Verantwortung für Personalangelegenheiten


Ergebnisse der 11. Panel-Befragung zu Personalfragen im und für den Aufsichtsrat
Viele Aufsichtsräte sehen Zusammensetzung der eigenen Gremien als verbesserungsbedürftig an


(17.12.12) - Aufsichtsräte tragen zunehmend Verantwortung für Personalangelegenheiten, die den Vorstand und die Aufsichtsgremien selbst betreffen. Dies zeigt sich in der häufiger zu beobachtenden Verlagerung der Personalberatungen auf das Aufsichtsratsplenum. Ein weiteres Indiz ist die immer selbstverständlichere Hinzuziehung von Personalberatern, um die Aufsichtsräte bei der Suche nach geeigneten Vorstandsmitgliedern zu unterstützen, wie die 11. Aufsichtsrats-Panel-Befragung der Zeitschrift "Der Aufsichtsrat" zeigt.

Die Befragung, die in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO entstanden ist, widmete sich in fünf Themenkomplexen ausschließlich Personalthemen, die den Vorstand und den Aufsichtsrat selbst betreffen. "Vor dem Hintergrund der nationalen und der internationalen Aufsichtsratsdiskussion liefert die Befragung ein aktuelles Meinungsbild über den heutigen Stand sowie offene Wünsche der Panelbeteiligten zum Thema Personal", so Professor Dr. Dr. Manuel R. Theisen, geschäftsführender Herausgeber von "Der Aufsichtsrat". "Die Botschaft ist klar: ‚Personnel matters‘."

Für das 11. Aufsichtsrats-Panel wurden 57 Mandatsträger persönlich telefonisch befragt. Die Teilnehmer repräsentieren durch Mehrfachmandate insgesamt 221 Gesellschaften. Insgesamt 93 Prozent der Befragten sind Vorsitzende oder stellvertretende Vorsitzende in mindestens einem Überwachungsgremium. Die Hälfte der Panel-Teilnehmer hält ein bis drei Überwachungsmandate, fast ein Drittel hat vier bis sechs Mandate übernommen, die übrigen sind in sieben bis zwölf Gremien vertreten. Insgesamt 22 der repräsentierten Gesellschaften sind im Prime Standard gelistet (7 DAX, 5 MDAX, 2 SDAX, 2 TecDax und 6 weitere).

Kompetenz und Struktur des Vorstands stehen im Vordergrund
Im ersten Themenkomplex wurde nach den wichtigsten Fragestellungen im Zusammenhang mit den Personalentscheidungen des Aufsichtsrats im Hinblick auf Vorstandsauswahl, -besetzung und -veränderung der letzten zwei bis vier Jahre gefragt. Für 66 Prozent der Aufsichtsräte standen die Kompetenzerwartungen an die auszuwählenden Vorstandsmitglieder an erster Stelle. Weitere 41 Prozent berichteten von intensiven Beratungen zur Struktur und Zusammensetzung des Vorstands.

Vorstandsangelegenheiten sind auch praktisch zunehmend Plenumssache
Die deutlichste Veränderung bei allen den Vorstand betreffenden Personalangelegenheiten sahen 35 Prozent der Befragten in der Verlagerung der Beratung vom Ausschuss oder Präsidium auf das Aufsichtsratsplenum. Allgemeine inhaltliche Veränderungen werden von mehr als der Hälfte (52,6 Prozent) der Befragten erwähnt, wobei die intensiver gewordene Diskussion über Vorstandsangelegenheiten am häufigsten (21 Prozent) genannt wurde. Eine gestiegene Professionalisierung des Personalmanagements ist für etwas mehr als 12 Prozent der Befragten feststellbar.

Zunehmende Hinzuziehung von Personalberatern
Deutlich gewandelt hat sich die Einstellung zu Personalberatern. Ihre Einbeziehung in das Recruiting neuer Vorstandsmitglieder sowie die Vertragsgestaltung wird kaum noch infrage gestellt. So fanden mehr als 47 Prozent die Zusammenarbeit mit Personalberatern "im Einzelfall" sinnvoll, fast 44 Prozent halten professionellen Rat für "grundsätzlich geboten" oder sogar "zwingend erforderlich". Die in der Zusammenarbeit mit Personalberatern Erfahrenen (75 Prozent) beurteilen den Arbeitskontakt zu zwei Fünfteln positiv, zu einem Viertel teils positiv, teils negativ und zu einem Viertel negativ.

Zusammensetzung der Aufsichtsratsgremien als verbesserungsbedürftig bewertet
Kritische Meinungsäußerungen gab es zur personellen Qualität der Aufsichtsräte. Drei von fünf (61 Prozent) der Befragten bezeichnen die personelle Zusammensetzung der Aufsichtsräte, in denen sie selbst mitwirken, als "optimierbar"; weitere fünf Befragte (9 Prozent) sprechen sogar von einer "deutlich verbesserungsbedürftigen" Besetzung. Nur 12 Prozent glauben, dass sie "perfekt" zusammengesetzt sind. Das häufigste Argument für die qualifizierende Einordnung des Aufsichtsrats ist für 75 Prozent der Befragten die Kompetenz der Aufsichtsratsmitglieder; von 42 Prozent wird "Diversity" als Bewertungshintergrund herangezogen.

Die Frage nach der "optimalen" Zusammensetzung eines Aufsichtsrats mit sechs Anteilseignervertretern führt zu folgender Besetzung: Mit überragendem Stimmenanteil von mehr als vier Fünfteln (84,2 Prozent) wählen die Befragten den verpflichtenden Finanzexperten in den Aufsichtsrat. Weiterhin werden – mit fallender Präferenz – berufen: ein Jurist (45,6 Prozent), eine Person mit Managementerfahrung/-kompetenz (43,9 Prozent), eine Person mit Branchenkenntnis (35,1 Prozent), eine Person mit Technik- und Produktionswissen bzw. -affinität (33,3 Prozent) und eine Person mit Marktkompetenz bzw. Kenntnis über das Produktspektrum (31,6 Prozent).

Aktuelle Corporate-Governance-Fragen
Differenziert bewerteten die Panel-Teilnehmer die Praxis, Vorstandsmitgliedern durch die vorzeitige Kündigung ihres laufenden Vertrags und den gleichzeitigen Abschluss eines neuen Vertrags mit voller 5-jähriger Laufzeit eine vorgezogene Vertragsverlängerung zu ermöglichen. Dieses zwar vom Bundesgerichtshof als rechtlich zulässig beurteilte Verfahren wird dennoch von fast der Hälfte der Befragten (45,6 Prozent) als "kritisch" bewertet. Kritiker dieser Praxis warnten vor möglichen Manipulationen, während Befürworter darin ein legitimes Instrument zur Bindung leistungsstarker Vorstände sehen.

Die häufige Forderung internationaler Investorengruppen, einen oder mehrere garantierte Anteilseigner-Sitze im Aufsichtsrat einer Gesellschaft zu erhalten, wird von nahezu drei Vierteln (71,4 Prozent) der Panel-Teilnehmer kritisch gesehen. Sie sprechen sich – mit einer Ausnahme für Familienunternehmen – für die Anwendung des Mehrheitsprinzips in der Hauptversammlung aus und wollen keine Sonderrechte einräumen. Als Gefahr für das Unternehmen wird dabei eine Investorensicht gesehen, die auf Exit ausgerichtet sei und nicht zur Entfaltung der optimalen Wertschöpfung eines Unternehmens führen könne. Eine Mehrheit der Kritiker (69 Prozent) sprach sich für die Aufnahme einer entsprechenden Empfehlung in den DCGK oder eine gesetzliche Regelung aus (12 Prozent).
(Fachzeitschrift "Der Aufsichtsrat": Fachverlag der Verlagsgruppe Handelsblatt: BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: ra)


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