiken unterrichtet, die das CPC-Netz bei bestimmten Apple Media Services festgestellt hat, nämlich den Mediendiensten App Store, Apple Arcade, Music, iTunes Store, Books und Podcasts.

  • Verwaltungskosten für Unternehmen senken

    Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, ein einheitliches digitales Meldeportal für Unternehmen einzurichten, die Dienstleistungen erbringen und Arbeitnehmer vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsenden, das als "entsandte Arbeitnehmer" bezeichnet wird.

  • Diskriminierende steuerliche Behandlung

    Die Europäische Kommission hat entschieden, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land es versäumt hat, eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 AEUV und Artikel 40 des EWR-Abkommens) zu beseitigen, die durch die diskriminierende steuerliche Behandlung von reinvestierten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien bedingt war.

  • Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Facebook

    Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße in Höhe von 797,72 Mio. EUR gegen Meta verhängt, weil das Unternehmen gegen die EU-Kartellvorschriften verstößt, indem es seinen Online-Kleinanzeigendienst Facebook Marketplace mit seinem persönlichen sozialen Netzwerk Facebook verknüpft und anderen Anbietern von Online-Kleinanzeigendiensten unfaire Handelsbedingungen auferlegt hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen