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Droht Überregulierung geschlossener Fonds?


Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) droht zu einer Überregulierung geschlossener Fonds zu führen
Marktsegment geschlossener Fonds wird damit existenziell bedroht - BaFin prüft die Möglichkeit, geschlossene Fonds und andere Vermögensanlagen wie Wertpapiere zu behandeln und einer stärkeren Kontrolle zu unterziehen


(30.06.09) - Am 30. April dieses Jahres hat die Europäische Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über die Verwalter alternativer Investmentfonds (Alternative Investment Fund Manager - AIFM) vorgelegt. Ziel der Richtlinie ist im Kern der Schutz von Anlegern vor systemischen Risiken. Mit der Richtlinie wird die behördliche Zulassung der Verwalter geregelt und die Kontrolle der Fondsverwaltung verschärft. Als problematisch erweist sich dabei, dass auch geschlossene Fonds, die in ihrer besonderen Ausprägung nur im deutschsprachigen Raum bekannt sind, von der Richtlinie erfasst werden sollen. Ihnen droht damit eine Überregulierung, meinen Sprecher der Kanzlei Rödl & Partner.

"Die AIFM-Richtlinie bedroht das Marktsegment geschlossener Fonds existenziell. Eine Überregulierung würde zu höheren Kosten führen und viele Fonds für Anleger unrentabel machen", erklärt Martin Führlein, Partner von Rödl & Partner. "Die Ziele der AIFM-Richtlinie sind richtig, eine unabgestufte Anwendung auf alle Arten von Fonds ist aber zu weit gefasst. Geschlossene Fonds sind ein sehr wichtiges Instrument zur Finanzierung großer Investitionsvorhaben, gerade im Bereich von Immobilien. Die AIFM-Richtlinie würde ihnen die Luft zum Atmen nehmen."

Der Richtlinienentwurf sieht lediglich eine Freistellung für kleine Verwalter vor. Erfasst werden sollen die Verwalter aller Fondsarten, darunter nach dem Wortlaut auch die Verwalter geschlossener Fonds. Die breite Masse der Fondsverwalter und insbesondere die Initiatoren von geschlossenen Fonds deutscher Prägung würden innerhalb des Anwendungsbereichs liegen. Da geschlossene Fonds in der Form der Publikumsgesellschaft fast nur im deutschsprachigen Raum bekannt sind, berücksichtigt die Richtlinie nicht die Besonderheiten dieses Produkts und zwängt es in ein unpassendes Korsett.

Der Entwurf verzichtet völlig auf Kategorien, die Leistungsfähigkeit, Fondstyp und Risikoprofil berücksichtigen. Dies bedeutet, dass ein Hedgefonds beispielsweise die gleiche Risikovorsorge zu treffen hat wie ein geschlossener Fonds mit einem Anlageobjekt. Es steht zu befürchten, dass die drastischen Konsequenzen der Richtlinienvorgaben fallbeilartig bei Überschreiten bestimmter – willkürlich wirkender – Schwellenwerte eintreten.

Die Richtlinie sieht bestimmte Eigenmittelgrenzen für AIFM vor. Diese haben zudem Abläufe einzurichten und nachzuhalten, die Interessenkonflikte identifizieren und verhindern sollen. Ferner ist ein angemessenes Risiko- und Liquiditätsmanagement zu etablieren. Die Einzelheiten stehen derzeit aber noch nicht fest.

Die verwalteten alternativen Investmentfonds und den Wert der ausgegebenen Anteile sollen mindestens einmal jährlich durch eine unabhängige Bewertungsstelle bewertet werden. Eine Verwahrung der Anlegergelder und der verwalteten Finanzinstrumente soll nur noch durch eine Verwahrstelle möglich sein.

Auch ein zugelassener AIFM soll Anteile nicht mehr an Kleinanleger vertreiben dürfen. Der Richtlinienvorschlag sieht zwar vor, dass nationale Ausnahmeregelungen zulässig sein sollen, die Bundesregierung hat sich dazu jedoch noch nicht positioniert. Erfüllt ein AIFM die Anforderungen der vorgeschlagenen Richtlinie, würde dies für den Vertrieb alternativer Investmentfonds an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten ausreichen.

Nach derzeitigem Stand ist davon auszugehen, dass mit der Umsetzung der AIFM-Richtlinie in der vorliegenden Form innerhalb der nächsten beiden Jahre zu rechnen ist. "Fondsgesellschaften müssen sich auf eine strengere Regulierung einstellen, obwohl derzeit noch zahlreiche – zum Teil gravierende – Auslegungsfragen und Unklarheiten bestehen", betont Rechtsanwalt Harald Reitze, Experte für Geschlossene Fonds bei Rödl & Partner. "Wir setzen darauf, dass die Bundesregierung darauf dringt, die Mängel und offenen Fragen im Vorfeld des Inkrafttretens zu bereinigen", so Reitze.

Parallel zum Vorstoß der Europäischen Union prüft die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Möglichkeit, geschlossene Fonds und andere Vermögensanlagen wie Wertpapiere zu behandeln und einer stärkeren Kontrolle zu unterziehen. "Der Vorstoß der BaFin steht im Widerspruch zu derzeit geltendem Recht und könnte dadurch zu erklären sein, dass die Bundesregierung einer Auseinandersetzung auf europäischer Ebene ausweichen möchte. Wir hoffen, dass diese Bestrebungen einer Parallelregulierung hinter ein einheitliches Vorgehen auf europäischer Ebene zurückgestellt werden", stellt Reitze klar. Am kommenden 1. Juli findet hierzu eine Anhörung vor dem Finanzausschuss des Bundestages statt.

Über eine nachgebesserte Variante der AIFM-Richtlinie könnte die Chance bestehen, den Markt für geschlossene Fonds europaweit zu etablieren. "Die Finanzierung von Großprojekten über geschlossene Fonds ist gerade in der aktuell schwierigen Wirtschaftslage von großer Bedeutung. Weltweit hängen tausende Arbeitsplätze gerade in der Bau- und Immobilienwirtschaft von Fonds ab. Weder die Europäische Union noch die Bundesregierung können ein Interesse haben, dieses erfolgreiche Modell zu beschädigen", warnt Führlein. (Rödl & Partner: ra)

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