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Warum will die EU die Frauenquote?


Hintergrund: Vorschlag zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern in den Leitungsorganen börsennotierter Gesellschaften
Weshalb wird eine Legislativinitiative zur Gleichstellung von Frauen und Männern in den Leitungsorganen börsennotierter Unternehmen benötigt?


(30.11.12) - Zurzeit sind 91,1 Prozent der geschäftsführenden und 85 Prozent der nicht geschäftsführenden Mitglieder der Leitungsorgane sowie 96,8 Prozent der Vorsitzenden der Leitungsorgane Männer, während auf Frauen nur 8,9 Prozent bzw. 15 Prozent und 3,2 Prozent dieser Posten entfallen, obgleich belegt ist, dass sich die Teilhabe beider Geschlechter positiv auf die Unternehmensperformance auswirkt (siehe separates Informationsblatt mit Wirtschaftsdaten). Die zahlreichen freiwilligen Initiativen auf nationaler und europäischer Ebene haben bisher keine Änderung herbeigeführt.

Aus diesem Grund hat die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag (eine Richtlinie) angenommen. Er zielt darauf ab, die Vertretung des unterrepräsentierten Geschlechts in den Leitungsorganen EU-weit spürbar zu erhöhen, indem eine Zielvorgabe von mindestens 40 Prozent für den Anteil dieses Geschlechts unter den nicht geschäftsführenden Mitgliedern der Leitungsorgane festgelegt wird, die bis 2020 erreicht werden muss. Der Vorschlag sieht vor, börsennotierten Unternehmen, in denen weniger nicht geschäftsführende Direktoren/Aufsichtsratsmitglieder (als 40 Prozent) dem unterrepräsentierten Geschlecht angehören, vorzuschreiben, neue Mitglieder auf der Grundlage eines Vergleichs der Qualifikationen der Kandidaten nach vorab festgelegten, klaren, neutral formulierten und eindeutigen Kriterien auszuwählen, um die 40-Prozent-Zielvorgabe zu erreichen.

Warum brauchen wir EU-Rechtsvorschriften? Kann das nicht den Mitgliedstaaten überlassen werden?
Nachdem die Selbstregulierungsmaßnahmen nur sehr langsam gegriffen haben, sind mehrere EU-Mitgliedstaaten tätig geworden und haben für die Leitungsorgane der Unternehmen verbindliche Vorgaben eingeführt. In 11 EU-Mitgliedstaaten (Belgien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Spanien, Portugal, Dänemark, Finnland, Griechenland, Österreich und Slowenien) sowie in Norwegen, das Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums ist, gibt es inzwischen gesetzliche Regelungen zur Förderung der Gleichstellung auf Ebene der Unternehmensleitung. In acht EU-Ländern (Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Griechenland, Italien, Portugal und Slowenien) gelten diese gesetzlichen Regelungen für öffentliche Unternehmen. Zwei Drittel der Mitgliedstaaten haben hingegen weder rechtliche Maßnahmen ergriffen noch in den letzten Jahren nennenswerte Fortschritte erzielt.

Dieser unkoordinierte Ansatz kann für den Binnenmarkt problematisch sein, da unterschiedliche Gesellschaftsrechtsvorschriften und Sanktionen für die Nichteinhaltung der Quoten, die uneinheitlich sind, besonders bei multinationalen Unternehmen zu Komplikationen führen können. Rechtsunsicherheit kann Unternehmen von Auslandsinvestitionen und der Gründung von Tochtergesellschaften in anderen Mitgliedstaaten abhalten.

Die gesetzgeberischen Einzelaktionen gefährden die Funktionsweise des Binnenmarkts in Europa – wir müssen auf europäischer Ebene handeln, um eine EU-weite Rahmenregelung für diese positiven Maßnahmen zu schaffen.

Wie stark sind Frauen derzeit in den einzelnen Mitgliedstaaten in Leitungsorganen vertreten?
Der Frauenanteil in den Leitungsorganen der größten börsennotierten Unternehmen liegt in den 27 Mitgliedstaaten gerade mal bei durchschnittlich 13,7 Prozent. Davon entfallen 15 Prozent auf nicht geschäftsführende Mitglieder von Leitungsorganen, 8,9 Prozent auf geschäftsführende Mitglieder (siehe auch das Informationsblatt mit den Zahlenangaben zu den einzelnen Mitgliedstaaten). Unter den Topmanagern sind Frauen die große Ausnahme – mehr als 96 von 100 Unternehmensleitern sind Männer. Überdies sind die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten enorm groß – in Malta liegt der Frauenanteil in den Leitungsorganen der größten börsennotierten Gesellschaften bei 3 Prozent, in Finnland bei 27 Prozent.

In den letzten zehn Jahren hat sich kaum etwas verändert: Seit 2003 erhöhte sich der Frauenanteil in den Leitungsorganen der Unternehmen im Schnitt um jährlich gerade mal 0,6 Prozentpunkte. Hinzu kommt, dass sich die Steigerung nicht gleichmäßig auf die einzelnen Länder verteilt. In manchen Ländern ist der Frauenanteil sogar noch zurückgegangen. Wenn die Entwicklung so weiter geht, würde es noch rund 40 Jahre dauern, bis die Anteile der Frauen und Männer in etwa ausgeglichen sind (also ein Frauenanteil von rund 40 Prozent erreicht ist).

Frankreich ist dabei treibende Kraft: Der Frauenanteil in Leitungsorganen (im Aktienindex CAC 40 notierter) französischer Unternehmen lag im Januar 2012 mit 22,3 Prozent um 10 Prozentpunkte über dem Wert vom Oktober 2010 (12,3 Prozent). Mehr als 40 Prozent der gesamten zwischen Oktober 2010 und Januar 2012 registrierten EU-weiten Verbesserung ist auf diesen Anstieg zurückzuführen, der durch die 2010 eingeführte Quotenregelung bewirkt wurde. In Frankreich muss bis 2017 ein Frauenanteil von 40 Prozent erreicht werden, wobei als Zwischenziel ein Frauenanteil von 20 Prozent gilt, der bis 2014 zu erreichen ist.

Was ist die Rechtsgrundlage für diesen Vorschlag?
Die EU ist bereits seit 1957 befugt, Rechtsvorschriften in Gleichstellungsfragen zu erlassen (siehe SPEECH/12/702). Das Recht der EU, in Arbeits- und Beschäftigungsfragen tätig zu werden, die die Gleichstellung berühren, folgt aus Artikel 157 Absatz 3 AEUV. Dieser Artikel ist die Rechtsgrundlage für verbindliche Maßnahmen zur Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, einschließlich sogenannter positiver Maßnahmen, die besondere Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht vorsehen.

Wie viele Unternehmen sind betroffen?
Die Maßnahmen gelten nur für an den Börsen der EU-Mitgliedstaaten notierte Gesellschaften. Kleine und mittlere Unternehmen (mit weniger als 250 Beschäftigten und einem weltweiten Jahresumsatz von bis 50 Mio. EUR) sowie nicht börsennotierte Gesellschaften sind von dieser Regelung ausgenommen. Somit sind EU-weit etwa 5 000 Unternehmen betroffen.

Warum gilt der Vorschlag nur für nicht geschäftsführende Mitglieder der Leitungsorgane?
Die 40-Prozent-Zielvorgabe des Vorschlags gilt nur für nicht geschäftsführende Direktoren beziehungsweise Aufsichtsratsmitglieder. Sie sind zwar nicht für die Tagesgeschäfte zuständig, spielen aber vor allem für die Corporate Governance eine wichtige Rolle. Dadurch wir ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit und in das Recht auf Eigentum vermieden ‑ Grundrechte, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantiert sind.

Der Vorschlag verpflichtet die börsennotierten Unternehmen, im Zuge von Selbstregulierungsmaßnahmen zusätzlich eine Flexi-Quote einzuführen, sich also selbst ein Ziel für die Vertretung beider Geschlechter unter den geschäftsführenden Direktoren/Vorstandsmitgliedern vorzugeben, das bis 2020 erreicht sein muss (bei öffentlichen Unternehmen bereits 2018). Die Unternehmen müssen jährlich über ihre Fortschritte berichten.

Warum sieht der Vorschlag eine Sonderregelung für öffentliche Unternehmen vor?
Dieser Vorschlag greift öffentliche Unternehmen besonders heraus, weil die Mitgliedstaaten einen beherrschenden Einfluss auf sie ausüben (als Eigentümer oder wegen ihrer finanziellen Beteiligung) und somit mehr Möglichkeiten haben, rasch Veränderungen zu bewirken. Öffentliche Unternehmen müssen die 40-Prozent-Zielvorgabe des heutigen Vorschlags bereits zwei Jahre früher (2018) erreichen. Öffentliche Unternehmen, die wahrscheinlich von dem Vorschlag betroffen sein werden, sind beispielsweise EDF (Frankreich), Belgacom (Belgien), TeliaSonera (Schweden, Finnland, Norwegen), Transelectrica (Rumänien) und die Österreichische Post AG (Österreich). Welche Unternehmen als öffentliche Unternehmen gelten, ist in der Richtlinie 2006/111/EG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen definiert.

Als "öffentliches Unternehmen" werden Unternehmen bezeichnet, auf die die öffentliche Hand aufgrund Eigentums (wenn sie beispielsweise über die Mehrheit der mit den Anteilen an dem Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Geschäftsführungs‑ oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann), finanzieller Beteiligung (wenn sie beispielsweise die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt), Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.

Warum zielt der Vorschlag auf einen Anteil von nur 40 Prozent und nicht auf völlige Parität ab?
Die vorgeschlagene Zielvorgabe eines Mindestanteils von 40 Prozent für Frauen und Männer unter den nicht geschäftsführenden Mitgliedern der Unternehmensleitung/Aufsichtsratmitgliedern ist ein angemessener Mittelwert: Er siedelt sich zwischen der kritischen Masse von 30 Prozent, die notwendig ist, um die Leitungsorgane nachhaltig zu beeinflussen, und der Geschlechterparität (50 Prozent) an.

Warum harmonisiert der Vorschlag die Anforderungen für die Besetzung von Posten in Leitungsorganen?
Der Vorschlag, der den unterschiedlichen Unternehmensstrukturen der Mitgliedstaaten Rechnung trägt, sieht nur solche Änderungen am nationalen Gesellschaftsrecht vor, die für eine Mindestharmonisierung der Anforderungen für Personalentscheidungen wirklich erforderlich sind.

Mitgliedstaaten, die bereits ein System zur Geschlechtergleichstellung eingeführt haben, dürfen dieses beibehalten, wenn sich damit die Zielvorgabe eines Anteils des unterrepräsentierten Geschlechts unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern von 40 Prozent bis 2020 genauso wirksam erreichen lässt wie mit dem vorgeschlagenen System. Auch steht es den Mitgliedstaaten frei, noch ehrgeizigere Maßnahmen einzuführen. Der Vorschlag enthält Garantien, die eine bedingungslose, automatische Begünstigung des unterrepräsentierten Geschlechts ausschließen. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu positiven Maßnahmen sollte bei gleicher Qualifikation der Kandidat des unterrepräsentierten Geschlechts den Vorzug erhalten – es sei denn, eine objektive Beurteilung, bei der alle die einzelnen Kandidaten betreffenden Kriterien berücksichtigt wurden, hat ergeben, dass spezifische Kriterien zugunsten des Kandidaten des anderen Geschlechts überwiegen.

Warum ist die Gleichstellung von Frauen und Männern gut für die Wirtschaft?
Die Integration von mehr Frauen in den Arbeitsmarkt kann ein wichtiger Faktor für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas sein. Dadurch lässt sich das Ziel der EU einer Erhöhung der Erwerbstätigenquote der erwachsenen Bevölkerung auf 75 Prozent leichter erreichen – ein Ziel, auf das sich alle EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der EU-Wachstumsstrategie Europa 2020 verpflichtet haben.

Immer mehr Studien weisen auf einen möglichen Zusammenhang zwischen einer ausgewogenen Vertretung der Geschlechter auf Ebene der Leitungsorgane und dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens hin. In verschiedenen Ländern durchgeführte Untersuchungen belegen, dass Unternehmen mit höherem Frauenanteil im Top-Management gut funktionieren und auch ansehnliche Geschäftsergebnisse vorzuweisen haben.

So erbrachte eine Studie von Catalyst, dass Unternehmen mit höherem Frauenanteil in den Leitungsorganen um 42 Prozent höhere Verkaufserlöse, um 66 Prozent höhere Renditen auf das investierte Kapital und um 53 Prozent höhere Kapitalrenditen erzielt hatten als ihre Konkurrenten. Auch die Weltbank ist der Meinung, dass die Beseitigung der Diskriminierung von Arbeitnehmerinnen und Managerinnen die Produktivität pro Arbeitnehmer erheblich, nämlich um 25 bis 40Prozent Prozent, steigern könnte.

60 Prozent der Hochschulabsolventen sind Frauen. Die Nutzung der professionellen Kompetenzen von Frauen, indem sie in Führungspositionen gebracht werden, dürfte mit zunehmender Bevölkerungsalterung und dem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, die das Wirtschaftswachstum hemmen, noch wichtiger werden. Die alternden Gesellschaften Europas müssen ihre Talente voll zum Einsatz bringen, um sich in einer globalisierten Welt behaupten zu können.

Was wurde bisher auf EU-Ebene im Hinblick auf die Gleichstellung von Frauen und Männern in den Leitungsorganen der Unternehmen getan?

Der Rat hatte bereits 1984 eine Empfehlung zur Förderung positiver Maßnahmen für Frauen angenommen (84/635/EWG).

1996 nahm der Rat auf Vorschlag der Kommission eine Empfehlung über die ausgewogene Mitwirkung von Frauen und Männern am Entscheidungsprozess an (96/694/EG).

2010 erklärte die Kommission die Gleichstellung der Geschlechter in Entscheidungsprozessen zu einer Priorität der Frauen-Charta (KOM(2010) 78) und ihrer Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015 (KOM(2010) 491).

2011 lancierte Vizepräsidentin Viviane Reding die Selbstverpflichtung "Mehr Frauen in Chefetagen": Börsennotierte Unternehmen in Europa wurden dazu aufgerufen, sich freiwillig zu einer Erhöhung des Frauenanteils in den Leitungsgremien bis 2015 auf 30 Prozent und bis 2020 auf 40 Prozent zu verpflichten. Ein ganzes Jahr später hatten nur 24 Unternehmen die Selbstverpflichtung unterzeichnet.

Im März 2012 zog die Kommission Bilanz und musste feststellen, dass sich der Frauenanteil in den letzten Jahren im Schnitt um gerade mal 0,6 Prozentpunkte jährlich erhöht hatte. Bei diesem Tempo würde es ungefähr 40 Jahre dauern, bevor eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in den obersten Leitungsorganen der Unternehmen erreicht ist.

Das Europäische Parlament forderte in seinen Entschließungen vom 6. Juli 2011 und 13. März 2012 rechtliche Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in wirtschaftlichen Führungspositionen in der Europäischen Union.

Vom 5. März bis 28. Mai 2012 fand eine öffentliche Konsultation der Kommission statt, in der die Öffentlichkeit – Unternehmen, Sozialpartner, NRO und Bürger – aufgefordert waren, zu Maßnahmen Stellung zu nehmen, die die EU im Hinblick auf eine ausgewogenere Vertretung von Frauen und Männern in Leitungsorganen ergreifen sollte. Die Ergebnisse sind in den heute vorgelegten Vorschlag der Europäischen Kommission eingeflossen.

Wie geht es weiter mit diesem Vorschlag?

Der Vorschlag der Kommission wird jetzt an das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union (der die Regierungen der Mitgliedstaaten vertritt) weitergeleitet, die sich im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (auch "Mitentscheidungsverfahren" genannt, da die beiden Organe gleichberechtigt an der Verabschiedung der Vorschläge beteiligt sind, wobei allerdings der Rat mit qualifizierter Mehrheit, das Europäische Parlament mit einfacher Mehrheit beschließt) mit dem Vorschlag befassen.

Und wie sieht es in den EU-Organen mit der Vertretung der Frauen in leitenden Positionen aus?

Europäische Kommission
Das Personal der Kommission setzt sich zu 52,4 Prozent aus Frauen, zu 47,6 Prozent aus Männern zusammen.

Dank des Engagements von Präsident Barroso im Jahr 2009 für mehr Frauen unter den Mitgliedern der Kommission ist heute jedes dritte Mitglied der Europäischen Kommission (33 Prozent) eine Frau. So hoch war der Frauenanteil nie zuvor. Noch 1994/1995 betrug er 5,6 Prozent. Damit schneidet die Kommission auch besser ab als die nationalen Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, wo im Schnitt eine Ministerin auf vier Minister (26 Prozent) kommt.

Im Dezember 2010 nahm die Kommission eine Strategie für Chancengleichheit (2010-2014) an, die Gleichstellungsziele für höhere Führungskräfte sowie für andere Verwaltungskräfte (mittlere Führungskräfte und Verwaltungskräfte ohne Managementfunktion) enthielt.

Zum 1. Oktober 2012 hatte der Frauenanteil in Managementpositionen sämtliche drei Zielvorgaben für 2012 bereits vollständig oder annähernd erreicht. Die Kommission war so erfolgreich mit der Besetzung von Top-Positionen mit Frauen, dass sie am 1. Oktober 2012 schon einen Frauenanteil von 27,2 Prozent unter den höheren Führungskräften erreicht hatte, was über der 25-Prozent-Zielvorgabe für 2014 liegt (siehe auch Informationsblatt zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Kommission).

Europäisches Parlament
35 Prozent der Mitglieder des Europäischen Parlaments (MEP) sind Frauen, 65 Prozent Männer. Damit schneidet das Europäische Parlament besser ab als die nationalen Parlamente in den Mitgliedstaaten, wo in den zweiten Kammern im Schnitt 26 Prozent der Mitglieder Frauen sind, in den ersten Kammern 23 Prozent.

Europäischer Rat
Der Europäische Rat, das Organ der Staats‑ und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten, hat einen Frauenanteil von 11 Prozent (3 von 27 Mitgliedern).

Europäische Zentralbank

Im Rat der Europäischen Zentralbank, dem Hauptentscheidungsorgan der EZB, sind derzeit überhaupt keine Frauen vertreten. Alle 22 Mitglieder sind Männer, eine Position ist unbesetzt. Zuständig für die Ernennung der Mitglieder ist der Europäische Rat. Auch in den nationalen Zentralbanken sind sämtliche Gouverneure Männer.

Gibt es eigentlich genügend qualifizierte Kandidatinnen für Leitungspositionen?
Im September 2011 erging ein Aufruf zum Handeln europäischer Wirtschaftshochschulen und von Frauen in leitender Position, um die "gläsernen Decken" zum Einsturz zu bringen, die Frauen in führender Position daran hindern, überall in Europa in Leitungsorgane der Unternehmen vorzudringen. Die ständig länger werdende Liste der "für höchste Führungspositionen geeigneten Frauen" – die seit März 2012 von 3 500 auf 7 500 angewachsen ist – zeigt klar und deutlich, dass es mehr als genug hervorragend qualifizierte Frauen gibt, die bereit sind, Europa und die Unternehmen der Welt ins 21. Jahrhundert zu führen. Alle diese Frauen erfüllen strenge Corporate-Governance-Kriterien, die von den börsennotierten Unternehmen festgelegt wurden, sind bestens qualifiziert und bereit, unverzüglich eine Leitungsfunktion zu übernehmen. Das Kompetenzpool ist vorhanden – die Unternehmen müssen es nur anzapfen.

Steht der Vorschlag mit dem Subsidiaritäts‑ und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip im Einklang?
Die Fortschritte zu einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern in den Leitungsorganen der Unternehmen sind in der EU insgesamt unzureichend und nicht nachhaltig, was eine gemeinsame Herausforderung für alle EU-Mitgliedstaaten darstellt. Die bestehenden Hindernisse in der EU können nur durch ein gemeinsames Vorgehen abgebaut werden. Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums lassen sich besser durch EU-weit abgestimmte Maßnahmen als durch einzelstaatliche Initiativen mit variablem Anwendungsbereich, Anspruch und Wirkungsgrad erreichen.

Vereinzelte und disparate Regelungen auf nationaler Ebene verursachen zwangsläufig praktische Probleme im EU-Binnenmarkt, da unterschiedliche Gesellschaftsrechtsvorschriften im Falle der Nichteinhaltung einer verbindlichen Quote zu Komplikationen im Wirtschaftsleben führen und Anleger von grenzüberschreitenden Investitionen abhalten könnten.

Allerdings sind die EU-Maßnahmen nur so lange erforderlich, wie das Problem vorhanden ist, und müssen in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen stehen. Daher wird die Richtlinie als vorübergehende Regelung eingeführt, die automatisch außer Kraft tritt, wenn die Ziele erreicht sind.

Der Vorschlag gilt nur für börsennotierte Unternehmen wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihres hohen Bekanntheitsgrads. Kleine und mittlere Unternehmen (mit weniger als 250 Beschäftigten und einem weltweiten Jahresumsatz von bis 50 Mio. EUR) sind von der Richtlinie ausgenommen.

Der Vorschlag zielt auf eine Mindestharmonisierung und legt lediglich gemeinsame Ziele und allgemeine Regeln fest. Den Mitgliedstaaten bleibt ausreichend Handlungsspielraum bei der Entscheidung, wie diese Ziele auf nationaler Ebene unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene, insbesondere des Gesellschaftsrechts sowie der Verfahren für die Besetzung der Leitungsgremien, am besten erreicht werden sollten. Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein, doch dürfen die Mitgliedstaaten nach eigenem Ermessen Sanktionen festlegen, die sich in ihr Gesellschaftsrechtssystem fügen.

Der Vorschlag erfordert keine unangemessenen Änderungen am nationalen Gesellschaftsrecht und trägt den unterschiedlichen Unternehmensstrukturen der Mitgliedstaaten Rechnung. Seine 40-Prozent-Zielvorgabe gilt nur für die nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitglieder, um nicht in die unternehmerische Freiheit und in das Recht auf Eigentum einzugreifen – zwei Grundrechte, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantiert sind.

Der Vorschlag sieht vor, dass die Nichteinhaltung der Zielvorgabe gestatten werden kann, wenn das unterrepräsentierte Geschlecht weniger als 10 Prozent der Belegschaft des betreffenden Unternehmens ausmacht. (Europäische Kommission: ra)


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