Sie sind hier: Home » Markt » Hintergrund

DAFTA: Vorratsspeicherung und der Online-Zugriff


Erkenntnis auf der Datenschutzfachtagung: Summe der Überwachungs- und Auswertungssystem führt in die Unfreiheit führenden Weg
Verabschiedeten und geplanten Sicherheitsgesetze überschreiten die Grenzen der Verfassung deutlich überschritten

31. Datenschutzfachtagung:
31. Datenschutzfachtagung: Freiheiten verteidigen, anstatt sie durch Überwachungstechniken einzuschränken, Bild: GDD

(11.12.07) - Die verabschiedeten und geplanten Sicherheitsgesetze, insbesondere die Vorratsspeicherung und der Online-Zugriff über den Bundestrojaner, stellen massive Eingriffe in die grundrechtlich verbürgte informationelle Selbstbestimmung dar. Die Frage der Verhältnismäßigkeit derartiger Eingriffe bildete einen Schwerpunkt der 31. Datenschutzfachtagung (DAFTA) der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung e.V. (GDD), die vom 15.-16. November 2007 in Köln stattfand.

Der Vorstandsvorsitzende der GDD, Prof. Peter Gola, stellte bei der Eröffnung der größten Fachkonferenz zum Datenschutz in Deutschland fest, dass die schnelle Entwicklung der Informationstechnik auch zu ihrer zunehmenden Nutzung bei strafrechtlichem Verhalten führt. Dabei gehe es nicht nur um die immer wieder beschworene terroristische Gefahr. Niemand, so Gola, wolle in Frage stellen, dass der Staat ausgerüstet sein müsse, den Bürger angemessen zu schützen. Dazu benötige man im Fall von kriminellem Handeln auch personenbezogene Daten bzw. technische und rechtliche Zugriffsmöglichkeiten. Entscheidend sei daher nicht die Frage des "Ob" sondern das "Wie" der Eingriffe, d.h. die Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Überwachungsbefugnisse.

Gleiches gelte aber auch für den Schutz der Bürger vor Begehrlichkeiten der Wirtschaft. Die immer noch weitgehend hinter dem Rücken des Einzelnen stattfindende Beobachtung bzw. Einschätzung des Konsumverhaltens und damit seiner Persönlichkeit ist, so Gola, auf das Angemessene zurückzuführen. Bei alledem gelte es, das Gesamtmaß der Überwachung durch Staat und Private im Auge zu halten. Viele einzelne, durchaus begründbare, Überwachungs- und Auswertungssysteme führten in ihrem Ganzen zu einem zwar mit guten Absichten gepflasterten aber gleichwohl in die Unfreiheit führenden Weg.

Mit Blick auf die zunehmende staatliche und private Datenverarbeitung forderte die Richterin am Bundesverfassungsgericht, Christine Hohmann-Dennhardt, der Privatheit in der Informationsgesellschaft ausreichenden, von Rechtfertigungsdruck freien und klar umgrenzten Raum zu bewahren. Immerhin sei der Mensch nicht auf die Summe seiner Daten zu beschränken. Allerdings hänge effektiver Datenschutz auch vom Datenschutzbewusstsein des Einzelnen sowie seiner Bereitschaft zum Selbstschutz ab.

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, bestätigte, dass die Polizei neben neuen rechtlichen Werkzeugen vor allem personelle Ressourcen benötige, um nach wie vor vorhandene Sicherheitslücken zu schließen, um somit dem Terrorismus, aber auch international agierenden Schwerkriminellen wirksam begegnen zu können. Letztlich sei es aber Aufgabe der Gesellschaft zu entscheiden, welches Maß an Sicherheit sie zu welchem Preis akzeptieren wolle.

Dr. Claus Ulmer, Konzernbeauftragter für den Datenschutz, stellte in Frage, ob die staatlichen Sicherheits- und Kontrollgesetze überhaupt geeignet sind, einen nennenswerten Sicherheitsgewinn zu erreichen. Zu Bedenken sei auch, dass die Bürger und damit auch die Telekommunikationskunden durch das derzeitige staatliche Handeln verunsichert würden. Dies sei auch insofern kontraproduktiv, als neue zukunftweisende Geschäftsmodelle der Telekommunikationsanbieter gerade auf dem notwendigen Kundenvertrauen aufbauen müssten.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, richtete den Appell an die versammelten Datenschutzverantwortlichen aus Wirtschaft und Verwaltung, die Freiheiten zu verteidigen, anstatt sie durch immer mehr Überwachungstechniken einzuschränken.

Der ehemalige Bundesminister des Innern, Gerhart Baum, sieht durch die verabschiedeten und geplanten Sicherheitsgesetze die Grenzen der Verfassung deutlich überschritten. Wenn die freiheitsbeschränkenden Gesetze mit Unwissenheit und Gleichgültigkeit in der Bevölkerung zusammen kämen, sei der Kampf um die Wahrung der Freiheitsrechte verloren. Denn das Wichtigste, was wir zu verteidigen haben, so Baum, ist die Freiheit. (GDD: ra)

Lesen Sie mehr zum Thema Vorratsdatenspeicherung:
Vorratsdatenspeicherung kontraproduktiv
Vorratsdatenspeicherung nicht verfassungskonform
Verschlüsselung und Vorratsdatenspeicherung
Vorratsdatenspeicherung und Bundesrat
Demonstration gegen Vorratsdatenspeicherung
Einführung der Vorratsdatenspeicherung
Verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung

Lesen Sie auch zumThema Online-Durchsuchung:
Online-Durchsuchung nur der erste Schritt
Fragen und Antworten zur Online-Durchsuchung
Heimliche Online-Durchsuchung wird durchleuchtet
Online-Durchsuchung stark umstritten
Online-Durchsuchung: Mit dem Keylogger zum Ziel
LHG-BW-Veranstaltung: Online-Durchsuchung
Online-Durchsuchung ist erfolgreiches Hacking
Schutz sensibler persönlicher Daten
Datenschutz und Online-Durchsuchungen
Online-Durchsuchungen im BKA-Gesetz
Anti-Terror contra Datenschutz
Bundestrojaner schadet Made in Germany
Verdeckte Online-Durchsuchung rechtswidrig

Lesen Sie auch zumThema Telekommunikationsüberwachung:
Überwachung der Telekommunikation
Quellen-Telekommunikationsüberwachung
Handy als tragbare "Wanze"
Schäubles Visionen Gegenstand im Innenausschuss
USA spioniert Mailverkehr aus


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Markt / Hintergrund

  • Was ist das EU-KI-Gesetz?

    Das EU-KI-Gesetz ist da und es hat Auswirkungen auf die Welt des Datenschutzes, Sicherheit, Risiko und Rechnungsprüfung. Das bedeutet, es beeinflusst die Art und Weise, wie diese Funktionen organisiert sind, wie die Fachleute ihre Arbeit verrichten und was sie in ihrer Position zu tun haben.

  • Politikgetriebener Moralisierung

    Am 1. August 2024 tritt der AI Act der Europäischen Union in Kraft getreten. Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst hatte kommentiert: "Ob Deutschland und Europa zu Innovationsstandorten für Künstliche Intelligenz oder zu Nachzüglern werden, hängt entscheidend von der weiteren Ausgestaltung und Umsetzung des AI Acts ab."

  • Entwicklung der HR-Softwareindustrie

    Human Resources gilt heutzutage als Rückgrat eines jeden Unternehmens. Die Verwaltung von Mitarbeiterdaten, die Durchführung von Rekrutierungsprozessen und die Entwicklung von Talenten sind nur einige der vielfältigen Aufgaben, die die Personalabteilung täglich bewältigen.

  • Mittelstand im Regulierungskorsett

    Ziel des Data Acts ist es, einen Wettbewerbsmarkt für Daten zu schaffen und die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der EU zu stärken. Durch die Förderung eines fairen, transparenten und wettbewerbsfähigen digitalen Marktes adressiert er die Notwendigkeit einer verstärkten Datenmobilität und -nutzung.

  • Paragrafen 201b Strafgesetzbuch vorgeschlagen

    Das Bundeskabinett hat am 21. August 2024 zu einer bayerischen Initiative zum strafrechtlichen Schutz von Persönlichkeitsrechten vor Deepfakes Stellung genommen. Im Juli dieses Jahres hatte der Bundesrat den bayerischen Gesetzentwurf verabschiedet.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen