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Kartell gegen das EU-Kartellrecht


Kartellrecht: Europäische Kommission verhängt gegen vier Nordseegarnelenhändler Geldbußen von insgesamt 28 Mio. EUR wegen Preiskartell
Kartell hat den Wettbewerb auf dem Markt für Nordseegarnelen mehrere Jahre lang untergraben und damit Verbraucher in mehreren EU-Ländern geschädigt

(20.12.13) - Die Europäische Kommission hat vier europäische Nordseegarnelenhändler mit Geldbußen von insgesamt 28.716.000 EUR belegt, weil sie durch ihre Beteiligung an einem Kartell gegen das EU-Kartellrecht verstoßen haben. Dabei handelt es sich um die niederländischen Unternehmen Heiploeg, Klaas Puul und Kok Seafood sowie um das deutsche Unternehmen Stührk. Zwischen Juni 2000 und Januar 2009 trafen Heiploeg und Klaas Puul Preis- und Mengenabsprachen für den Verkauf von Nordseekrabben in Belgien, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden. Kok Seafood beteiligte sich mindestens ab Februar 2005 daran und Stührk traf Preisabsprachen für den deutschen Markt von März 2003 bis November 2007. Klaas Puul wurde die Geldbuße entsprechend der von der Kommission 2006 angenommenen Kronzeugenregelung vollständig erlassen, da dieses Unternehmen als erstes Informationen über das Kartell vorgelegt hatte.

Der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission Joaquín Almunia erklärte: "Dieses Kartell hat den Wettbewerb auf dem Markt für Nordseegarnelen mehrere Jahre lang untergraben und damit Verbraucher in mehreren EU-Ländern geschädigt. Es ist erstaunlich, wie detailliert die Nordseegarnelenhändler im Rahmen ihrer häufigen Kontakte vertrauliche Geschäftsinformationen erörterten. Dabei hatte die niederländische Wettbewerbsbehörde der Branche mit der Verurteilung einiger Händler bereits eine deutliche Warnung erteilt."

Die Abstimmung der Garnelenpreise für Einzelhändler wirkte sich direkt auf die Endverbraucherpreise aus. Die Größe des Markts ist – je nach Fangmenge und den gezahlten Preisen – von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich, liegt aber nie unter 100 Mio. EUR. Die Kartellmitglieder haben zusammen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) einen hohen Marktanteil, Schätzungen zufolge rund 80 Prozent.

Ziel des Kartells war es, die Marktanteile der Anbieter einzufrieren, damit sie leichter Preiserhöhungen vornehmen und eine höhere Rendite erzielen konnten. Betroffen waren der EU-Markt und insbesondere der Krabbenverkauf in Belgien, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden.

Das Kartell funktionierte über eine Reihe von informellen bilateralen Kontakten, in erster Linie zwischen Heiploeg und Klaas Puul, doch auch Stührk und Kok Seafood beteiligten sich an diesen Gesprächen. Dabei wurden vielerlei Aspekte des Garnelengeschäfts erörtert: die den Fischern gezahlten Preise, das Verhalten gegenüber anderen auf diesem Markt tätigen Händlern, die Marktaufteilung sowie die bestimmten wichtigen Kunden in Rechnung gestellten Preise, die oft den Richtpreis für andere Kunden bildeten.

Geldbußen
Die Geldbußen wurden nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 festgesetzt. Die Kommission berücksichtigte dabei den Umsatz der beteiligten Unternehmen mit den betreffenden Produkten in der Europäischen Union, die besondere Schwere des Verstoßes und seine Dauer. Da die Mehrzahl der an diesem Kartell beteiligten Unternehmen einen großen Teil ihres Umsatzes durch den Verkauf von Nordseegarnelen erzielen, durften die Geldbußen aller beteiligten Unternehmen entsprechend der in der Kartellverordnung vorgesehenen rechtlichen Obergrenze höchstens 10 Prozent ihres Gesamtumsatzes betragen. Die Kommission machte daher ausnahmsweise von ihrem Ermessen nach Ziffer 37 der Leitlinien Gebrauch und ermäßigte die Geldbußen, um die spezifischen Merkmale der Unternehmen und ihre unterschiedlich starke Beteiligung am Kartell zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass die Geldbußen für zwei der Unternehmen deutlich unter der rechtlichen Obergrenze liegen.

Zahlungsunfähigkeit
Eines der Unternehmen machte Zahlungsunfähigkeit im Sinne von Ziffer 35 der Geldbußen-Leitlinien aus dem Jahr 2006 geltend. Im Rahmen der eingehenden Prüfung des Antrags führte die Kommission eine finanzielle und qualitative Analyse der Fähigkeit des betreffenden Unternehmens und seiner Anteilseigner zur Zahlung der verhängten Geldbuße durch. Dabei berücksichtigte sie die wahrscheinlichen Auswirkungen der Zahlung auf die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des Unternehmens und prüfte auch, ob die Geldbuße dazu führen würde, dass die Aktiva des Unternehmens erheblich an Wert verlieren würden. Aufgrund des Ergebnisses der eingehenden Prüfung gab die Kommission dem Antrag nicht statt.

Hintergrund
Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verbietet Kartelle und wettbewerbswidrige Verhaltensweisen.

Die Ermittlungen der Kommission begannen mit unangemeldeten Nachprüfungen im März 2009 (siehe MEMO/09/142). Im Juli 2012 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Unternehmen (siehe IP/12/782), zu der sie Stellung nehmen und gehört werden konnten.

Das Wettbewerbsrecht spielt eine wichtige Rolle für die Lebensmittelversorgungskette. Ein Bericht des Europäischen Wettbewerbsnetzes aus dem Jahr 2012 zeigt, dass die effiziente Durchsetzung der Wettbewerbsregeln in der Lebensmittelbranche den Zugang der Unternehmen zu Lieferungen und Märkten erleichtert und zu niedrigeren Preisen für die Verbraucher beigetragen hat. Die Kommission hat mehrere Untersuchungen im Bereich Lebensmittel durchgeführt und arbeitet mit anderen europäischen Wettbewerbsbehörden zusammen, um die nach der Reform der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Fischereierzeugnisse geltenden Wettbewerbsregeln umzusetzen. Aufgrund von Befürchtungen, dass es zu einer Verschlechterung der Auswahl an Lebensmitteln und einer rückläufigen Innovationstätigkeit kommen könnte, hat die Kommission eine umfassende Untersuchung der Entwicklungen in der Lebensmittelbranche und den entscheidenden Faktoren für Auswahl und Innovation eingeleitet. Die Ergebnisse der Untersuchung werden 2014 veröffentlicht.

Weitere Informationen über den heutigen Beschluss stehen auf der Website der GD Wettbewerb über das öffentliche Register der Wettbewerbssachen unter der Nummer 39633 zur Verfügung, sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind. Unter der Rubrik cartels finden Sie Informationen über die Maßnahmen der Kommission gegen Kartelle.

Schadensersatzklagen
Alle Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadenersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs und der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates sind Kommissionsbeschlüsse ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Auch wenn die Kommission gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen verhängt hat, kann Schadenersatz gewährt werden, auf den die Geldbuße der Kommission nicht mindernd angerechnet wird.

Im Juni 2013 hat die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie angenommen, um Opfern wettbewerbswidriger Praktiken die Erlangung von Schadensersatz zu erleichtern. (Europäische Kommission: ra)


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