Abschluss des Facebook-Verfahrens
Im Februar 2019 hatte das Bundeskartellamt Meta (vormals Facebook) untersagt, personenbezogene Daten der Nutzenden ohne Einwilligung aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen
Erheblich verbesserte Kontrolle über das Ausmaß der Zuordnung von persönlichen Daten aus anderen Meta-Diensten sowie von Webseiten oder Apps anderer Unternehmen zu ihrem jeweiligen Facebook-Konto
Das Bundeskartellamt hat sein Facebook-Verfahren abgeschlossen. Ergebnis des Verfahrens ist ein Gesamtpaket von Maßnahmen, das den Nutzenden des sozialen Netzwerkes Facebook deutlich verbesserte Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Verknüpfung ihrer Daten einräumt.
Im Februar 2019 hatte das Bundeskartellamt Meta (vormals Facebook) untersagt, personenbezogene Daten der Nutzenden ohne Einwilligung aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen. Gegen die Entscheidung hatte Meta Beschwerde eingelegt. Neben einer jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzung und der Bestätigung des Bundeskartellamtes in Grundsatzfragen durch den Bundesgerichtshof (2020) sowie den Europäischen Gerichtshof (2023) haben Meta und das Bundeskartellamt intensiv über konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Entscheidung verhandelt. Nun wurden die Einzelmaßnahmen Metas als hinreichend wirkungsvolles Gesamtpaket angesehen, um das Verfahren abzuschließen. Meta hat seinerseits die vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf) anhängige Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundeskartellamtes zurückgenommen. Die Entscheidung ist damit bestandskräftig.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die Facebook-Entscheidung aus dem Jahr 2019 kann bis heute als bahnbrechend gelten. Auf Grundlage unserer seinerzeitigen Entscheidung hat Meta ganz wesentliche Anpassungen beim Umgang mit Nutzerdaten vorgenommen. Zentral ist dabei, dass die Nutzung von Facebook nicht mehr voraussetzt, dass man in eine grenzenlose Sammlung und Zuordnung von Daten zum eigenen Nutzerkonto einwilligt, auch wenn die Daten gar nicht im Facebook-Dienst anfallen. Das betrifft etwa Konzerndienste wie Instagram oder Drittseiten und -Apps. Das bedeutet, dass Nutzende nun deutlich bessere Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich der Zusammenführung ihrer Daten haben. Neben diesen ganz konkreten Verbesserungen hat die Entscheidung des Bundeskartellamtes darüber hinaus zu einer wichtigen Leitentscheidung des Europäischen Gerichtshofes geführt und auf der nationalen wie europäischen Ebene Gesetzgebungsinitiativen inspiriert. Dies bedeutet auch, dass wir im Hinblick auf die Rechtsklarheit und die Eingriffsinstrumente in diesem Bereich heute einen ganz anderen Stand haben als noch vor fünf Jahren."
Vor der Entscheidung des Bundeskartellamtes konnte das soziale Netzwerk Facebook nur unter der Voraussetzung genutzt werden, dass Facebook die Möglichkeit eingeräumt wurde, Daten über die Nutzenden auch außerhalb des Facebook-Angebots zu erheben und dem jeweiligen Facebook-Nutzerkonto zuzuordnen. Dies betraf zum einen Daten aus anderen unternehmenseigenen Diensten (wie Instagram) und zum anderen Daten, die in Apps und auf Websites von Drittanbietern erhoben wurden. Nutzende hatten insoweit nur die Wahl, entweder einer nahezu unbegrenzten Datenzusammenführung zuzustimmen oder auf die Nutzung des sozialen Netzwerks zu verzichten. Das Bundeskartellamt hatte diese Geschäftsbedingungen untersagt und verlangt, dass eine Zusammenführung der Daten nur nach gesonderter Einwilligung erfolgt, die gerade nicht zur Voraussetzung für die Nutzung von Facebook gemacht werden darf (vgl. Pressemitteilung vom 7. Februar 2019).
Der Beendigung des Verfahrens war ein intensiver Diskussionsprozess zwischen Meta und dem Bundeskartellamt vorausgegangen, innerhalb dessen Meta schrittweise folgende Maßnahmen zur Umsetzung der Entscheidung ergriffen bzw. zugesagt hat:
>> Einführung einer Kontenübersicht zur Datentrennung zwischen einzelnen Meta-Diensten: Die Kontenübersicht erlaubt es Nutzenden, selbst zu entscheiden, welche Meta-Dienste (z. B. Facebook und Instagram) sie miteinander verknüpfen und damit einen Datenaustausch auch zu Werbezwecken erlauben wollen. Eine getrennte Nutzung der Dienste bleibt ohne wesentliche Qualitätseinbußen möglich.
>> Einführung von "Cookie"-Einstellungen zur Trennung von Facebook-Daten und anderen Daten: Im Hinblick auf Daten, die Meta über seine sog. Business Tools von Webseiten oder Apps anderer Unternehmen erhält, können Nutzende jetzt im Rahmen der "Cookie"-Einstellungen von Facebook entscheiden, ob sie eine Verknüpfung mit ihren in dem Dienst gespeicherten Daten erlauben möchten. Gleiches gilt für Instagram.
>> Sonderstellung des Facebook-Logins: Wer sich dafür entscheidet, seine Facebook-Daten nicht mit seinen Nutzungsdaten von anderen Websites oder Apps zusammenzuführen, kann hiervon für das Facebook-Login eine Ausnahme machen, wenn er diese Anmeldemöglichkeit in Apps oder auf Websites von Dritten benutzen möchte. Zuvor mussten Nutzende Meta sämtliche Datenzusammenführungen mit Daten aus Drittapps bzw. von Drittwebsites erlauben, wenn sie auf das Facebook-Login nicht verzichten wollten.
>> Prägnante Kundeninformation: Damit Metas Kundinnen und Kunden schnell zu den einschlägigen Einstellungen gelangen, mit denen ungewollte Datenverknüpfungen unterbunden werden können, werden Nutzende, die einer Datenverknüpfung in der Vergangenheit zugestimmt haben, beim Aufruf von Facebook auffällig gestaltete Benachrichtigungen erhalten, die jeweils direkte Verlinkungen zu den neu gestalteten Auswahlinstrumenten enthalten.
>> Vorgeschalteter Wegweiser: Meta hat am Anfang seiner Datenrichtlinie einen deutlichen Hinweis auf die Wahlmöglichkeiten der Nutzenden eingeführt (https://de-de.facebook.com/privacy/policy/ "So verwaltest du die Informationen, die wir verwenden"). Dieser enthält einen kurzen Erläuterungstext und Links zur Kontenübersicht und den "Cookie"-Einstellungen.
>> Eingeschränkte Datenverknüpfung für Sicherheitszwecke: Unabhängig von den von den Nutzenden vorgenommenen Einstellungen in Facebook oder Instagram speichert und verknüpft Meta Nutzungsdaten zu Sicherheitszwecken. Dies geschieht indessen nur vorübergehend und – sofern sich kein Verdacht auf unzulässiges Verhalten ergibt – längstens für einen vorab einheitlich festgelegten Zeitraum.
Andreas Mundt, sagte: "In der Gesamtschau ermöglichen diese Instrumente den Nutzenden eine erheblich verbesserte Kontrolle über das Ausmaß der Zuordnung von persönlichen Daten aus anderen Meta-Diensten sowie von Webseiten oder Apps anderer Unternehmen zu ihrem jeweiligen Facebook-Konto."
Die oben beschriebenen Maßnahmen sind bereits umgesetzt oder werden realisiert.
Der Abschluss des Verfahrens bedeutet nicht, dass alle kartellrechtlichen Bedenken restlos ausgeräumt worden wären. Vielmehr wurden die Maßnahmen Metas als hinreichend geeignetes Gesamtpaket angesehen, um auf Vollstreckungsmaßnahmen zu verzichten und das Verfahren im Ermessenswege abzuschließen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass andere Behörden über wirksame und gut geeignete Instrumentarien verfügen, um ggf. weiterreichende Verbesserungen für die Nutzenden von Meta-Diensten in der Europäischen Union zu erreichen. Der Abschluss des Verfahrens auf der Basis des oben beschriebenen Maßnahmenpakets enthält daher keine Wertung, ob Meta die sich aus diesen Instrumentarien ergebenden Pflichten erfüllt. So hat die Europäische Kommission inzwischen die Befugnis, auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 2 des Digital Markets Act (DMA), welcher die Problematik der Facebook-Entscheidung des Bundeskartellamtes aufgreift und weiterentwickelt, gegen Datenzusammenführungen zwischen verschiedenen Diensten von sog. Torwächtern vorzugehen, sofern keine wirksame Einwilligung vorliegt. Die Datenschutzbehörden können in Anwendung der Datenschutzgrundverordnung prüfen, inwieweit Einwilligungen tatsächlich freiwillig erfolgt sind und ob Datenverarbeitungen – auch innerhalb einzelner Dienste – ggf. exzessiv sind. Auch könnten hinsichtlich Metas Gestaltung der Nutzerdialoge verbraucherschützende Vorschriften zum Zug kommen.
Aufgrund z. T. ähnlicher Fragestellungen in Kartell- und Datenschutzrecht hat sich das Bundeskartellamt während des Verfahrens regelmäßig mit Datenschutzbehörden ausgetauscht. Zudem wurde das Bundeskartellamt in technischen Fragen vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik unterstützt. Ferner war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) als Beigeladene an dem Verfahren beteiligt.
Hintergrund:
Am 6. Februar 2019 untersagte das Bundeskartellamt Meta (vormals Facebook) per Beschluss, Daten ohne Einwilligung der Nutzenden aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen. Hiergegen legte Meta Beschwerde beim OLG Düsseldorf ein. Dieses ordnete auf Antrag Metas am 26. August 2019 die aufschiebende Wirkung der Beschwerde an. Diese Anordnung hob der Bundesgerichtshof auf Antrag des Bundeskartellamtes mit Beschluss vom 23. Juni 2020 auf und lehnte Metas Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ab. Am 24. März 2021 legte das OLG Düsseldorf dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) diverse Fragen vor und setzte das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus. Der EuGH sollte u. a. klären, ob das Bundeskartellamt im Rahmen von kartellrechtlichen Abwägungsentscheidungen auch DSGVO-Normen auslegen darf. Der Europäische Gerichtshof hat dies in seiner Entscheidung am 4. Juli 2023 (Rechtssache C-252/21) bejaht. Der Rechtsstreit vor dem OLG Düsseldorf wurde angesichts der Gespräche zwischen den Parteien zuletzt nicht aktiv betrieben und ist jetzt mit der Rücknahme der Beschwerde durch Meta beendet.
Aktuell wird die Rechtmäßigkeit von Metas "Pay or consent"-Modell diskutiert, welches eine werbefreie Nutzung von Facebook bzw. Instagram gegen Gebühr ermöglicht. Mehrere europäische Verbraucherverbände haben hiergegen Beschwerde bei ihren jeweiligen nationalen Datenschutzbehörden eingelegt (siehe https://www.beuc.eu/press-releases/consumer-groups-launch-complaints-against-metas-massive-illegal-data-processing). Auch der Europäische Datenschutzausschuss hat entsprechende Modelle in einer Stellungnahme vom 17. April 2024 kritisiert (siehe https://www.edpb.europa.eu/system/files/2024-04/edpb_opinion_202408_consentorpay_en.pdf). Die Europäische Kommission sieht im "Pay or consent"-Modell von Meta einen möglichen Verstoß gegen den seit 7. März 2024 durchsetzbaren Digital Markets Act (DMA) und hat Meta hierzu am 1. Juli 2024 ihre vorläufigen Feststellungen mitgeteilt (siehe https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_24_3582). (Bundeskartellamt: ra)
eingetragen: 14.11.24
Newsletterlauf: 23.01.25
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