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Rechtsstreitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten


EU-Mediationsrichtlinie: Europäische Kommission erleichtert Rechtsdurchsetzung bei grenzübergreifenden Streitigkeiten
Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass im Mediationsverfahren erzielte Vereinbarungen vollstreckt werden können


(04.08.11) - Die Austragung von Rechtsstreitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten vor Gericht ist nicht selten kostspielig und zeitaufwendig. Grenzüberschreitende Verfahren sind wegen der unterschiedlichen Rechtsordnungen und praktischer Probleme wie Kosten oder Sprachbarrieren besonders kompliziert.

Die EU-Mediationsrichtlinie, die am 21. Mai 2008 erlassen wurde und seit 21. Mai 2011 in Kraft ist, findet dann Anwendung, wenn sich zwei Parteien eines grenzübergreifenden Rechtsstreits aus freien Stücken zur Beilegung ihres Streits durch einen unparteiischen Mediator entschließen. Die Mediationsrichtlinie sollte mittlerweile von allen EU-Mitgliedstaaten in innerstaatliches Recht umgesetzt sein. Neun Länder haben allerdings noch nicht alle zur Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Maßnahmen mitgeteilt. Deshalb hat die Europäische Kommission jetzt mit der Versendung förmlicher "Aufforderungsschreiben" Vertragsverletzungsverfahren gegen die Tschechische Republik, Spanien, Frankreich, Zypern, Luxemburg, die Niederlande, Finnland, die Slowakei und das Vereinigtes Königreich eingeleitet. Die Länder haben nun zwei Monate Zeit, um darauf zu reagieren.

"Die Möglichkeit, sich Recht zu verschaffen, ist ein wesentliches Merkmal des europäischen Rechtsraums", erklärte Kommissionsvizepräsidentin und EU-Justizkommissarin Viviane Reding. "Mediation ist bei grenzübergreifenden Rechtsstreitigkeiten eine wichtige Alternative zu Gerichtsverfahren und kann den Parteien zu einer gütlichen Einigung verhelfen. Sie spart Zeit und Geld und erspart den Parteien in emotional schwierigen familienrechtlichen Angelegenheiten den Weg zum Gericht. Ich appelliere an die neun Mitgliedstaaten, die Umsetzung rasch zu vollenden, damit Bürger und Unternehmen ihre Rechte uneingeschränkt wahrnehmen können".

Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass im Mediationsverfahren erzielte Vereinbarungen vollstreckt werden können. In einer von der EU finanzierten Studie wird der Zeitverlust infolge der Nichtinanspruchnahme des Mediationsverfahrens in der EU auf durchschnittlich 331 bis 446 Tage und der zusätzliche Kostenaufwand auf 12 471 bis 13 738 EUR pro Rechtsstreit geschätzt.

Hintergrund
Die Richtlinie 2008/52/EG über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen wurde am 23. April 2008 erlassen. Der Kommissionsvorschlag für die Richtlinie stammt vom Oktober 2004.

Mediation kann Differenzen zwischen Unternehmen, Arbeitgebern und Arbeitnehmern oder zwischen Familienangehörigen auf konstruktive Weise aus der Welt schaffen. Die Beteiligten können so ihre Beziehungen nicht nur aufrechterhalten, sondern bisweilen sogar vertiefen, was bei einem Gerichtsverfahren oft nicht der Fall ist. Die außergerichtliche Streitbeilegung entlastet die Justiz in personeller und vermutlich auch in finanzieller Hinsicht. Bei der Mediation kommt es darauf an, dass die Parteien, speziell wenn sie aus verschiedenen Ländern stammen, Vertrauen in den Prozess haben. Die EU-Vorschriften legen den Mitgliedstaaten daher nahe, Qualitätskontrollen durchzuführen, Verhaltenskodizes zu erarbeiten, die Mediatoren entsprechend zu schulen und so ein effektives Mediationsverfahren zu gewährleisten.

Bis heute haben 17 Mitgliedstaaten die EU-Mediationsvorschriften umgesetzt. Dänemark hat sich dafür entschieden, die Vorschriften nicht zu übernehmen – es hat dieses Vorrecht aufgrund eines den EU-Verträgen beigefügten Protokolls. Neun Länder (Tschechische Republik, Spanien, Frankreich, Zypern, Luxemburg, Niederlande, Finnland, Slowakei und Vereinigtes Königreich) haben es bisher versäumt, der Kommission die von ihnen erlassenen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie mitzuteilen.

Die Kommission kann rechtliche Schritte gegen Mitgliedstaaten einleiten, die EU-Recht nicht ordnungsgemäß umsetzen oder die Kommission nicht fristgerecht über die Umsetzung von EU-Vorschriften in nationales Recht unterrichten. Das Vertragsverletzungsverfahren beginnt mit einem Auskunftsverlangen ("Aufforderungsschreiben") an den betreffenden Mitgliedstaat, der sich hierzu innerhalb einer bestimmten Frist - normalerweise binnen zwei Monaten – äußern muss.

Reichen die Informationen nicht aus, um die Kommission davon überzeugen, dass der betreffende Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen gemäß dem EU-Recht nachgekommen ist, kann sie ihn mittels einer "mit Gründen versehenen Stellungnahme" formal auffordern, das EU-Recht einzuhalten und ihr die entsprechenden Maßnahmen innerhalb einer von ihr gesetzten Frist, die in der Regel zwei Monate beträgt, mitzuteilen.

Hält ein Mitgliedstaat das EU-Recht nicht ein, kann die Kommission ihn vor dem Gerichtshof der Europäischen Union verklagen. In über 90 Prozent der Vertragsverletzungsverfahren kommen jedoch die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen gemäß dem EU-Recht nach, bevor sie vor den Gerichtshof zitiert werden. Wenn der Gerichtshof in seinem Urteil feststellt, dass ein Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen verstoßen hat, muss dieser Mitgliedstaat dem Urteil Folge leisten und die entsprechenden Maßnahmen ergreifen. (Europäische Kommission: ra)


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