Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Unvereinbar mit EU-Telekommunikationsrecht


Digitale Agenda: Kommission eröffnet Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn wegen "Telekom-Steuer"
Im Oktober 2010 hatte die ungarische Regierung eine neue "Sondersteuer" für drei Wirtschaftssektoren eingeführt, nämlich den Einzelhandel, die Telekommunikations- und die Energiebranche


(18.03.11) - Die Europäische Kommission hat beschlossen, Ungarn ein förmliches Auskunftsersuchen zur neuen "Sondersteuer" zu übermitteln, die dem Telekommunikationssektor zur Erzielung höherer Steuereinnahmen auferlegt wurde. Ungarn hatte im Oktober 2010 besondere Abgaben für Telekom-Betreiber eingeführt. Die Kommission befürchtet, dass diese Steuer unvereinbar mit dem EU-Telekommunikationsrecht ist, wonach Sonderabgaben für Telekom-Betreiber nur dann zulässig sind, wenn sie in direktem Zusammenhang mit der Deckung von Regulierungskosten im Telekom-Sektor stehen.

Ungarn hat zwei Monate Zeit, um auf das Ersuchen, ein so genanntes Aufforderungsschreiben als erster Schritt des EU-Vertragsverletzungsverfahrens, zu reagieren. Erst unlängst hatte die Kommission beschlossen, Frankreich und Spanien wegen ähnlicher "Telekom-Steuern" beim Europäischen Gerichtshof zu verklagen.

Im Oktober 2010 hatte die ungarische Regierung eine neue "Sondersteuer" für drei Wirtschaftssektoren eingeführt, nämlich den Einzelhandel, die Telekommunikations- und die Energiebranche. Geltungsbereich und Höhe der Steuern sind je nach Branche und Umsatz individuell festgelegt: Für Telekom-Betreiber bewegen sich die Sätze je nach Gesamtumsatz (ohne Mehrwertsteuer) zwischen 0 Prozent und 6,5 Prozent.

Aufgrund der von den ungarischen Behörden übermittelten Informationen befürchtet die Kommission, dass mit der "Sondersteuer" für Telekom-Betreiber Kosten gedeckt werden sollen, die nicht mit der Verwaltung und Regulierung des Telekom-Sektors im Zusammenhang stehen, was im Widerspruch zum EU-Telekommunikationsrecht steht. Die "Sondersteuer" für 2010 war im letzten Dezember fällig und wurde von den Unternehmen bereits entrichtet. Die daraus resultierenden Mehreinnahmen werden mit jährlich rund 220 Mio. Euro veranschlagt.

Die ungarische Regierung hat nun zwei Monate Zeit, um auf das Auskunftsersuchen zu reagieren. Erhält die Kommission keine oder eine nicht zufriedenstellende Antwort hinsichtlich der Vereinbarkeit der "Sondersteuer" mit dem EU-Telekommunikationsrecht, so kann sie das Land in einer "mit Gründen versehenen Stellungnahme" auffordern, den EU-Vorschriften über die Besteuerung von Telekommunikationsunternehmen nachzukommen.

Die Anwendung der "Sondersteuer" auf Einzelhandelsunternehmen und Energieversorger wird von der Kommission derzeit noch untersucht.

Hintergrund
Die EU-Rechtsvorschriften im Telekommunikationsbereich, insbesondere Artikel 12 der Genehmigungsrichtlinie (2002/20/EG), sehen präzise Regeln für Verwaltungsabgaben vor, die die Mitgliedstaaten den Unternehmen auferlegen können, die Telekommunikationsdienste erbringen oder Telekommunikationsnetze bereitstellen dürfen. Telekom-Betreibern auferlegte Abgaben können lediglich zur Deckung bestimmter administrativer und mit der Regulierung zusammenhängender Kosten (hauptsächlich für Genehmigungen und Regulierungsaufgaben) erhoben werden und müssen zudem objektiv, transparent und angemessen sein. Darüber hinaus müssen die Beteiligten bei eventuellen Änderungen der Abgaben in geeigneter Weise konsultiert werden.

Internetseite zur Digitalen Agenda:
http://ec.europa.eu/information_society/digital-agenda/index_en.htm

Ein Überblick über Vertragsverletzungsverfahren im Telekommunikationsbereich ist abrufbar unter:
http://ec.europa.eu/information_society/policy/ecomm/implementation_enforcement/infringement/
(Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Rahmen für grüne NGEU-Anleihen

    Mehr als drei Jahre nach der ersten Transaktion mit unseren grünen Anleihen im Rahmen von NextGenerationEU (NGEU) hat die EU grüne NGEU-Anleihen im Wert von insgesamt mehr als 65 Mrd. EUR ausgegeben und ist damit auf dem besten Weg, zum weltweit größten Emittenten grüner Anleihen zu werden.

  • Maßnahmen des CPC-Netzes gegen Apple

    Im Anschluss an eine koordinierte Untersuchung auf europäischer Ebene haben das Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) und die Europäische Kommission Apple über mehrere potenziell verbotene Geoblocking-Praktiken unterrichtet, die das CPC-Netz bei bestimmten Apple Media Services festgestellt hat, nämlich den Mediendiensten App Store, Apple Arcade, Music, iTunes Store, Books und Podcasts.

  • Verwaltungskosten für Unternehmen senken

    Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, ein einheitliches digitales Meldeportal für Unternehmen einzurichten, die Dienstleistungen erbringen und Arbeitnehmer vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsenden, das als "entsandte Arbeitnehmer" bezeichnet wird.

  • Diskriminierende steuerliche Behandlung

    Die Europäische Kommission hat entschieden, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land es versäumt hat, eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 AEUV und Artikel 40 des EWR-Abkommens) zu beseitigen, die durch die diskriminierende steuerliche Behandlung von reinvestierten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien bedingt war.

  • Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Facebook

    Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße in Höhe von 797,72 Mio. EUR gegen Meta verhängt, weil das Unternehmen gegen die EU-Kartellvorschriften verstößt, indem es seinen Online-Kleinanzeigendienst Facebook Marketplace mit seinem persönlichen sozialen Netzwerk Facebook verknüpft und anderen Anbietern von Online-Kleinanzeigendiensten unfaire Handelsbedingungen auferlegt hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen