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Lizenzvereinbarungen & Kartellvorschriften


Kartellrechts-Compliance: Europäische Kommission erlässt überarbeitetes Regelwerk für Technologietransfer-Vereinbarungen
Das geänderte Regelwerk erleichtert die Weitergabe von geistigem Eigentum

(09.04.14) - Die Europäische Kommission hat neue Vorschriften für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Technologietransfer-Vereinbarungen angenommen. Solche Vereinbarungen ermöglichen es Unternehmen die Nutzung von Patenten, Know-how oder Software anderer Unternehmen zu lizenzieren, die für die Produktion von Waren und Dienstleistungen eingesetzt werden. Das geänderte Regelwerk erleichtert die Weitergabe von geistigem Eigentum, unter anderem durch Patentpools, und ermöglicht eine bessere Orientierung für wettbewerbsfördernde Lizenzvereinbarungen. Gleichzeitig zielt es auf eine Stärkung der Anreize für Forschung und Entwicklung ab.

Lizenzvergaben fördern die Verbreitung von Innovationen und ermöglicht es Unternehmen neue Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Darüber hinaus erhöhen sie Anreize für Forschung und Entwicklung, da sie zusätzliche Einnahmen zur Deckung der Kosten schaffen. Lizenzvergaben spielen daher eine wichtige Rolle für das Wirtschaftswachstum und das Wohl der Verbraucher. Sie können jedoch auch zur Beeinträchtigung des Wettbewerbs eingesetzt werden. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn zwei Wettbewerber in einer Lizenzvereinbarung die Märkte untereinander aufteilen, anstatt miteinander zu konkurrieren. Ein weiteres Beispiel wäre eine Lizenzvereinbarung, die die Nutzung konkurrierender Technologien auf dem Markt ausschließt. Solche und andere Vereinbarungen, die den Wettbewerb beeinträchtigen, sind nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verboten.

Das erlassene Regelwerk hilft Unternehmen dabei besser einzuschätzen, wie sie Lizenzen in einer Weise gewähren können, die Innovationstätigkeit fördert und gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt gewahrt bleiben. Das Regelwerk besteht aus der Technologietransfer-Gruppenfreistellungsverordnung (TT-GVO), die bestimmte Lizenzvereinbarungen von den Kartellvorschriften freistellt, und den Technologietransfer-Leitlinien, die weitere Erläuterungen zur Anwendung der Vorschriften enthalten.

Die wichtigsten Merkmale des neuen Regelwerks sind folgende:

>> Das geänderte Regelwerk spiegelt weiterhin wider,
dass sich die Lizenzvergabe in den meisten Fällen positiv auf den Wettbewerb auswirkt. Die Kommission hat schrittweise Änderungen am derzeit geltenden Regelwerk vorgenommen, die in den beiden öffentlichen Konsultationen positive Rückmeldungen von den Interessenträgern erhalten hatte.

>> Neue Orientierungshilfen zu Patentpools: Patentpools können Unternehmen einen kostengünstigeren und einfacheren Zugang zu den benötigten Rechten des geistigen Eigentums, wie etwa standardessenziellen Patenten, verschaffen, da sie eine einzelne Anlaufstelle bieten. Der häufig wettbewerbsfördernden Charakter von Patentpools wird in den Leitlinien anerkannt, und eine Freistellung für die Gründung von Patentpools und die Lizenzvergabe durch Patentpools eingeführt.

>> Ein differenzierterer Ansatz zu Klauseln, die Wettbewerb und Innovation beeinträchtigen können: Bestimmte Arten von Klauseln sind nicht mehr automatisch von den Kartellvorschriften freigestellt, sondern müssen fallweise beurteilt werden. Dies gilt für Klauseln, die es dem Lizenzgeber erlauben, eine nichtausschließliche Vereinbarung zu kündigen, wenn der Lizenznehmer die Gültigkeit des Rechts des geistigen Eigentums anficht, und Klauseln, die einen Lizenznehmer verpflichten, dem Lizenzgeber für Verbesserungen, die der Lizenznehmer an der lizenzierten Technologie vornimmt, eine ausschließliche Rücklizenz zu erteilen.

Auf der Grundlage der jüngsten Erfahrungen der Kommission geben die neuen Leitlinien auch Orientierungshilfen zu Streitbeilegungsvereinbarungen.

Das neue Regelwerk ist abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/antitrust/legislation/transfer.html#TTBER_and_guidelines

Hintergrund
Das Regelwerk umfasst zwei Instrumente: Erstens die Technologietransfer-Gruppenfreistellungsverordnung (TT-GVO), die vorsieht, dass Lizenzvereinbarungen freigestellt sind zwischen Unternehmen mit geringer Marktmacht, die zudem bestimmte in der TT-GVO festgesetzte Voraussetzungen erfüllen. Bei derartigen Vereinbarungen wird davon ausgegangen, dass sie keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen haben oder aber die positiven Auswirkungen die negativen überwiegen. Zweitens die Technologietransfer-Leitlinien, die Orientierungshilfen bieten für die Anwendung der TT-GVO sowie für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Technologietransfer-Vereinbarungen, die nach der TT-GVO nicht freigestellt sind.

Im Dezember 2011 leitete die Kommission eine erste öffentliche Konsultation zum aktuellen Regelwerk ein (siehe MEX/11/1206). Die Stellungnahmen, die hauptsächlich von Anwaltskanzleien sowie Rechts- und Branchenverbänden, aber auch von Unternehmen und Bürgern eingereicht wurden, sind hier abrufbar. In der Mehrheit der Stellungnahmen wurde die Auffassung vertreten, dass das derzeitige Regelwerk hilfreich ist und ein wichtiges Instrument für die Wirtschaft darstellt. Viele Stellungnahmen enthielten Vorschläge für geringfügige Verbesserungen, auf deren Grundlage die Kommission Anfang 2013 einen überarbeiteten Entwurf zur Konsultation vorlegte.

In den dazu eingegangenen Stellungnahmen wurden der Vorschlag der Kommission, die allgemeine Struktur des Regelwerks beizubehalten, sowie die Klarstellungen hinsichtlich des Geltungsbereichs begrüßt. Inhaltlich bezogen sich die meisten Stellungnahmen auf die vorgeschlagenen Änderungen bezüglich Marktanteilsschwellen, Kündigungsklauseln, ausschließlichen Rücklizenz-Verpflichtungen und Patentpools. (Europäische Kommission: ra)

Bild: EU-Kommission


Die Geldbußen wurden auf der Grundlage der 2006 erlassenen Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen berechnet. Bei der Festsetzung der Geldbußen trug die Kommission dem Umsatz der beteiligten Unternehmen mit den betreffenden Produkten, der Schwere der Zuwiderhandlung, der räumlichen Ausdehnung des Kartells sowie seiner Dauer Rechnung.

Dem japanischen Unternehmen Jtekt wurde die Geldbuße vollständig erlassen, weil es die Kommission über das Kartell unterrichtet hatte. Andernfalls wäre das Unternehmen für seine Beteiligung an der Zuwiderhandlung mit einer Geldbuße von 86.037.000 Euro belegt worden.

NSK, NFC, SKF und Schaeffler erhielten nach der Kronzeugenregelung von 2006 eine Geldbußenermäßigung, weil sie mit der Kommission kooperierten. Wie hoch die Ermäßigung ausfällt, richtet sich danach, in welcher Reihenfolge die Unternehmen ihre Zusammenarbeit angeboten und inwiefern die von ihnen vorgelegten Beweismittel zum Nachweis des Kartells beigetragen haben.

Im Einklang mit der 2008 erlassenen Mitteilung über die Durchführung von Vergleichsverfahren senkte die Kommission die Geldbußen aller beteiligten Unternehmen um 10 Prozent, da diese ihre Beteiligung am Kartell einräumten und die entsprechende Haftung übernahmen.

Hintergrund
Kfz-Wälzlager werden an Kfz-Erstausrüster geliefert, die Pkw, Lkw oder Kraftfahrzeugbauteile herstellen (zusammen Abnehmer der Kfz-Industrie). Wälzlager sind Maschinenbauteile, die mit rollenden Elementen die Reibung in rotierenden Bauteilen verringern. Sie werden zahlreichen Kfz-Bauteilen eingesetzt.

Die Ermittlungen der Kommission begannen mit unangemeldeten Nachprüfungen im November 2011.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden weitere Informationen zu dieser Kartellsache unter der Nummer 39922 im öffentlich zugänglichen Register der Kommission auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb veröffentlicht. Weitere Informationen über die Maßnahmen der Kommission gegen Kartelle finden sich auf ihrer Website unter der Rubrik Cartels.

Das Vergleichsverfahren
Der Beschluss ist der zwölfte Vergleichsbeschluss seit Einführung der Vergleichsverfahren für Kartelle im Juni 2008. Bei einem Vergleichsverfahren räumen Unternehmen, die an einem Kartell beteiligt waren, die Teilnahme an der Zuwiderhandlung ein und übernehmen die entsprechende Haftung. Das Vergleichsverfahren stützt sich auf die Kartellverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates) und ermöglicht der Kommission den Rückgriff auf ein vereinfachtes Verfahren und folglich eine Verkürzung der Zeit für Nachprüfungen. Davon profitieren praktisch alle Seiten: Die Verbraucher und Steuerzahler, weil Kosten eingespart werden, die für die Durchsetzung des Kartellrechts zuständigen Stellen, da so die Ressourcen für andere Verdachtsfälle eingesetzt werden können, und zuletzt auch die Unternehmen, da die Beschlüsse schneller gefasst und die Geldbußen um 10 Prozent gesenkt werden.

Bislang hat die Kommission in folgenden Bereichen Vergleiche mit den Kartellbeteiligten erzielt: PC-Arbeitsspeicher (DRAM), Futterphosphate, Waschpulver, Glas für Kathodenstrahlröhren, Kühlkompressoren, Water-Management-Produkte, Kabelbäume, Euro- und Yen-Zinsderivate, Polyurethan-(PU-)Schaumstoff und Strombörsen.

Schadensersatzklagen
Alle Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs und der Kartellverordnung sind Kommissionsbeschlüsse ein rechtsgültiger Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Schadensersatz kann selbst dann gewährt werden, wenn die Kommission bereits Geldbußen gegen die betreffenden Unternehmen verhängt hat. Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird bei der Berechnung des Schadensersatzes nicht angerechnet.

Im Juni 2013 hat die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie vorgelegt, um Opfern wettbewerbswidriger Praktiken die Erlangung von Schadensersatz zu erleichtern. Weitere Informationen zu Schadensersatzklagen sowie einen praktischen Leitfaden zur Quantifizierung des Schadens aufgrund von Kartellrechtsverstößen, die öffentliche Konsultation und eine Bürgerinfo finden Sie unter:
http://ec.europa.eu/competition/antitrust/actionsdamages/documents.html.
(Europäische Kommission: ra)


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