Phänomen: Ablehnung von Wechselkunden


Immer wieder lehnen Energieunternehmen Wechselkunden ab
Untersuchung des vzbv zeigt: Ablehnung von Vielwechslern ist ein bekanntes Problem, das bisher kaum angegangen wurde



Der Anbieterwechsel ist ein zentraler Bestandteil des liberalisierten Energiemarktes. Verbraucher werden zum regelmäßigen Wechsel ermutigt. Jedoch: Energielieferanten schaffen Wettbewerbsbedingungen, nach denen sie selbst nicht spielen möchten und lehnen Neukunden trotz guter Bonität immer wieder als Vertragspartner ab. Der vzbv hat Experten zu dem Phänomen Ablehnung von Wechselkunden befragt.

Betroffen sind vor allem wechselwillige Kunden, die sich jedes Jahr einen neuen Tarif suchen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat relevante Experten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Verbraucherschutzorganisationen zu dem Problem befragt. Energieunternehmen wälzen ein Problem auf die Verbraucher ab, das sie selbst verursachen.

Immer wieder werden Verbraucher dazu aufgefordert, regelmäßig die Preise ihrer derzeitigen Strom- und Gaslieferanten zu überprüfen und gegebenenfalls den Anbieter zu wechseln – so zuletzt auch von der Bundesnetzagentur anlässlich der Veröffentlichung des Monitoringberichts 2020. Dass Verbraucher durch die bewusste Auswahl ihrer Lieferanten Energiekosten senken können, war auch ein Versprechen der Liberalisierung des Energiemarktes. Doch seit einigen Jahren beschweren sich Verbraucher bei den Verbraucherzentralen und dem vzbv, dass Energielieferanten sie trotz guter Bonität und ohne jegliche Zahlungsstörungen in der Vergangenheit als Kunden ablehnen. Betroffen sind vor allem Kunden, die jedes Jahr ihren Lieferanten wechseln. Der Verdacht liegt nahe, dass Energielieferanten bewusst Verbraucher ausschließen, die zum Ende der Mindestvertragslaufzeit kündigen, um ein neues Bonusangebot zu nutzen. Betroffene Verbraucher können dann nicht mehr von attraktiven Angeboten profitieren oder müssen länger nach günstigen Angeboten suchen.

Bekanntes Problem bisher ohne Lösungsstrategie
Im Rahmen einer Expertenbefragung hat der vzbv ermittelt, ob den relevanten Akteuren das Problem bekannt ist und welche Maßnahmen bisher ergriffen wurden. Dazu wurden 37 ausgewählte Experten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Verbraucherschutzorganisationen kontaktiert und um Teilnahme an der Befragung gebeten. Die Ergebnisse der Expertenbefragung (18 Rückmeldungen) sind aus Sicht der Verbraucher enttäuschend: Denn sie weisen darauf hin, dass von der Problematik, als Kunde abgelehnt zu werden, nicht nur einzelne Verbraucher betroffen sind. Das Problem ist auch den teilnehmenden Landesdatenschutzbeauftragten bereits bekannt. Trotzdem fehlt es bislang an Maßnahmen, um dieses Vorgehen der Energielieferanten wirksam einzudämmen.

Kostenbewusste Verbraucher - umworben und unerwünscht
"Wir haben nun die ärgerliche Situation, dass Energieanbieter mit Bonustarifen um besonders preisbewusste Kunden werben. Wenn die Verbraucher diese Angebote dann aber regelmäßig wahrnehmen wollen, werden sie immer wieder von den Energieunternehmen abgelehnt", analysiert Dr. Thomas Engelke, Teamleiter Energie und Bauen beim vzbv. Gerade Bonusangebote sind für die Unternehmen erst nach einer gewissen Laufzeit rentabel. Für die Verbraucher rechnen sich diese Tarife aber auf Dauer nicht, wie der vzbv in einer umfassenden Untersuchung 2019 feststellte. Deutlich wird nun: Der Kampf um Kunden auf dem liberalisierten Energiemarkt nimmt absurde Züge an. "Energieunternehmen sollten ihre Preispolitik überdenken, bevor sie gegen ein Symptom vorgehen, das sie selbst verursachen haben", resümiert Engelke.

Verbraucher sollten Daten löschen lassen
Um dieser Entwicklung vorzubeugen, sollten Verbraucher ihre Daten nach einem Lieferantenwechsel beim ehemaligen Energieversorger löschen lassen. Zur Kontrolle können Kunden Datenschutzauskünfte bei den ehemaligen Energielieferanten und Wirtschaftsauskunfteien beantragen.
Verbraucher, die von einem Energielieferanten als Kunden abgelehnt wurden, können sich außerdem bei den Verbraucherzentralen beschweren.

Methode: 18 Rückmeldungen aus einer Grundgesamtheit von 37 ausgewählten Experten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und von Verbraucherschutzorganisationen; Vorgehen: Online- bzw. schriftliche Befragung mithilfe eines halbstandardisierten Fragebogens sowie Berücksichtigung schriftlicher Stellungnahmen per E-Mail; Erhebungszeitraum: 16.06. bis 13.11.2020.

Verbraucherzentralen helfen weiter
Verbraucher, die Hilfe in ihrem individuellen Fall benötigen, sollten die Beratungsangebote der Verbraucherzentralen nutzen, Informationen unter www.verbraucherzentrale.de/beratung. Beschwerden können sie über das Beschwerdeportal der Verbraucherzentralen abgeben.
(Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)

eingetragen: 14.03.21
Newsletterlauf: 26.05.21

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