Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts


Kartellrecht: Europäische Kommission nimmt Interbankenentgelte von MasterCard unter die Lupe
Zusätzlich zu ihren Maßnahmen zur Durchsetzung des Kartellrechts will die Kommission noch vor dem Sommer einen Vorschlag für eine Verordnung über Interbankenentgelte für Kartenzahlungen vorlegen


(29.04.13) - Die Europäische Kommission hat ein förmliches Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob MasterCard möglicherweise den Wettbewerb bei Zahlungskartentransaktionen im EWR behindert und damit gegen das EU-Kartellrecht verstößt. Die Kommission hat Bedenken, dass einige der von MasterCard erhobenen Interbankenentgelte und damit zusammenhängende Praktiken wettbewerbswidrig sein könnten. Die Einleitung eines Verfahrens greift dem Ergebnis der Untersuchung nicht vor.

Zahlungskarten sind im EU-Binnenmarkt, insbesondere im grenzüberschreitenden oder im Online-Handel, sehr wichtige Instrumente. In Europa nehmen Verbraucher und Unternehmen jährlich über 40 Prozent ihrer bargeldlosen Zahlungen per Karte vor. Daher erachtet es die Kommission als Priorität, Wettbewerbsverzerrungen infolge von Absprachen über Interbankenentgelte und andere Konditionen zu verhindern. So hat die Kommission bereits 2007 einige Interbankenentgelte von MasterCard untersagt. Derzeit untersucht sie auch die von Visa erhobenen Entgelte.

Gegenstand des nun eingeleiteten Verfahrens sind:

(i) Interbankenentgelte für Zahlungen von Karteninhabern aus Nicht-EWR-Staaten (im Gegensatz zu Entgelten für grenzüberschreitende Transaktionen im EWR, die bereits 2007 untersagt wurden. Diese Entgelte fallen beispielsweise an, wenn Touristen aus den Vereinigten Staaten bei Händlern im EWR mit ihrer MasterCard-Kreditkarte bezahlen;

(ii) alle Regeln im MasterCard-System für das "grenzüberschreitende Acquiring", die die Möglichkeiten eines Händlers beschränken, bessere Konditionen von Banken aus anderen Mitgliedstaaten zu nutzen;

(iii) damit verbundene Regeln oder Geschäftspraktiken von MasterCard, die die Wettbewerbsbedenken der Kommission verstärken (z. B. die "Honour All Cards Rule", die einen Händler zur Annahme aller Karten verpflichtet).

Die fraglichen Entgelte und Praktiken schränken möglicherweise den Wettbewerb ein. Die Interbankenentgelte werden im Allgemeinen auf die Händler überwälzt, so dass ihnen dadurch insgesamt höhere Gebühren entstehen. Ein solches Verhalten führt bei grenzüberschreitenden Transaktionen zu Verzögerungen und schadet letztlich den Verbrauchern in der Europäischen Union.

Zusätzlich zu ihren Maßnahmen zur Durchsetzung des Kartellrechts will die Kommission noch vor dem Sommer einen Vorschlag für eine Verordnung über Interbankenentgelte für Kartenzahlungen vorlegen, die Rechtssicherheit und langfristig gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Anbieter im Binnenmarkt gewährleisten soll.

Hintergrund
2007 untersagte die Kommission MasterCard die Erhebung von Interbankenentgelten für grenzüberschreitende Zahlungskartentransaktionen im EWR. Im Mai 2012 wies das Gericht der Europäischen Union das von MasterCard gegen diese Entscheidung eingelegte Rechtsmittel. MasterCard hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Parallel zum MasterCard-Verfahren führt die Kommission eine eingehende Prüfung ähnlicher Praktiken von Visa durch.

Die Kommission hält gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Zahlungskartenanbieter für äußerst wichtig. Daher führt sie die Untersuchungen zu den beiden großen Anbietern – MasterCard und Visa – parallel durch. Darüber hinaus hat sie angekündigt, dass sie noch vor dem Sommer einen Vorschlag für Rechtsvorschriften über Interbankenentgelte für Zahlungskartentransaktionen vorlegen will. Sobald diese Vorschriften von Rat und Parlament angenommen worden sind, sollen sie für alle Anbieter Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherstellen.

Nach Artikel 101 AEUV sind wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Unternehmen und wettbewerbsbeschränkende Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen untersagt. Wie diese Bestimmung umzusetzen ist, regelt die Kartellverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates), die sowohl von der Kommission als auch von den Wettbewerbsbehörden der EU-Mitgliedstaaten angewendet werden kann.

Nach Artikel 11 Absatz 6 der Kartellverordnung entfällt mit der Verfahrenseinleitung durch die Kommission die Zuständigkeit der jeweiligen mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts. Die Gerichte der Mitgliedstaaten dürfen keine Beschlüsse erlassen, die einem Beschluss zuwiderlaufen, den die Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt (Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung).

Die Kommission hat MasterCard und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten über die Verfahrenseinleitung in dieser Sache unterrichtet.

Für den Abschluss der Ermittlungen zu wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen gibt es keine verbindliche Frist. Die Dauer einer kartellrechtlichen Untersuchung hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem von der Komplexität des jeweiligen Falls, der Bereitschaft des betreffenden Unternehmens zur Zusammenarbeit mit der Kommission sowie der Ausübung der Rechte auf Verteidigung.

Weitere Informationen zu diesem Kartellfall können über das öffentlich zugängliche Register der Kommission auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb unter der Nummer 40049 eingesehen werden. (Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Rahmen für grüne NGEU-Anleihen

    Mehr als drei Jahre nach der ersten Transaktion mit unseren grünen Anleihen im Rahmen von NextGenerationEU (NGEU) hat die EU grüne NGEU-Anleihen im Wert von insgesamt mehr als 65 Mrd. EUR ausgegeben und ist damit auf dem besten Weg, zum weltweit größten Emittenten grüner Anleihen zu werden.

  • Maßnahmen des CPC-Netzes gegen Apple

    Im Anschluss an eine koordinierte Untersuchung auf europäischer Ebene haben das Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) und die Europäische Kommission Apple über mehrere potenziell verbotene Geoblocking-Praktiken unterrichtet, die das CPC-Netz bei bestimmten Apple Media Services festgestellt hat, nämlich den Mediendiensten App Store, Apple Arcade, Music, iTunes Store, Books und Podcasts.

  • Verwaltungskosten für Unternehmen senken

    Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, ein einheitliches digitales Meldeportal für Unternehmen einzurichten, die Dienstleistungen erbringen und Arbeitnehmer vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsenden, das als "entsandte Arbeitnehmer" bezeichnet wird.

  • Diskriminierende steuerliche Behandlung

    Die Europäische Kommission hat entschieden, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land es versäumt hat, eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 AEUV und Artikel 40 des EWR-Abkommens) zu beseitigen, die durch die diskriminierende steuerliche Behandlung von reinvestierten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien bedingt war.

  • Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Facebook

    Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße in Höhe von 797,72 Mio. EUR gegen Meta verhängt, weil das Unternehmen gegen die EU-Kartellvorschriften verstößt, indem es seinen Online-Kleinanzeigendienst Facebook Marketplace mit seinem persönlichen sozialen Netzwerk Facebook verknüpft und anderen Anbietern von Online-Kleinanzeigendiensten unfaire Handelsbedingungen auferlegt hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen