Fehlverhalten im Berufsleben


Deutsche Manager sehen Korruption auf dem Vormarsch
43 Prozent der Manager halten unlauteres Geschäftsgebaren hierzulande für verbreitet – fast jeder vierte ist zu unethischem Verhalten im Job bereit



Das Bild des ehrbaren Kaufmannes hat innerhalb der deutschen Wirtschaft deutliche Kratzer erlitten: 43 Prozent der deutschen Manager halten Bestechung und Korruption hierzulande mittlerweile für weit verbreitet. Damit dreht sich die Stimmung: 2015 war die Wahrnehmung von Korruption rückläufig – 26 Prozent der Manager hielten sie damals für weit verbreitet nach 30 Prozent bei der Befragung im Jahr 2013.

Trotz dieser Steigerung kommt Korruption in Deutschland im Ländervergleich nur unterdurchschnittlich vor. Im Durchschnitt aller befragten Länder in Europa, Afrika, dem Nahen Osten und Indien gehen 51 Prozent der Manager davon aus, dass in ihrem Land Korruption und Bestechung weit verbreitet sind. Auf unrühmliche Spitzenwerte kommen die Ukraine (88 Prozent), Zypern (82 Prozent) und Griechenland und die Slowakei (jeweils 81 Prozent). Am besten schneiden die skandinavischen Länder und die Schweiz ab: So halten in Dänemark nur sechs Prozent der Manager unlautere Geschäftspraktiken für verbreitet.

Deutsche Manager sind offenbar eher bereit für ihre eigene Karriere zu unlauteren Mitteln zu greifen, als zum vermeintlichen Wohl des Konzerns. So sagt fast ein Viertel (23 Prozent) von sich, dass sie für das eigene berufliche Fortkommen und eine höhere Bezahlung unethisch handeln würden. Das ist sogar über dem Durchschnitt von 21 Prozent insgesamt und deutlich über dem Durchschnitt in West-Europa von 14 Prozent.

Ebenfalls deutlich überdurchschnittlich ist mit zehn Prozent der Anteil derjenigen, die sich vorstellen können, der Unternehmensführung Falschinformationen zu geben, um ihre eigene Karriere oder Bezahlung zu verbessern. Insgesamt liegt der Anteil bei fünf Prozent, in West-Europa bei vier Prozent.

Geht es dagegen um das Unternehmen, halten sich deutsche Manager im internationalen Vergleich eher an die Regeln: Nur vier Prozent würden absichtlich die Finanzzahlen falsch darstellen, um Ziele zu erfüllen. Über alle untersuchten Länder hinweg hätten zehn Prozent der Befragten kein Problem damit, zu diesem Mittel zu greifen. Zu Bargeldzahlungen, um Aufträge zu erhalten, würden sich elf Prozent der deutschen Manager hinreißen lassen – unter allen Ländern würden das 17 Prozent tun.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young), für die rund 4.100 Entscheidungsträger aus Unternehmen in 41 Ländern befragt wurden, davon 100 aus Deutschland.

Stefan Heißner, Leiter Fraud Investigation & Dispute Services bei EY, kommentiert die Ergebnisse: "Die Diesel-Affäre, der Libor-Skandal, Preisabsprachen unter Konzernen – Compliance-Verstöße haben zuletzt öffentlich immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Verheerend daran ist, dass solche Fälle die über Jahre gemachten deutlichen Fortschritte der deutschen Konzerne in Sachen Compliance in den Hintergrund rücken lassen. So sind die Anforderungen der Regulierungsbehörden in der Vergangenheit stetig gewachsen. Aber auch die Unternehmen selbst haben sich strenge Compliance-Regeln gegeben. In der Wahrnehmung innerhalb der Unternehmen und auch nach außen ändern diese Regeln jedoch nichts, wenn sie von einzelnen Mitarbeitern oder sogar von der Geschäftsführung umgangen werden."

