Übernahme der Verluste der WestSpiel
Kommission stuft Kapitalzuführung Deutschlands zugunsten der WestSpiel als mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe ein
Die Untersuchung der Kommission betraf zwei Maßnahmen der NRW.BANK (zu 100 Prozent im Eigentum des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW)) zugunsten der WestSpiel
Die Europäische Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass die staatliche Kapitalzuführung Deutschlands zugunsten des Spielbankbetreibers Westdeutsche Spielbanken GmbH & Co. KG (WestSpiel) nicht mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar ist. Deutschland muss nun die mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfen zuzüglich Zinsen zurückfordern.
Untersuchung der Kommission
Im Dezember 2019 leitete die Kommission eine eingehende Prüfung ein, um festzustellen, ob die finanzielle Unterstützung Deutschlands für die WestSpiel mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar ist.
Die Untersuchung der Kommission betraf zwei Maßnahmen der NRW.BANK (zu 100 Prozent im Eigentum des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW)) zugunsten der WestSpiel: i) einen jährlichen Verlustausgleich in Höhe von rund 63,6 Mio. EUR in den Jahren 2009 bis 2015 und ii) eine Kapitalzuführung in Höhe von 64,8 Mio. EUR im Jahr 2015.
Die WestSpiel verzeichnete von 2009 bis 2015 Verluste. Am Ende jedes Geschäftsjahres wurden die jährlichen Verluste der WestSpiel nach dem deutschen Gesellschaftsrecht der NRW.BANK als alleiniger Gesellschafterin zugewiesen und vom Kapitalanteil der NRW.BANK abgeschrieben. Im Jahr 2014 erwirtschaftete die WestSpiel durch den Verkauf von zwei Kunstwerken Gewinne. Da Spielbankenunternehmen nach dem im Recht des Landes NRW verankerten Gewinnabschöpfungsmechanismus verpflichtet sind, 75 Prozent oder mehr ihres ausgewiesenen Jahresüberschusses an NRW abzuführen, wurde im Jahr 2014 ein Abschöpfungsbetrag in Höhe von rund 82 Mio. EUR an NRW ausbezahlt. In der Folge beschloss NRW, der WestSpiel im Jahr 2015 Kapital in Höhe von 64,8 Mio. EUR zuzuführen. Im September 2021 wurde die WestSpiel an das private Spielbankunternehmen Gauselmann-Gruppe verkauft.
Würdigung der Kommission
Die Kommission hat die beiden Maßnahmen nach Artikel 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geprüft.
Im Rahmen der eingehenden Prüfung hat die Kommission festgestellt, dass der jährliche Verlustausgleich keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellt. WestSpiel ist durch die Maßnahme kein wirtschaftlicher Vorteil entstanden, da i) der jährliche Verlustausgleich auf einem reinen rechtlichen Automatismus nach deutschem Gesellschaftsrecht beruhte und nur auf den eigenen Kapitalkonten der WestSpiel erfolgte, ohne dass eine Übertragung externer Mittel erforderlich war, und ii) sich die NRW.BANK bei der Übernahme weiterer Verluste der WestSpiel aus wirtschaftlicher Sicht vernünftig verhalten hat.
Hinsichtlich der Kapitalzuführung kam die Kommission zu dem Schluss, dass diese Maßnahme nicht mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar ist. Aufgrund der Struktur der NRW.BANK und der Einbindung des Staates in ihren Entscheidungen ist die Maßnahme dem Staat zuzurechnen. Darüber hinaus verschafft die Maßnahme der WestSpiel einen wirtschaftlichen Vorteil, da ein vergleichbarer privater Kapitalgeber einem Unternehmen in einer anhaltend negativen finanziellen Lage kein zusätzliches Kapital zugeführt hätte.
Aus diesem Grund forderte die Kommission Deutschland auf, 64,8 Mio. EUR zuzüglich Zinsen von der WestSpiel zurückzufordern. Nach den EU-Beihilfevorschriften müssen nicht mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfen grundsätzlich zurückgefordert werden, um die durch die Beihilfe verursachte Verfälschung des Wettbewerbs zu beseitigen. Im EU-Beihilferecht sind keine Geldbußen vorgesehen, und das betreffende Unternehmen wird durch die Rückforderung nicht bestraft. Die Rückforderung stellt lediglich die Gleichbehandlung gegenüber anderen Unternehmen wieder her.
Hintergrund
Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV stellt eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe dar, wenn die folgenden vier Voraussetzungen erfüllt sind: i) Die Maßnahme wird von Mitgliedstaaten aus staatlichen Mitteln gewährt, ii) sie verschafft bestimmten Unternehmen einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil, iii) dieser Vorteil verfälscht den Wettbewerb oder droht, ihn zu verfälschen, und iv) die Maßnahme beeinträchtigt den Handel zwischen EU-Mitgliedstaaten.
Staatliche Maßnahmen zugunsten von Unternehmen können als beihilfefrei angesehen werden, wenn sie zu Bedingungen gewährt werden, die auch ein marktwirtschaftlich handelnder privater Wirtschaftsbeteiligter akzeptiert hätte (Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten). Wird dieser Grundsatz nicht beachtet, enthalten die staatlichen Maßnahmen eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 AEUV, da sie den begünstigten Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern verschaffen. Wird festgestellt, dass eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellt, prüft die Kommission, ob diese Beihilfe mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar ist. (Europäische Kommission: ra)
eingetragen: 22.11.24
Newsletterlauf: 20.02.25
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