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Schluss mit lustig: Kleinfeld verlässt Siemens


Kleinfeld erlegt: Altlasten beseitigt, Ackermann und Cromme am Ziel: "Ein Vorbild und Maßstab, wie man es machen sollte" - Siemens wagt den Neuanfang
Der Machtkampf war kurz und heftig: Nach Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer scheidet auch der Vorstandsvorsitzende Klaus Kleinfeld aus Siemens aus


(26.04.07) - Die letzten Worte Klaus Kleinfelds sollten Souveränität signalisieren: "In diesen Zeiten braucht das Unternehmen Klarheit über seine Führung." Der Vorstandvorsitzende der Siemens AG wollte um eine Verlängerung seines im September auslaufenden Vertrages nicht betteln und hatte am späten Nachmittag des 25. April mit dem erklärten Rücktritt zum letzten Mal eine Rampenlicht-Entscheidung treffen können. In der Version der Siemens-Presseabteilung heißt dies: "Kleinfeld steht für Vertragsverlängerung nicht zur Verfügung". Nach Angaben des neu gewählten Aufsichtsratsvorsitzenden Gerhard Cromme wird Kleinfeld seinen Vertrag bis zum 30. September 2007 erfüllen.

Klaus Kleinfeld, seit Januar 2005 Vorstandschef von Siemens, war von 2001 bis 2003 als Siemens-Amerika-Chef tätig. 2004 wurde Kleinfeld in den Zentralvorstand der Siemens AG in München mit Verantwortung für das Informations- und Kommunikationsgeschäft berufen. In dieser Funktion war er für die Kommunikationstechniksparte zuständig, die eine zentrale Rolle in der Korruptionsaffäre einnimmt und somit für Kritiker permanent angreifbar. Kleinfelds Einstellung hinsichtlich einer Null-Toleranz gegenüber Korruption und Schmiergeld erhält anlässlich seiner Eliminierung eine wirklich komische Neuinterpretierung:
Die Menschen sollten einmal sagen können, die Art und Weise, wie Siemens seine Probleme gelöst habe, sei "ein Vorbild und Maßstab, wie man es machen sollte".
Was soll man dazu noch sagen?

Der Ablauf:
Am 24.04. war durch gezielte Indiskretionen aus dem Aufsichtsratsumfeld der Druck auf Klaus Kleinfeld erhöht worden, seine Karriere bei Siemens durch einen symbolischen Kopfschuss zu beenden. Die Waffe hatten ihm die Aufsichtsräte Josef Ackermann und Gerhard Cromme mit der munteren und offenen Suche nach einem Kleinfeld-Nachfolger "liebevoll" auf den Tisch gelegt. Kleinfelds Reaktion auf die Ankündigung, ihn bei der Vertragsverlängerung im Ungewissen zu lassen, war die einzig mögliche. Zudem hatte die am Dienstag erfolgte Total-Demontage eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand unmöglich erscheinen lassen. Crommes Dank an ihn muss sich für Kleinfeld wie Hohn und Heuchelei anhören: Kleinfeld habe Siemens neu ausgerichtet und "Siemens steht heute wirtschaftlich besser da, denn je". (Siehe Siemens-Pressemitteilung im Original)

Bereits in der Osterwoche konnte man ahnen, dass bei Siemens die Messer gewetzt wurden und die Lohnmetzger sich die Schürzen umgeschnallt hatten, um zur Aufsichtsratssitzung am 25. April der Öffentlichkeit die gewünschten, frisch abgeschlachteten Opfer präsentieren zu können. Diskret indiskret ließ das aufsichtsratsnahe Umfeld durchsickern, dass sich der Aufsichtsrat nach den Ostertagen Heinrich von Pierer zur Brust nehmen wolle, um ihn zum Wohle der Siemens AG zum Rücktritt zu bewegen. Nachdem man ihn offensichtlich zehn Tage lang gar gekocht hatte, beugte sich von Pierer dem Widerstand. Schon damals müssen maßgeblich hinter dieser Aktion der deutsche Bank-Chef Josef Ackermann und der Aufsichtsratschef von ThyssenKrupp, Gerhard Cromme, gestanden haben.

Dass diese Aktion so locker gegen die Aktionärspartei im Aufsichtsrat ablaufen konnte, lag wohl an der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat: Klaus Kleinfeld und Heinrich von Pierer hatten seit der BenQ-Pleite und der AUB-Affäre vor allem bei der IG Metall jeglichen Kredit verspielt.
Der bayerische IG Metall-Chef Werner Neugebauer kritisierte im Compliance-Magazin.de heftig den Vertragsbruch von Siemens bei dem BenQ-Geschäft und drohte dem Unternehmen für die Zukunft harte Verhandlungen mit der IG Metall an. Die AUB-Affäre und der fast peinliche Rückzug von Heinrich von Pierer auf eine "Ich habe nicht gewusst"-Floskel brachten dann das Fass zum Überlaufen.

Auch Klaus Kleinfeld war nicht wohl gelitten. Sein emotionaler Ausbruch über die Praktiken der BenQ wurde als pure Heuchelei empfunden. Zudem wurde moniert, dass der BenQ-Deal von Siemens derart unprofessionell abgewickelt wurde, dass man eigentlich von einem "über den Tisch ziehen" sprechen musste. Ob Kleinfeld unter diesen Vorzeichen noch eine gelungene VDO-Abspaltung hinbekommen werde, stand ebenfalls im Raum: Wenn es um Gerissenheit und Rücksichtslosigkeit geht, kann es der auf die VDO scharfe Continental-Vorstandschef Manfred Wennemer sicherlich mit der BenQ aufnehmen.

"Omerta" und Intrigen: Der Siemens-Aufsichtsrat hüllte sich in Schweigen

Für den norddeutschen Landsmann Gerhard Cromme endete sein erster Tag als neuer Siemens-Aufsichtsratsvorsitzender mit dem, was man in Bayern "a schene Leich" nennt: Er konnte mit dem (indirekten) Rausschmiss von Klaus Kleinfeld der US-Börsenaufsicht SEC signalisieren, dass die Siemens AG gewillt ist, Compliance und Goverance ernst zu nehmen. Der leichte Kursrutsch um 1 Prozent auf 88,36 Euro verdeutlichte zudem, dass die Börsianer von der Entscheidung kaum überrascht wurden und im Grunde genommen Gerhard Cromme nicht ankreiden, dass er für Kleinfeld noch keinen Nachfolger präsentieren konnte.

Wer sich gewünscht hatte, vom Siemens-Aufsichtsrat nähere Details und Kommentare zum Weggang von Kleinfeld zu vernehmen, sah sich enttäuscht: Das Münchner Intrigen-Stadl hüllte sich in sizilianische Omerta. Offenkundig hatte man sich zuvor im Aufsichtsrat auf kollektives Schweigen geeinigt.
(Siemens: ra)


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