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Konjunkturpaket II und Korruptionsrisiko


Umfrage zum Konjunkturpaket II bei den Kommunen: Erhöhte Korruptionsrisiken – Kommunen reagieren sensibel
Es scheint nicht allen Kommunen bekannt zu sein, welche Vorschriften oder Empfehlungen zur Korruptionsprävention in den Bundesländern bestehen


(16.12.09) - Aus Anlass des Internationalen Antikorruptionstages am 09. Dezember hat Transparency International Deutschland die Ergebnisse einer Umfrage bei 116 Kommunen zum Umgang und den Erfahrungen mit dem Konjunkturpaket II vorgestellt.

Kommunen reagieren sensibel
Die Mehrzahl der Kommunen gab an, die Möglichkeiten zur Vereinfachung der Vergabeverfahren zu nutzen. Die Antworten zeigten, dass die Kommunen sich – auch angesichts der hohen Zahl der Vergaben unter großem Zeitdruck – des erhöhten Korruptionsrisikos bewusst sind und teils zusätzliche Maßnahmen ergriffen haben, sofern sie nicht bereits zuvor eine als ausreichend betrachtete Prävention eingeführt hatten.

"Wir freuen uns, dass die Kommunen in der Mehrheit sensibel auf die mit dem Konjunkturprogramm II verbundenen Herausforderungen reagiert haben", lobte die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Sylvia Schenk. "Dies zeigt das gewachsene Bewusstsein für die Korruptionsgefahren auch innerhalb Deutschlands. Trotzdem sind vielfach noch zusätzliche Anstrengungen und mehr Transparenz nötig."

Interessant ist auch, dass nur sechzig Prozent der Kommunen in der Heraufsetzung der Vergabegrenzen tatsächlich eine Vereinfachung der Verfahren sehen; Zwei Drittel bestätigen immerhin eine Beschleunigung.

Einzelne Korruptions-Präventionsmaßnahmen
Einige Kommunen haben darauf geachtet, sich nicht nur auf lokale Firmen zu beschränken, sondern bewusst auswärtige Bieter einzubeziehen. Für Transparency Deutschland ist dies eine wichtige Maßnahme, um Korruptionsrisiken im lokalen Umfeld zu minimieren und zugleich möglichen Preisabsprachen insbesondere bei kleinem Bieterkreis vorzubeugen.

Immerhin gaben nur circa ein Drittel der befragten Kommunen an, es habe keine Kostenerhöhungen im Rahmen des Konjunkturpakets II gegeben. Einzelne Kommunen gehen von Preissteigerungen um die zehn Prozent, in zwei Fällen bis zwanzig Prozent aus.

Zu den Maßnahmen, die in manchen Kommunen vorbildhaft eingeführt wurden, gehören neben der Pflicht zur Beteiligung auswärtiger Bieter die Veröffentlichung der Aufträge im Internet und eine Datensammlung zur Bieterrotation.

Eine besondere Bedeutung kommt der Erhöhung der Transparenz zu. Transparency fordert seit Einführung der Konjunkturpakete, dass Bund, Länder und Kommunen sich zur Veröffentlichung der Rahmendaten verpflichten.

Zu den Rahmendaten vor der Vergabe gehören:
>> Vergebende Kommune bzw. Landeseinrichtung
>> Vergabeart
>> Kurzfassung der Leistungsbeschreibung
>> geschätzter Auftragswert.

Zu den Rahmendaten nach der Vergabe gehören:
>> Angabe der zur Angebotsabgabe aufgeforderten Unternehmen
>> Ausgewählter Auftragnehmer
>> Auftragssumme
>> Datum der Auftragsvergabe.

In welchem Umfang diese Forderungen bundesweit umgesetzt werden, ließ die Umfrage nicht erkennen. Transparency geht von einem erheblichen Verbesserungspotential aus.

Unterstützung der Kommunen durch die Bundesländer verbessern
Es scheint nicht allen Kommunen bekannt zu sein, welche Vorschriften oder Empfehlungen zur Korruptionsprävention in den Bundesländern bestehen. So haben Kommunen innerhalb desselben Bundeslandes unterschiedliche Angaben darüber gemacht, ob sie Unterstützung im Zusammenhang mit dem Konjunkturprogramm erhalten oder nicht. Andere Kommunen empfanden die Unterstützung als unzureichend. Transparency fordert die Bundesländer daher auf, ihre unterstützenden Maßnahmen sowie die Kommunikation zu prüfen und gegebenenfalls um praxisnahe Hilfestellungen auszubauen.

Weitere umfassende Auswertung unverzichtbar
Die Ergebnisse zeigen auch, dass nach Abschluss des Konjunkturprogramms eine umfassende Evaluierung seitens der zuständigen Stellen sowie bundesweit unverzichtbar ist. Sie dient nicht nur der Legitimation der eingesetzten Steuergelder.

"Wir sollten alles daran setzen, den Bürgerinnen und Bürgern den verantwortlichen Umgang mit den zur Belebung der Konjunktur bereitgestellten Milliarden aufzuzeigen – verantwortlich seitens der staatlichen Stellen, aber auch der profitierenden Wirtschaft. Zudem lassen sich wichtige Erfahrungen für die Effektivität von Anti-Korruptionsmaßnahmen sammeln", sagt Sylvia Schenks Schlussfolgerung.

Hintergrund
Im Rahmen der Konjunkturpakete sind zum 01.01.2009 für circa zwei Jahre die Schwellenwerte, unterhalb derer kein öffentliches Ausschreibungsverfahren notwendig ist, heraufgesetzt worden. Im Bereich der Bauleistungen wurde beispielsweise für freihändige Vergaben der Wert auf 100.000 Euro (vorher: 30.000 Euro) und für beschränkte Ausschreibungen auf eine Million Euro (vorher: 100.000 Euro) erhöht.

Sowohl bei der freihändigen Vergabe, bei der ohnehin kaum Formvorschriften einzuhalten sind, als auch bei der beschränkten Ausschreibung darf sich der öffentliche Auftraggeber den Kreis der Bieter zusammenstellen. Da der Wettbewerb auf diese Weise eingeschränkt wird, müssen transparente Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Der Fragebogen von Transparency Deutschland wurde mit Unterstützung des deutschen Städtetages entworfen und pro Bundesland an die einwohnerstärksten Kommunen gesandt. Die Rücklaufquote betrug rund 55 Prozent, wobei circa ein Drittel der antwortenden Kommunen den Fragebogen nicht ausfüllten. Begründet wurde dies vor allem damit, dass es zum jetzigen Zeitpunkt noch zu wenige Erfahrungen im Umgang mit dem Konjunkturpaket II gibt. Konkrete Antworten kamen von 42 Kommunen aus 14 verschiedenen Bundesländern.

Der 9. Dezember ist der weltweite Antikorruptionstag. Anlass ist die im Jahr 2003 unterzeichnete UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC), die inzwischen von 140 Staaten ratifiziert wurde – Deutschland gehört allerdings nicht dazu, weil der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung nicht den internationalen Vorgaben entspricht. (Transparency International: ra)

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