Jüngere eher bereit zu unethischem Verhalten
Nach all den Compliance-Seminaren und oftmals verpflichtenden Schulungen für Mitarbeiter müsste man annehmen, dass gerade die Jüngeren ein besonders ausgeprägtes Unrechtsempfinden haben – das Gegenteil ist aber der Fall. Innerhalb der sogenannten Generation Y (25-34-Jährige) wäre in allen befragten Ländern ein höherer Anteil als in anderen Altersgruppen bereit, unethisches Verhalten zu rechtfertigen. Einer von vier dieser jungen Befragten rechtfertigt das Anbieten von Schmiergeldern, um einen neuen Auftrag zu gewinnen oder um bestehende Aufträge weiterzuführen. Im Durchschnitt aller Altersgruppen würden dagegen würde dies nur jeder Sechste tun.

Hälfte der Manager hat bereits Verfehlungen im Unternehmen erlebt
Die Hälfte (52 Prozent) der Manager in Deutschland ist in ihrem Berufsleben bereits mit Verfehlungen konfrontiert worden. 14 Prozent sahen sich innerhalb des Unternehmens Druck ausgesetzt, diese Verfehlungen nicht zu melden. Sieben Prozent sind unter diesem Druck eingebrochen und haben das Fehlverhalten für sich behalten.

Doch dieser allzu lockere Umgang mit der Ethik kann für die Unternehmen nicht nur juristische Folgen nach sich ziehen – auch für die Mitarbeiterbindung ist er fatal. Jeder zehnte befragte Manager hat bereits einmal wegen unethischen Verhaltens der Firma gekündigt – jeder Dritte hat eine Kündigung aus diesem Grund zumindest erwogen.

Für den möglichen Fall, dass sie unlauteres Geschäftsgebaren in der Zukunft entdecken, würden sich 40 Prozent in Deutschland nicht davon abhalten lassen, diesen auch zu melden. 25 Prozent geben allerdings an, Loyalität zu ihren Kollegen könnte sie von einer Meldung abhalten, 22 Prozent würden sogar um ihre persönliche Sicherheit fürchten.

Whistleblowing-Hotlines in Deutschland kaum bekannt
"In den Unternehmen gibt es genügend Mitarbeiter, denen verantwortungsvolles Handeln etwas bedeutet. Sie dürfen damit nur nicht alleine gelassen werden. Compliance muss auf der obersten Führungsebene anfangen, vorgelebt werden und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln ins Unternehmen eingebracht werden. Dazu gehören unter anderem Whistleblowing-Hotlines, die einen Schutz für diejenigen garantieren, die unethisches oder gar strafbares Handeln melden", sagt Heißner.

Allerdings ist das Instrument der Whistleblowing-Hotline in Deutschland zu wenig bekannt: Nur sieben Prozent der befragten Manager wissen von einem entsprechendem System in ihrem Unternehmen. Weltweit ist der An-teil mit 21 Prozent drei Mal so hoch. "Hinweise aus dem Unternehmen sind fast immer der Auslöser, um Korruptionsfälle aufzudecken. Deswegen müssen in mehr Unternehmen Whistleblower-Hotlines eingerichtet und die dort gemeldeten Vorfälle konsequent verfolgt werden", fordert Heißner deswegen.

Weltweite Volatilität gefährdet Unternehmenserfolg – und begünstigt unsaubere Methoden
Ein Faktor, der Manager in den Unternehmen zu unlauteren Mitteln greifen lassen könnte, ist die zunehmende Volatilität weltweit, die sich negativ auf die Geschäftsentwicklung auswirken kann. So sagen mehr als die Hälfte (58 Prozent) der Manager in den befragten Ländern, dass der Unternehmenserfolg durch langsameres Wirtschaftswachstum als erwartet bedroht ist. In Deutschland unterschreiben diese Aussage immerhin 44 Prozent der Manager.

Hinzu kommt, dass offenbar nicht in jedem Land nach den gleichen ethischen Regeln gewirtschaftet wird. Nur 42 Prozent der deutschen Manager sagen, dass in verschiedenen Ländern die gleichen Ethikstandards gelten. Gleichzeitig halten nur 23 Prozent die im Unternehmen geltenden Ethikstandards für hoch.

"Volatilität ist die neue Normalität – rechtfertigt aber nicht den Einsatz unsauberer Methoden", sagt Heißner. "Weltweit kehren viele Länder zum Protektionismus zurück, das Wachstum in einst hoffnungsvollen Schwellenländern ist zurückgegangen und Wirtschaftskrisen oder militärische Konflikte bedrohen die Unternehmensentwicklung. Manche Manager sind daher versucht, zu unlauteren Mitteln zu greifen. Aber die Korruptionsbekämpfung wird ressourcenreicher und arbeitet auch über Ländergrenzen hinweg immer besser zusammen; Verstöße werden geahndet und können für Unternehmen existenzbedrohend sein. Deshalb muss sich jeder Mitarbeiter darüber im Klaren sein: Im Graubereich zu wirtschaften kann keinen nachhaltigen Erfolg bringen, denn der Vertrauensverlust ist kaum wieder gutzumachen."
(Ernst & Young: ra)

eingetragen: 19.05.17
Home & Newsletterlauf: 29.05.17

Ernst & Young: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Studien

  • Detaillierte Einblicke in die Gehaltsstrukturen

    APSCo (Association of Professional Staffing Companies) Deutschland veröffentlicht den ersten umfassenden Gehaltscheck für die Staffing-Branche und schafft damit eine wichtige Grundlage für mehr Gehaltstransparenz. Die Ergebnisse unterstützen Staffing-Unternehmen in ihrer Vorbereitung auf die bevorstehenden Anforderungen der EU-Richtlinie zur Gehaltstransparenz, die ab 2026 verpflichtend wird.

  • Gute Bedingungen für GenAI-Anwendungen

    Ein Großteil der weltweiten KI-Investitionen fließt in den Finanzsektor. 2023 wurden in der Branche 87 Milliarden US-Dollar in KI investiert - deutlich mehr als im Gesundheitswesen (76 Milliarden) oder in der Telekommunikations- und Medienbranche (75 Milliarden).

  • 9 Prozent der Unternehmen nutzen generative KI

    Die deutsche Wirtschaft nimmt bei Künstlicher Intelligenz Fahrt auf. Erstmals beschäftigt sich mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Unternehmen mit KI. Jedes fünfte Unternehmen (20 Prozent) nutzt bereits KI. Vor einem Jahr waren es erst 15 Prozent, 2022 nur 9 Prozent. Mehr als jedes Dritte (37 Prozent) plant oder diskutiert derzeit den KI-Einsatz, nach 28 Prozent 2023 und 25 Prozent 2022.

  • Studie zu Lieferkettengesetzen

    Für neun von zehn Unternehmen in Deutschland ist Personalmangel die größte Hürde bei der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG). Das zeigt eine neue Studie der EQS Group in Zusammenarbeit mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach. Während Unternehmen in ihrem eigenen Geschäftsbereich nur ein geringes Risiko für LkSG-Verstöße sehen, schätzen sie dieses bei ihren mittelbaren Lieferanten deutlich höher ein.

  • Unternehmen evaluieren Krisenmanagementpläne

    Das Business Continuity Institute (BCI) hat seinen aktuellen Crisis Management Report 2024 veröffentlicht. Untersucht wurde der globalen Status des Krisenmanagements im vergangenen Jahr. Der von F24 gesponserte Report stützt sich auf Umfragen und strukturierte Interviews mit leitenden Resilienz-Experten und ermöglicht dadurch detaillierte Einblicke in den aktuellen Stand des Krisenmanagements.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen