Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Unfallraten und Gesundheitsrisiken für Arbeiter


Umwelt: Europäische Kommission schlägt strengere Vorschriften für das Abwracken von Schiffen vor
Die neuen Vorschriften sehen eine Besichtigungs-, Zertifizierungs- und Zulassungsregelung für große Handelsseeschiffe vor


(12.04.12) - Die Europäische Kommission hat neue Vorschriften vorgeschlagen, mit denen gewährleistet werden soll, dass europäische Schiffe künftig nur in Anlagen abgewrackt werden, die Sicherheit am Arbeitsplatz gewährleisten und nach umweltverträglichen Methoden arbeiten. Jedes Jahr werden mehr als 1000 ausgediente große Handelsschiffe wie Tank- und Containerschiffe verschrottet, aber viele europäische Schiffe enden in unternormigen Anlagen an südasiatischen Gezeitenstränden. Diese Anlagen arbeiten zumeist ohne die Umweltschutz- und Sicherheitsvorkehrungen, die zur Bewirtschaftung der in ausgedienten Schiffen vorhandenen Gefahrstoffe (wie Asbest, polychlorierte Biphenyle (PCB), Tributylzinn und Ölschlamm) erforderlich sind. Die Folge sind hohe Unfallraten und Gesundheitsrisiken für die Arbeiter sowie eine verheerende Umweltverschmutzung.

Umweltkommissar Janez Potočnik bemerkte dazu: "In der Praxis hat sich die Lage im Sektor Schiffsrecycling zwar schon gebessert, viele Anlagen arbeiten aber immer noch unter gefährlichen und umweltschädigenden Bedingungen. Mit diesem Vorschlag soll sichergestellt werden, dass unsere Altschiffe in einer Weise abgewrackt werden, die die Gesundheit der Werftarbeiter und die Umwelt nicht gefährdet. Damit senden wir ein deutliches Signal, dass dringend in die Modernisierung von Abwrackanlagen investiert werden muss." Kommissar Potočnik hat diese Verordnung gemeinsam mit Vizepräsident und Verkehrskommissar Siim Kallas vorgelegt.

Die neuen Vorschriften (in Form einer Verordnung) sehen eine Besichtigungs-, Zertifizierungs- und Zulassungsregelung für große Handelsseeschiffe vor, die unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaates fahren, und decken den gesamten Lebenszyklus dieser Schiffe (von Bau über Betrieb bis hin zum Abwracken) ab.

Die Regelung baut auf dem Übereinkommen von Hongkong über das sichere und umweltverträgliche Recycling von Schiffen auf, das 2009 angenommen wurde. Der heutige Vorschlag hat zum Ziel, das Übereinkommen schnell umzusetzen, ohne seine Ratifizierung und sein Inkrafttreten abzuwarten, denn dieser Prozess wird mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Um das formelle Inkrafttreten des Hongkong-Übereinkommens zu beschleunigen, hat die Kommission heute auch einen Beschlussentwurf vorgelegt, mit dem die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, das Übereinkommen zu ratifizieren.

Nach der neuen Regelung muss für europäische Schiffe ein Inventar der an Bord befindlichen Gefahrstoffe aufgestellt und eine Inventarbescheinigung beantragt werden. Die an Bord befindlichen Gefahrstoffe (einschließlich Frachtrückstände, Schweröl usw.) müssen reduziert werden, bevor das Schiff an eine Abwrackwerft überführt wird.

Abwrackwerften werden künftig eine Reihe vom Umwelt- und Sicherheitsauflagen erfüllen müssen, um in eine Liste der weltweit zugelassenen Abwrackwerften aufgenommen zu werden. Europäische Schiffe dürfen nur in Anlagen verschrottet werden, die auf dieser Liste stehen. Einige der künftigen Auflagen für die Abwrackwerften gehen über die Auflagen des Hongkong-Übereinkommens hinaus. Dadurch wird gewährleistet, dass europäische Schiffe leichter rückverfolgt werden und die beim Demontieren anfallenden Abfälle (und etwaige darin enthaltene Gefahrstoffe) auf umweltverträgliche Weise bewirtschaftet werden können.

Um die Einhaltung der Regelung zu gewährleisten, werden Schiffseigner künftig verpflichtet, die nationalen Behörden zu unterrichten, wenn sie beabsichtigen, ein Schiff zum Abwracken zu überführen. Indem sie die Liste der Schiffe, für die sie eine Inventarbescheinigung ausgestellt haben, mit der Liste der Schiffe vergleichen, die in zugelassenen Werften abgewrackt wurden, können die Behörden illegale Abwrackmanöver leichter aufdecken. Die in der Verordnung vorgeschlagenen Sanktionen werden auch spezifischer und präziser sein.

Nächste Schritte
Der Vorschlag der Kommission wird dem Rat und dem Europäischen Parlament zur Erörterung zugeleitet.

Hintergrundinformationen
Zurzeit ist das Abwracken von Schiffen in der Abfallverbringungsverordnung geregelt, die die Ausfuhr gefährlicher Abfälle in Nicht-OECD-Länder verbietet. Diese Vorschriften sind jedoch nicht speziell auf Schiffe ausgerichtet und werden oft umgangen. Grund dafür ist der Mangel an angemessenen Abwrackkapazitäten in den OECD-Ländern – allerdings ist es auch schwer zu bestimmen, wann ein Schiff zum Wrack, d. h. zu Abfall wird und welches Land das Schiff ausführt. Der neue Vorschlag soll diese Lücken in der Gesetzgebung schließen und das Abwracken von unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaats fahrenden Schiffen in Nicht-OECD-Ländern unter strikten Bedingungen gestatten.

2009 wurden über 90 Prozent der europäischen Schiffe in Nicht-OECD-Ländern verschrottet, mitunter in unternormigen Abwrackanlagen. Da die Zahl der ausgedienten europäischen Schiffe hoch ist (17 Prozent der Welthandelsflotte fährt unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaats), hat die weltweite Verbesserung der Abwrackpraktiken für die EU Priorität.

Aufgrund ihrer ernsten Bedenken hinsichtlich der negativen Gesundheits- und Umweltauswirkungen des Schiffsabwrackens hat die Kommission am 19. November 2008 eine EU-Strategie für eine Verbesserung des Abwrackens von Schiffen angenommen. Darin wird eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen das Abwracken von Schiffen so bald wie möglich verbessert werden soll, ohne das Inkrafttreten des Hongkong-Übereinkommens abzuwarten. Der heutige Vorschlag baut auf den in dieser Strategie gegebenen Denkanstößen auf.

Das Hongkong-Übereinkommen muss von mindestens 15 großen Flaggen- und Recycling-Staaten ratifiziert werden, um in Kraft treten zu können. Diese Länder sollten mindestens 40 Prozent der Weltflotte und einen beträchtlichen Anteil (nahezu 50 Prozent) der weltweit verfügbaren Recyclingkapazität repräsentieren.

Weitere Informationen:
http://ec.europa.eu/environment/waste/ships/index.htm
(Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Rahmen für grüne NGEU-Anleihen

    Mehr als drei Jahre nach der ersten Transaktion mit unseren grünen Anleihen im Rahmen von NextGenerationEU (NGEU) hat die EU grüne NGEU-Anleihen im Wert von insgesamt mehr als 65 Mrd. EUR ausgegeben und ist damit auf dem besten Weg, zum weltweit größten Emittenten grüner Anleihen zu werden.

  • Maßnahmen des CPC-Netzes gegen Apple

    Im Anschluss an eine koordinierte Untersuchung auf europäischer Ebene haben das Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) und die Europäische Kommission Apple über mehrere potenziell verbotene Geoblocking-Praktiken unterrichtet, die das CPC-Netz bei bestimmten Apple Media Services festgestellt hat, nämlich den Mediendiensten App Store, Apple Arcade, Music, iTunes Store, Books und Podcasts.

  • Verwaltungskosten für Unternehmen senken

    Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, ein einheitliches digitales Meldeportal für Unternehmen einzurichten, die Dienstleistungen erbringen und Arbeitnehmer vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsenden, das als "entsandte Arbeitnehmer" bezeichnet wird.

  • Diskriminierende steuerliche Behandlung

    Die Europäische Kommission hat entschieden, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land es versäumt hat, eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 AEUV und Artikel 40 des EWR-Abkommens) zu beseitigen, die durch die diskriminierende steuerliche Behandlung von reinvestierten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien bedingt war.

  • Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Facebook

    Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße in Höhe von 797,72 Mio. EUR gegen Meta verhängt, weil das Unternehmen gegen die EU-Kartellvorschriften verstößt, indem es seinen Online-Kleinanzeigendienst Facebook Marketplace mit seinem persönlichen sozialen Netzwerk Facebook verknüpft und anderen Anbietern von Online-Kleinanzeigendiensten unfaire Handelsbedingungen auferlegt hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen