Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Wettbewerb COPD-Arzneimittel-Bereich


Kartellrecht: Kommission begrüßt verbesserten Markteintritt für Arzneimittel zur Behandlung von Atemwegserkrankungen
Innovative Arzneimittel für die Behandlung bestimmter Atemwegserkrankungen zügig auf den Markt bringen

(15.07.11) - Die Europäische Kommission hat ihre kartellrechtliche Untersuchung abgeschlossen, in der sie Behauptungen des spanischen Pharmaunternehmens Almirall nachgegangen ist, das deutsche Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim habe Patente angemeldet, die nicht den Patentvoraussetzungen genügen. Diese Patente beziehen sich auf die Behandlung chronisch obstruktiver Atemwegserkrankungen (COPD). Die Untersuchung der Kommission betraf den angeblichen Missbrauch des Patentsystems mit dem Ziel, potenziellen Wettbewerb im Bereich von COPD-Arzneimitteln auszuschließen, was gegen EU-Kartellrecht verstoßen könnte. Da Boehringer zugestimmt hat, die angebliche Blockade zu beseitigen, steht der Markteinführung der Almirall-Produkte nichts mehr im Wege, so dass die Kommission ihre Untersuchung einstellen kann.

"Es wurde eine Lösung gefunden, die es ermöglicht, neue innovative Arzneimittel für die Behandlung bestimmter Atemwegserkrankungen zügig auf den Markt zu bringen", so der für Wettbewerbspolitik zuständige Kommissionsvizepräsident Joaquín Almunia. "Für Patienten, die unter COPD, einer häufig bei Rauchern auftretenden Lungenerkrankung, leiden, sind dies gute Nachrichten."

Gegenstand der Kommissionsuntersuchung war der angebliche Missbrauch des Patentsystems bezüglich der Kombination von drei breiten Kategorien aktiver Substanzen zur Behandlung von COPD mit einer neuen, von Almirall entdeckten aktiven Substanz. Almirall hatte Bedenken geäußert, dass Boehringers Patentanmeldungen den Markteintritt der konkurrierenden Arzneimittel von Almirall blockieren bzw. erheblich verzögern könnten. Im Herbst 2010 legte die Kommission den Unternehmen Boehringer und Almirall nahe, sich um eine für beide Seite annehmbare und mit dem EU-Kartellrecht vereinbare Lösung zu bemühen.

Die nun von den Parteien erzielte Einigung trägt auch den wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission Rechnung. Insbesondere werden die Blockadespositionen in Europa beseitigt, im Falle von zwei Ländern außerhalb Europas wird eine Lizenz gewährt und die anhängigen Gerichtsverfahren zwischen den Parteien werden beendet. Almirall kann daher nach entsprechender Zulassung durch die zuständigen Behörden nun seine Kombinationsarzneimittel auf den Markt bringen. Die Kommission schließt diesen Fall mit dem Ergebnis ab, dass der Vergleich zwischen den beiden Pharmaunternehmen der effizienteste und schnellste Weg ist, den Verbrauchern die Produkte von Almirall auf dem Markt anzubieten.

Ferner hat die Kommission die Ergebnisse ihrer zweiten Monitoring-Runde zu Patentvergleichen im Pharmasektor veröffentlicht. Mit diesem Monitoring stellt sie sicher, dass die Patentvergleiche mit den kartellrechtlichen Vorschriften der EU im Einklang stehen. Diese Maßnahme steht in keinerlei Verbindung mit der Boehringer/Almirall-Sache.

Hintergrund
Boehringer ist Markführer für COPD-Medikamente und hat mit seinem Blockbuster-Arzneimittel Spiriva® 2010 weltweit einen Umsatz von knapp 3 Mrd. EUR erwirtschaftet. 2003 meldete Boehringer neue Arzneimittel zur Behandlung von COPD zum Patent an. Diese Anmeldungen bezogen sich auf eine Kombination aus drei allgemeinen Kategorien aktiver Substanzen zur Behandlung von COPD mit einer neuen aktiven Substanz, die von Almirall entdeckt worden war. Almirall erhob Einspruch gegen diese Anmeldungen, da diese nicht den Patentvoraussetzungen genügen. Die Patente könnten jedoch nach Erteilung den Markteintritt seiner eigenen innovativen Kombinationsarzneimitteln blockieren bzw. erheblich verzögern. Die Patentanmeldungen würden außerdem, so Almirall, die Bemühungen des Unternehmens um Markteinführung des Arzneimittels untergraben, für das lediglich die von Almirall entdeckte aktive Substanz verwendet wird (sog. Monotherapie).

Ursprünglich hatte Boehringer ein europäisches Patent für eines der Kombinationsprodukte erworben. 2009 erklärte der High Court of Justice des Vereinigten Königreichs das britische Patent von Boehringer für das Kombinationsprodukt wegen Offenkundigkeit (d. h. mangelnder Erfindungshöhe) und Unzulänglichkeit für nichtig. Im März 2010 wurde Boehringer das Patent auch vom Europäischen Patentamt (EPA) annuliert. Boehringer legte Berufung vor der nächsten EPA-Instanz ein, die das umstrittene Patent bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens aufrechterhalten hätte. Boehringer hatte bereits vor einigen Jahren auf der Grundlage einer Hauptpatentanmeldung sogenannte Teilpatentanmeldungen eingereicht. Diese ruhen, hätten allerdings reaktiviert werden und somit den Patentstreit, selbst nach Nichtigerklärung des strittigen Patents, in die Länge ziehen können.

Nachdem die Kommission von diesem Fall erfahren hatte, leitete sie am 22. Februar 2007 eine Untersuchung und ein förmliches Prüfverfahren ein. Nach Abschluss ihrer Untersuchung zum Wettbewerb im Pharmasektor nahm die Kommission das Verfahren wieder auf, um zu prüfen, ob Boehringer unter Vorlage irreführender Angaben Patentanmeldungen beim EPA eingereicht und entsprechende Patente erhalten hat. (EU-Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Rahmen für grüne NGEU-Anleihen

    Mehr als drei Jahre nach der ersten Transaktion mit unseren grünen Anleihen im Rahmen von NextGenerationEU (NGEU) hat die EU grüne NGEU-Anleihen im Wert von insgesamt mehr als 65 Mrd. EUR ausgegeben und ist damit auf dem besten Weg, zum weltweit größten Emittenten grüner Anleihen zu werden.

  • Maßnahmen des CPC-Netzes gegen Apple

    Im Anschluss an eine koordinierte Untersuchung auf europäischer Ebene haben das Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) und die Europäische Kommission Apple über mehrere potenziell verbotene Geoblocking-Praktiken unterrichtet, die das CPC-Netz bei bestimmten Apple Media Services festgestellt hat, nämlich den Mediendiensten App Store, Apple Arcade, Music, iTunes Store, Books und Podcasts.

  • Verwaltungskosten für Unternehmen senken

    Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, ein einheitliches digitales Meldeportal für Unternehmen einzurichten, die Dienstleistungen erbringen und Arbeitnehmer vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsenden, das als "entsandte Arbeitnehmer" bezeichnet wird.

  • Diskriminierende steuerliche Behandlung

    Die Europäische Kommission hat entschieden, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land es versäumt hat, eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 AEUV und Artikel 40 des EWR-Abkommens) zu beseitigen, die durch die diskriminierende steuerliche Behandlung von reinvestierten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien bedingt war.

  • Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Facebook

    Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße in Höhe von 797,72 Mio. EUR gegen Meta verhängt, weil das Unternehmen gegen die EU-Kartellvorschriften verstößt, indem es seinen Online-Kleinanzeigendienst Facebook Marketplace mit seinem persönlichen sozialen Netzwerk Facebook verknüpft und anderen Anbietern von Online-Kleinanzeigendiensten unfaire Handelsbedingungen auferlegt hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen