Stärkung der Banken-Solidität behindert?


Reform des Meldewesens: Bewegen wir uns in Richtung Echtzeit-Reporting?
Studie: Das gegenwärtige Modell des europäischen Meldewesens ist wahrscheinlich nicht in der Lage, eine weitere Finanzkrise zu verhindern

(21.04.15) - Im Zuge der Finanzkrise konfrontierten Regulierungsbehörden Banken und Versicherungsunternehmen mit neuen Compliance-Vorschriften. Ziel war, das Finanzsystem insgesamt sicherer zu machen. Die Zeitintervalle für Reportings wurden von Monatsebene auf Wochenebene verkürzt. Zudem sind Datenanfragen nun granularer, da die Krise die Bedeutung von qualitativ hochwertigen, aktuellen und vergleichbaren Daten im globalen Finanznetzwerk verdeutlichte.

Laut einer aktuellen Studie des BearingPoint Institute könnten die Bestrebungen zur Wiederherstellung des Vertrauens in das Finanzsystem umsonst sein, wenn das herkömmliche Reporting-Modell, basierend auf vordefinierten Meldeformularen, nicht verworfen und durch einen modernen, digitalen aufsichtsrechtlichen Ansatz ersetzt wird. Während sich der Prozess in den letzten Jahren in Richtung online verlagerte, ist die Methodik nach wie vor formularbasiert. Die Studienautoren bezeichnen diese Methodik als höchst ineffizient, da sie regulatorische Ziele zur Stärkung der Banken-Solidität behindere. Durch die aktuelle Vorgehensweise kann nicht die Geschwindigkeit erreicht werden, die zur präzisen aufsichtsrechtlichen Überwachung nötig wäre.

Österreich zeigt sich mit einem Pionier-Modell wegweisend, das eher auf Daten-Input statt -Output beruht und eine Software-Plattform nutzt, die die Lücke zwischen den IT-Systemen der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und den größten Banken bzw. Banksektoren des Landes schließt. Diese Plattform funktioniert wie ein Zwischenspeicher. Daten der österreichischen Banken werden bei Bedarf (ad hoc bzw. regulär) abgerufen und den Nutzern (z.B. Aufsehern) bereitgestellt. Gleichzeitig behalten die Banken durch die Plattform volle Kontrolle über geschäftlich sensible Informationen.

Das BearingPoint Institute interviewte Dr. Johannes Turner, Direktor der Hauptabteilung Statistik bei der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), um mehr über das neue Modell zu erfahren, das aus der intensiven Zusammenarbeit zwischen Österreichs Banken und der OeNB entstanden ist. Dr. Johannes Turner: "Das Modell garantiert konsistente und qualitativ hochwertige Daten. Als größten Gewinn für die Banken werte ich, dass sie sich nicht mehr mit dem Ausfüllen von Formularen für verschiedenste Themen zu verschiedensten Zeiten befassen müssen. Sie sparen darüber hinaus Kosten durch Prozessteilung und -zentralisierung."

Das BearingPoint Institute sprach auch mit Patrick Hoedjes, Head of Oversight and Operations, European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA), darüber, inwiefern das gesamte europäische Reportingsystem für Versicherungen und Banken als Input-basiertes Datenmodell nach österreichischem Vorbild etabliert werden kann. Patrick Hoedjes: "Meiner Meinung nach gibt es einen Mittelweg. Das österreichische Modell reicht noch ein Stück weiter, weil es in einer Organisation integriert ist. Der Industrie steht es immer frei, eine solche Initiative zu ergreifen, allerdings riskiert man auch, einen Teil seiner Führung und Kontrolle abgeben zu müssen. Zudem denke ich, dass Reportinganforderungen in Zukunft wie ein Datenwürfel aufgebaut sein werden. Es bleibt abzuwarten, wie das funktionieren wird."

Die Studienautoren verdeutlichen, dass obwohl eine stärkere Harmonisierung und Standardisierung der Aufsicht im europäischen Finanzdienstleistungssektor ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist, eine mikro-regulierte Umgebung mit veralteter Methodik die Branche überfordert.

Jürgen Lux, Partner Financial Services bei BearingPoint und Co-Autor der Studie, kommentiert: "Es ist sicher richtig, dass Aufsichtsbehörden Daten, die ein systemisches Risiko beinhalten, häufiger und mit einer höheren Granularität als bisher von Organisationen abrufen können, aber das aktuelle Reportingsystem wird zunehmend kostspieliger und zeitaufwendiger für Banken und Versicherungen."

Dr. Maciej Piechocki, Partner Financial Services bei BearingPoint und Co-Autor, ergänzt: "Um wirklich voranzukommen müssen sich Regulierungsbehörden und Branchenrepräsentanten auf eine richtige ‚Grenzlinie‘ für den Austausch von statistischen und aufsichtlichen Daten verständigen. Nur so kann die Reporting-Last für den Sektor minimiert und gleichzeitig die Transparenz der entsprechenden Daten verbessert werden." (BearingPoint: ra)

BearingPoint: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Studien

  • Detaillierte Einblicke in die Gehaltsstrukturen

    APSCo (Association of Professional Staffing Companies) Deutschland veröffentlicht den ersten umfassenden Gehaltscheck für die Staffing-Branche und schafft damit eine wichtige Grundlage für mehr Gehaltstransparenz. Die Ergebnisse unterstützen Staffing-Unternehmen in ihrer Vorbereitung auf die bevorstehenden Anforderungen der EU-Richtlinie zur Gehaltstransparenz, die ab 2026 verpflichtend wird.

  • Gute Bedingungen für GenAI-Anwendungen

    Ein Großteil der weltweiten KI-Investitionen fließt in den Finanzsektor. 2023 wurden in der Branche 87 Milliarden US-Dollar in KI investiert - deutlich mehr als im Gesundheitswesen (76 Milliarden) oder in der Telekommunikations- und Medienbranche (75 Milliarden).

  • 9 Prozent der Unternehmen nutzen generative KI

    Die deutsche Wirtschaft nimmt bei Künstlicher Intelligenz Fahrt auf. Erstmals beschäftigt sich mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Unternehmen mit KI. Jedes fünfte Unternehmen (20 Prozent) nutzt bereits KI. Vor einem Jahr waren es erst 15 Prozent, 2022 nur 9 Prozent. Mehr als jedes Dritte (37 Prozent) plant oder diskutiert derzeit den KI-Einsatz, nach 28 Prozent 2023 und 25 Prozent 2022.

  • Studie zu Lieferkettengesetzen

    Für neun von zehn Unternehmen in Deutschland ist Personalmangel die größte Hürde bei der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG). Das zeigt eine neue Studie der EQS Group in Zusammenarbeit mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach. Während Unternehmen in ihrem eigenen Geschäftsbereich nur ein geringes Risiko für LkSG-Verstöße sehen, schätzen sie dieses bei ihren mittelbaren Lieferanten deutlich höher ein.

  • Unternehmen evaluieren Krisenmanagementpläne

    Das Business Continuity Institute (BCI) hat seinen aktuellen Crisis Management Report 2024 veröffentlicht. Untersucht wurde der globalen Status des Krisenmanagements im vergangenen Jahr. Der von F24 gesponserte Report stützt sich auf Umfragen und strukturierte Interviews mit leitenden Resilienz-Experten und ermöglicht dadurch detaillierte Einblicke in den aktuellen Stand des Krisenmanagements.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen