KI & Big Data: Ganzheitlicher Ansatz vonnöten


Studie: Fehlende Rechtssicherheit für Big Data und KI
Rechtlicher Rahmen reicht aktuell nicht aus - Problem zum Beispiel bei der Anonymisierung personenbezogener Daten



Wie können Big-Data- und KI-Anwendungen gewinnbringend genutzt werden, ohne Datenschutz und IT-Sicherheit zu verletzen? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine juristische Studie des Nationalen Forschungszentrums für angewandte Cybersicherheit ATHENE. Die Autorinnen und Autoren der Studie "Systematic Privacy in real-life Data Processing Systems" untersuchen geltende Vorschriften aus den Rechtsbereichen Datenschutz, IT-Sicherheitsrecht und Urheberrecht in Bezug auf Big Data. Dabei betrachten sie auch den Entwurf über eine EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI-VO-E). Ihr Fazit: Der aktuelle Rechtsrahmen reicht für eine sichere Verarbeitung von Big Data nicht aus und sorgt für Verunsicherung bei Bürgerinnen und Bürgern sowie Rechtsunsicherheit bei Unternehmen. Sie fordern einen ganzheitlichen, rechtlich-technischen Rahmen und entwickeln konkrete Lösungsvorschläge sowie Handlungshilfen. Die vollständige Studie kann kostenlos unter www.athene-center.de/leap-studien heruntergeladen werden.

Mit der Digitalisierung von Prozessen in Verwaltung und Wirtschaft fallen riesige Mengen an digitalen Datensätzen aus verschiedenen Quellen und in ganz unterschiedlichen Formaten an (Big Data). Die Verarbeitung dieser großen Datensätze birgt erhebliche Chancen für Wirtschaft und Gesellschaft, beinhaltet aber auch Risiken für Verletzungen des Persönlichkeitsrechts von Bürgerinnen und Bürger. Beispiele gibt es viele: Im Katastrophenschutz lassen sich Personen über Big-Data-Analysen von Handydaten schneller finden und evakuieren. In Schulen lassen sich mittels Big-Data-Analysen Stärken und Schwächen von einzelnen Schülerinnen und Schülern erfassen und daraus individuelle Lernprogramme entwickeln. Ein weiteres Einsatzfeld für die staatliche Nutzung von Big-Data-Analysen ist der Arbeitsmarkt: So werden in Österreich und Polen die Arbeitsmarktchancen arbeitsloser Personen errechnet und kategorisiert.

KI und Big Data
ChatGPT, Midjourney und Co., Anwendungen, die Künstliche Intelligenz nutzen, sind zurzeit in aller Munde. Diese und andere KI-Anwendungen verarbeiten riesige, reale Datenmengen - was viele rechtliche Fragen aufwirft: Dürfen für das Training von KI-Anwendungen beliebige Daten aus dem Internet genutzt werden, welche Schutzrechte greifen hier? Wenn Daten rechtmäßig gewonnen wurden, wem gehören die Ergebnisse der Verarbeitung, also der KI-generierte Daten? Wer haftet im Zweifel für die Ergebnisse? Die Studie untersucht, welche Antworten geltendes Recht (Urheberrecht, Datenschutzrecht, IT-Sicherheitsrecht) liefert, und geht besonders auf die geplante KI-Verordnung der EU (KI-VO-E) ein. Die Autorinnen und Autoren fassen wichtige Bestimmungen zusammen, sehen allerdings aktuell noch viele Herausforderungen für KI-Betreiber, hier sichere vertragliche Regelungen für die Datenverarbeitung zu finden, ohne den eigenen Spielraum zur Verwertung der Ergebnisse zu sehr einzuengen.

Wann sind Daten anonym?
Die Autorinnen und Autoren der Studie sehen ein grundlegendes Problem bei der Anonymisierung von personenbezogenen Daten, um sie zu verarbeiten: Ab wann sind (ehemals) personenbezogene Daten verlässlich und rechtssicher anonymisiert? Hier gibt das geltende Recht (insbesondere die DSGVO) keine abschließende Antwort, was zu Rechtsunsicherheiten für verarbeitende Unternehmen und Einrichtungen führt. Eine mögliche Lösung wäre, einen Grad der Anonymisierung durch ein einheitliches Verfahren zu berechnen und einen Schwellenwert für die legale Nutzung anzusetzen. Dadurch könnten Unternehmen Rechtssicherheit erreichen.

Ganzheitlicher Rechtsrahmen für Big Data
Die jetzige Rechtslage für Big Data lässt viele Fragen offen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass ein ganzheitlicher Ansatz vonnöten ist. Dieser sollte übergreifend verschiedene Rechtsgebiete berücksichtigen, um einerseits Bürgerinnen und Bürger zu schützen, andererseits Unternehmen wie Herstellern Rechtssicherheit zu geben und somit die Nutzung neuer Technologien unter Berücksichtigung von Datenschutz und IT-Sicherheit zu ermöglichen.

Die Studie ist im ATHENE-Projekt "Systematic Privacy in real-life Data Processing Systems" entstanden. Im Projekt werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler noch weiter zu den aufgeworfenen Fragen forschen und konkrete Vorschläge erarbeiten, mit dem Ziel, die Vorteile von Big Data und KI rechtssicher nutzen zu können, ohne dass dies unangemessene Eingriffe in die Rechte und Freiheiten betroffener Personen mit sich bringt. Die Autorinnen und Autoren sind an vier im Bereich des Digitalisierungsrechts führenden hessischen Lehrstühlen bzw. Forschungseinrichtungen tätig: Gerrit Hornung und Till Schaller, Universität Kassel; Annika Selzer, Sarah Stummer und Jessica Kriegel, Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT; Indra Spiecker gen. Döhmann und Amina Gutjahr, Goethe-Universität Frankfurt sowie Thomas Wilmer, Hochschule Darmstadt (h_da). Alle sind zugleich Angehörige von ATHENE.

Das Nationale Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit ATHENE ist das größte Forschungszentrum für IT-Sicherheit und Privatsphärenschutz in Europa. ATHENE ist eine Forschungseinrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft mit ihren beiden Instituten Fraunhofer SIT und IGD unter Beteiligung der TU Darmstadt, der Goethe-Universität Frankfurt und der Hochschule Darmstadt. (Fraunhofer SIT: ra)

eingetragen: 29.11.23
Newsletterlauf: 16.02.24

Fraunhofer SIT: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Studien

  • Detaillierte Einblicke in die Gehaltsstrukturen

    APSCo (Association of Professional Staffing Companies) Deutschland veröffentlicht den ersten umfassenden Gehaltscheck für die Staffing-Branche und schafft damit eine wichtige Grundlage für mehr Gehaltstransparenz. Die Ergebnisse unterstützen Staffing-Unternehmen in ihrer Vorbereitung auf die bevorstehenden Anforderungen der EU-Richtlinie zur Gehaltstransparenz, die ab 2026 verpflichtend wird.

  • Gute Bedingungen für GenAI-Anwendungen

    Ein Großteil der weltweiten KI-Investitionen fließt in den Finanzsektor. 2023 wurden in der Branche 87 Milliarden US-Dollar in KI investiert - deutlich mehr als im Gesundheitswesen (76 Milliarden) oder in der Telekommunikations- und Medienbranche (75 Milliarden).

  • 9 Prozent der Unternehmen nutzen generative KI

    Die deutsche Wirtschaft nimmt bei Künstlicher Intelligenz Fahrt auf. Erstmals beschäftigt sich mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Unternehmen mit KI. Jedes fünfte Unternehmen (20 Prozent) nutzt bereits KI. Vor einem Jahr waren es erst 15 Prozent, 2022 nur 9 Prozent. Mehr als jedes Dritte (37 Prozent) plant oder diskutiert derzeit den KI-Einsatz, nach 28 Prozent 2023 und 25 Prozent 2022.

  • Studie zu Lieferkettengesetzen

    Für neun von zehn Unternehmen in Deutschland ist Personalmangel die größte Hürde bei der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG). Das zeigt eine neue Studie der EQS Group in Zusammenarbeit mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach. Während Unternehmen in ihrem eigenen Geschäftsbereich nur ein geringes Risiko für LkSG-Verstöße sehen, schätzen sie dieses bei ihren mittelbaren Lieferanten deutlich höher ein.

  • Unternehmen evaluieren Krisenmanagementpläne

    Das Business Continuity Institute (BCI) hat seinen aktuellen Crisis Management Report 2024 veröffentlicht. Untersucht wurde der globalen Status des Krisenmanagements im vergangenen Jahr. Der von F24 gesponserte Report stützt sich auf Umfragen und strukturierte Interviews mit leitenden Resilienz-Experten und ermöglicht dadurch detaillierte Einblicke in den aktuellen Stand des Krisenmanagements.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen