Markt für Datensicherheitslösungen
Fusionskontrolle: Europäische Kommission genehmigt Übernahme von Gemalto durch Thales unter Auflagen
Thales und Gemalto sind sowohl im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) als auch auf globaler Ebene die beiden größten Hersteller von vielseitig verwendbaren Hardware-Sicherheitsmodulen
Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme von Gemalto durch Thales nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Die Genehmigung ist an die Bedingung geknüpft, dass Thales ihre Sparte für vielseitig verwendbare Hardware-Sicherheitsmodule veräußert. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte hierzu: "Die Bedeutung von Datensicherheitslösungen zum Schutz wichtiger sozialer, geschäftlicher und personenbezogener Informationen nimmt zu. Mit dem Beschluss wird der Weg für einen starken europäischen Akteur auf diesem Markt geebnet, gleichzeitig jedoch auch sichergestellt, dass die Kunden infolge der Übernahme nicht auf faire Preise und innovative Produkte verzichten müssen. Mit Blick auf dieses Ziel haben wir das Vorhaben unter der Auflage genehmigt, dass Thales wirksame Abhilfemaßnahmen anbietet, mit denen gewährleistet wird, dass der Wettbewerb auf diesem wichtigen Markt in vollem Umfang erhalten bleibt."
Dem Beschluss war eine eingehende Prüfung der von Thales geplanten Übernahme von Gemalto vorausgegangen. Im Rahmen des Vorhabens würden die Tätigkeiten von Thales und Gemalto auf dem Gebiet der vielseitig verwendbaren Hardware-Sicherheitsmodule (HSM) zusammengeführt. Diese Datensicherheitsprodukte sind mit Verschlüsselungssoftware betriebene Geräte zur Generierung, zum Schutz und zur Verwaltung von Verschlüsselungscodes, die dem Schutz von Daten in einem manipulationssicheren Modul dienen.
Thales und Gemalto sind sowohl im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) als auch auf globaler Ebene die beiden größten Hersteller von vielseitig verwendbaren Hardware-Sicherheitsmodulen.
Die Untersuchung der Kommission
Gegenstand der eingehenden Prüfung der Kommission waren
>> das Ausmaß, in dem die Unternehmen im Wettbewerb zueinander stehen,
>> die mögliche Reaktion der Wettbewerber des aus der Übernahme hervorgehenden Unternehmens und
>> die Fähigkeit softwaregestützter Lösungen, ein ebenso hohes Sicherheitsniveau wie Hardware-Sicherheitsmodule zu erreichen und folglich mit diesen zu konkurrieren.
Im Rahmen ihrer eingehenden Prüfung holte die Kommission umfangreiche Informationen ein und erhielt Rückmeldungen von Kunden und Wettbewerbern von Thales und Gemalto sowie von anderen Interessenträgern.
Im Anschluss an die eingehende Prüfung kam die Kommission zu dem Schluss, dass i) vielseitig verwendbare Hardware-Sicherheitsmodule und ii) Hardware-Sicherheitsmodule für den Zahlungsverkehr, die zur Absicherung der Zahlungsabwicklung verwendet werden, separaten Produktmärkten angehören. Die beiden Produkte unterliegen unterschiedlichen Hardware- und Softwareanforderungen und werden in der Regel zur Absicherung unterschiedlicher Vorgänge verwendet.
Was vielseitig verwendbare Hardware-Sicherheitsmodule anbelangt, so kam die Kommission zu dem Schluss, dass der geplante Zusammenschluss dazu führen würde, dass Thales und Gemalto gemeinsam sehr hohe Marktanteile erhalten und keinen Wettbewerbsdruck mehr aufeinander ausüben würden. Die Kommission stellte weiter fest, dass Anbieter von Cloud-gestützten Hardware-Sicherheitsmodulen heute keinen starken Wettbewerbsdruck auf dem Markt ausüben und dies wohl auch in naher Zukunft nicht tun werden. Folglich hätte das Vorhaben in seiner ursprünglich angemeldeten Form infolge des Rückgangs der Zahl der Wettbewerber auf dem Markt für vielseitig verwendbare Hardware-Sicherheitsmodule und aufgrund der verringerten Anreize für das neu entstehende Unternehmen, wirksam am Wettbewerb teilzunehmen, wahrscheinlich zu höheren Preisen, einer geringeren Auswahl für die Kunden und weniger Innovation geführt.
In Bezug auf Hardware-Sicherheitsmodule für den Zahlungsverkehr kam die Kommission zu dem Schluss, dass der geplante Zusammenschluss keine Auswirkungen auf das Dienstleistungs- oder Preisniveau haben dürfte, da Gemalto auf diesem Markt eine geringe Rolle spielt. Die Kommission stellte ferner fest, dass das aus der Übernahme hervorgehende Unternehmen auch weiterhin erheblichem Wettbewerbsdruck durch andere auf diesem Markt tätige Unternehmen ausgesetzt sein wird.
Die vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen
Um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission auszuräumen, bot Thales an, ihre unter dem Namen "nShield" vermarktete weltweite Sparte für vielseitig verwendbare Hardware-Sicherheitsmodule an einen geeigneten Käufer zu veräußern‚ der weiter an der Entwicklung des Produkts arbeiten wird. Der Käufer sollte über umfangreiche Erfahrungen auf einem Gebiet verfügen, das eng mit dem der Hardware-Sicherheitsmodule verbunden ist, und bei den Kunden im EWR ein hohes Ansehen genießen.
Durch die angebotenen Verpflichtungen werden die Überschneidungen zwischen den Tätigkeiten von Thales und Gemalto auf dem Markt für vielseitig verwendbare Hardware-Sicherheitsmodule, zu denen die Kommission wettbewerbsrechtliche Bedenken geäußert hatte, vollständig beseitigt.
Deshalb ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass die geplante Übernahme unter Berücksichtigung der Verpflichtungszusagen den Wettbewerb nicht gefährdet. Der Genehmigungsbeschluss der Kommission unterliegt der Auflage, dass die Zusagen vollständig erfüllt werden.
Die Kommission hat während der gesamten Untersuchung eng mit nationalen Wettbewerbsbehörden und insbesondere mit dem US-Justizministerium zusammengearbeitet.
Unternehmen und Produkte
Die Unternehmensgruppe Thales mit Sitz in Frankreich ist weltweit in der Entwicklung und Herstellung elektrischer Systeme sowie in den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Landverkehr und Verteidigungs- und Sicherheitssysteme tätig.
Gemalto mit Sitz in den Niederlanden ist ein internationales Unternehmen für digitale Sicherheit, das unter anderem in den Bereichen mobile Lösungen für integrierte Software und damit verbundene Produkte, Smart Cards, M2M-Lösungen (Internet der Dinge) und Unternehmenssicherheit tätig ist.
Fusionskontrollvorschriften und -verfahren
Das Vorhaben wurde am 18. Juni 2018 bei der Kommission zur Genehmigung angemeldet.
Die Kommission hat die Aufgabe, Fusionen und Übernahmen von Unternehmen zu prüfen, deren Umsatz bestimmte Schwellenwerte übersteigt (vgl. Artikel 1 der Fusionskontrollverordnung), und Zusammenschlüsse zu untersagen, die den wirksamen Wettbewerb im gesamten oder in einem wesentlichen Teil des Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) erheblich behindern würden.
Der weitaus größte Teil der angemeldeten Zusammenschlüsse ist wettbewerbsrechtlich unbedenklich und wird nach einer Standardprüfung genehmigt. Nach der Anmeldung muss die Kommission in der Regel innerhalb von 25 Arbeitstagen entscheiden, ob sie das Vorhaben im Vorprüfverfahren (Phase I) genehmigt oder ein eingehendes Prüfverfahren (Phase II) einleitet.
Derzeit laufen sieben weitere eingehende Prüfverfahren (Phase II). Diese beziehen sich auf die geplante Übernahme von VDM durch Aperam, die geplante Übernahme von Embraco, der Kühlkompressorensparte von Whirlpool, durch Nidec, die geplante Übernahme bestimmter Vermögenswerte von Liberty Global durch Vodafone, die geplante Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch Tata Steel und ThyssenKrupp, die geplante Übernahme der Walzproduktsparte von Aurubis und des Gemeinschaftsunternehmens Schwermetall durch Wieland, die geplante Übernahme von Alstom durch Siemens, und die geplante Übernahme des Nylon-Geschäfts von Solvay durch BASF.
(Europäische Kommission: ra)
eingetragen: 28.12.18
Newsletterlauf: 28.01.19
Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>