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Zerschlagung von Kartellen


Kartellrecht: Europäische Kommission verhängt in Vergleichsverfahren Geldbußen von 137.789.000 EUR gegen Automobilzulieferer
Beschluss ist Teil weitreichender Ermittlungen zu mutmaßlichen Kartellen in der Automobilzulieferindustrie

(18.02.16) - Die Europäische Kommission hat Melco (Mitsubishi Electric) und Hitachi wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell mit dem Unternehmen Denso mit Geldbußen von 137.789 .000 EUR belegt, da ihre Absprachen in Bezug auf Generatoren und Anlasser gegen das EU-Kartellrecht verstießen. Denso wurde die Geldbuße erlassen, weil das Unternehmen als Kronzeuge die Kommission von dem Kartell in Kenntnis gesetzt hatte. Alle drei Unternehmen räumten ihre Kartellbeteiligung ein und stimmten einem Vergleich zu.

Mehr als fünf Jahre lang stimmten die drei japanischen Autoteile-Hersteller ihre Preise für Generatoren und Anlasser ab und teilten Kunden und Projekte, bei denen es um diese beiden wichtigen Automobilbauteile ging, untereinander auf. Selbst wenn die Gespräche zur Bildung des Kartells und zur laufenden Abstimmung des Wettbewerbsverhaltens außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) geführt wurden, so betraf das Kartell auch europäische Kunden, da die Generatoren und Anlasser auch direkt an Automobilhersteller im EWR verkauft wurden.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte: "Die Zerschlagung von Kartellen zählt weiterhin zu den wichtigsten Prioritäten der Kommission, vor allem wenn es um so ein wichtiges Produkt wie das Auto geht. Der Beschluss gilt drei Autoteile-Herstellern, deren wettbewerbswidriges Verhalten dazu führte, dass eine Reihe von Automobilbauern, die in Europa Autos verkaufen, höhere Kosten für Bauteile tragen mussten, weshalb letztlich auch europäische Autokäufer mehr bezahlen mussten. Wenn ein Kartell europäischen Verbrauchern schadet, wird die Kommission eine dagegen vorgehen, selbst wenn die Kartellabsprachen außerhalb Europas getroffen wurden."

Die Kommission stellte im Zuge ihrer Untersuchung fest, dass sich Vertreter der Unternehmen zwischen September 2004 und Februar 2010 regelmäßig in ihren Büroräumen und in Restaurants trafen und sich per Telefon abstimmten, um den Wettbewerb untereinander zu begrenzen. Das wettbewerbswidrige Verhalten der drei Unternehmen umfasste konkret:

>> die Abstimmung ihrer Reaktionen auf bestimmte Ausschreibungen von Automobilherstellern. Dabei wurden insbesondere die Angebotspreise festgelegt und vereinbart, wer den Zuschlag erhalten sollte;
>> die Aufteilung bestimmter Kunden und Projekte, für die Generatoren und Anlasser zu liefern waren;
>> den Austausch sensibler Geschäftsinformationen wie Preiselemente und Marktstrategien.

Geldbußen
Die Geldbußen wurden nach den Geldbußenleitlinien der Kommission von 2006 festgesetzt.

Ausschlaggebend für die Höhe der Geldbußen waren einerseits der (am Umsatz gemessene) Wert der von den Kartellmitgliedern an Automobilhersteller im EWR verkauften Generatoren und Anlasser und andererseits die Schwere des Verstoßes, die geografische Reichweite des Kartells und seine. Dauer. Erschwerend kam hinzu, dass Hitachi und Melco bereits früher gegen EU-Kartellvorschriften verstoßen hatten. Darüber hinaus berücksichtigte die Kommission die geringere Kartellbeteiligung von Hitachi.

Auf der Grundlage der Kronzeugenregelung der Kommission von 2006 wurde Denso die Geldbuße, die über 157 Mio. EUR betragen hätte, vollständig erlassen, da das Unternehmen die Kommission über die Existenz des Kartells informiert hatte.

Die Geldbußen von Hitachi und Melco wurden ermäßigt, um ihre Zusammenarbeit mit der Kommission bei den Ermittlungen zu berücksichtigen. Die Höhe der Ermäßigung richtet sich danach, wann die Unternehmen ihre Zusammenarbeit angeboten haben und inwiefern die von ihnen vorgelegten Beweismittel zum Nachweis des Kartells beigetragen haben.

Im Einklang mit ihrer Mitteilung über Vergleichsverfahren von 2008 minderte die Kommission die Geldbußen aller Kartellmitglieder um 10 Prozent, da die Unternehmen ihre Beteiligung am Kartell einräumten und die Verantwortung dafür übernahmen.

Hintergrund
Nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens sind Kartelle und andere wettbewerbswidrige Verhaltensweisen untersagt. Die Kommission leitete die Untersuchung ein, als Denso unter Inanspruchnahme der Kronzeugenregelung die Existenz des Kartells offenlegte und einen Antrag auf Geldbußenerlass stellte.

Der jetzige Beschluss ist Teil weitreichender Ermittlungen zu mutmaßlichen Kartellen in der Automobilzulieferindustrie. Die Kommission hat bereits Geldbußen gegen Anbieter von Kfz-Wälzlagern, von Kfz-Kabelbäumen, von Weichschaum, der unter anderem in Autositzen verwendet wird, und von Kfz-Standheizungen verhängt. Weitere laufende Verfahren betreffen beispielsweise Sicherheitssysteme für Fahrzeuginsassen, Thermosysteme und Auspuffsysteme.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden weitere Informationen zu diesem Kartellfall unter der Nummer 40028 im öffentlich zugänglichen Register der Kommission auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb veröffentlicht. Weitere Informationen über die Maßnahmen der Kommission gegen Kartelle finden sich auf ihrer Website unter der Rubrik Kartelle.

Das Vergleichsverfahren
Mit dem jetzigen Beschluss wird der 20. Vergleich seit der Einführung dieses Verfahrens für Kartelle im Juni 2008 geschlossen. In einem Vergleich erkennen Unternehmen an, dass sie an einem Kartell beteiligt waren, und übernehmen die Verantwortung dafür. Dann kann die Kommission auf der Grundlage der Kartellverordnung 1/2003 ein einfacheres und kürzeres Verfahren anwenden. Die Vorteile eines Vergleichs liegen auf der Hand: Die Verbraucher und Steuerzahler haben geringere Kosten zu tragen, in der Kartellrechtsdurchsetzung werden Ressourcen für die Bearbeitung anderer Fälle frei und die Unternehmen können schneller mit einem Beschluss rechnen und zahlen eine um 10Prozent verringerte Geldbuße.

Bislang hat die Kommission in 19 Fällen Vergleiche mit den Kartellmitgliedern erzielt. Diese betrafen PC-Arbeitsspeicher (DRAM), Futterphosphate, Waschpulver, Glas für Kathodenstrahlröhren, Kühlkompressoren, Water-Management-Produkte, Kabelbäume, Euro- und Yen-Zinsderivate, Polyurethan-(PU-)Schaumstoff, Strombörsen, Wälzlager, Stahl-Strahlmittel, Pilze, Schweizer-Franken-Zins-Derivate, Geld-Brief-Spannen, Briefumschläge, Standheizungen und Ganzzüge.

Schadensersatzklagen
Alle Personen und Unternehmen, die durch das beschriebene wettbewerbswidrige Verhalten geschädigt wurden, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 des Rates gelten Kommissionsbeschlüsse in Gerichtsverfahren vor einzelstaatlichen Gerichten als rechtskräftiger Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden und gegen geltendes Recht verstoßen hat. Selbst wenn die Kommission gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen verhängt hat, kann Schadensersatz gewährt werden. Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird dabei nicht mindernd angerechnet.

Die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen, die die Mitgliedstaaten bis zum 27. Dezember 2016 in nationales Recht umsetzen müssen, macht es für die Opfer von Kartellrechtsverstößen einfacher, Schadensersatz durchzusetzen. (Europäische Kommission: ra)


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