Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Gesetze

Finanzmarkt und Wahrnehmung der Kontrollfunktion


Alle Fraktionen kritisieren Finanzmarkt-Gesetzentwurf der Deutschen Bundesregierung
Gesetzentwurf sieht vor, dass Mitglieder von Aufsichts- oder Verwaltungsräten von Banken die zur Wahrnehmung der Kontrollfunktion erforderliche fachliche Eignung haben müssen


(08.05.09) - Alle Fraktionen haben erheblichen Änderungsbedarf am Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Finanzmarkt- und der Versicherungsaufsicht (16/12783) angemeldet. In einer Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch kritisierten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die geplanten Vorschriften zur fachlichen Eignung von Aufsichtsratsmitgliedern von Banken ungewöhnlich scharf. In dem Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass Mitglieder von Aufsichts- oder Verwaltungsräten von Banken die zur Wahrnehmung der Kontrollfunktion erforderliche fachliche Eignung haben müssen. Liegt diese Eignung nicht vor, soll die Bundesanstalt Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Ausübung der Tätigkeit untersagen und auch die Abberufung eines nicht geeigneten Aufsichtsratsmitglieds verlangen können.

Die Unionsfraktion erklärte, es wäre besser, schon bei der Auswahl die Eignung der Aufsichtsräte zu prüfen. Die Anforderungen an Aufsichtsräte müssten konkretisiert werden. Es habe bereits zahlreiche Anfragen von Sparkassen zu dem Gesetzentwurf gegeben. Den Verwaltungsräten von Sparkassen, die oft aus der mittelständischen Wirtschaft kommen würden, dürfe man die Qualifikation nicht absprechen, warnte die Unionsfraktion. Der damalige Aufsichtsrat der Deutschen Industriebank (IKB) sei hervorragend qualifiziert gewesen, habe aber den drohenden Zusammenbruch nicht erkannt.

Die SPD-Fraktion begrüßte zwar wie schon zuvor die Union die Stärkung der Finanzaufsichtsbehörden insgesamt, kritisierte aber ebenfalls die geplanten Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass ein graduierter Ingenieur, der einen Betrieb mit 150 Beschäftigten führe, nicht Aufsichtsrat einer Volksbank sein dürfe, erklärte die SPD-Fraktion. Die Fraktion sprach sich für eine Stärkung des Aufsichtsrates insgesamt aus. Aber wie ein Aufsichtsrat mit einem Vorstand umzugehen habe, das könne nicht in ein Gesetz geschrieben werden.

Die Linksfraktion warnte, die verschärften Bestimmungen könnten die Wahl von Arbeitnehmervertretern in Aufsichtsräten verhindern. Dass die BaFin Aufsichtsräte abberufen solle, widerspreche der demokratischen Kultur in den Kommunen, die Verwaltungsräte von Sparkassen wählen würden.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen warnte davor, dass nur noch hauptberufliche Banker in Aufsichtsräten sitzen könnten und forderte, dem gesunden Menschenverstand Raum zu geben. Im Aufsichtsrat der IKB hätten nur Leute gesessen, die Bilanzen hätten lesen können. "Und dennoch ist das komplett schiefgegangen", so die Grünen.

Der FDP-Fraktion ging der Gesetzentwurf insgesamt nicht weit genug. Die Bankaufsicht müsse unter dem Dach der Deutschen Bundesbank konzentriert werden. Die FDP-Fraktion kritisierte die Bestimmungen über Aufsichtsräte aus einem anderen Grund. Für sie sei klar, dass die Probleme bei Banken durch das Versagen von Profis in den Vorständen und auch von Wirtschaftsprüfern entstanden seien. Dass Risiken nicht in den Bilanzen aufgeführt wurden, habe der Staat zugelassen. Wenn jetzt vom Finanzministerium gesagt werde, die Aufsichtsräte hätten versagt, sei das zu einfach und ein "durchsichtiges Manöver", kritisierte die FDP-Fraktion.

Der Finanzausschuss beschloss die Durchführung einer öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf, die voraussichtlich am 27. Mai stattfinden wird. (Deutsche Bundesregierung: ra)

Lesen Sie auch:
Finanzmarktaufsicht soll mehr Rechte erhalten


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Gesetze

  • Interoperabilität im Gesundheitswesen

    Mit einer neuen Digitalagentur soll die technische Transformation im Gesundheitswesen effektiver umgesetzt werden. Es fehle an einer zentralen Verantwortlichkeit für die Steuerung des komplexen Zusammenwirkens von Regelungen und Vorgaben, an den dafür erforderlichen Steuerungskompetenzen sowie an deren Umsetzung, heißt es im Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) der Bundesregierung.

  • Daten-Governance-Rahmen erforderlich

    Von Daten vorangetriebene Innovationen werden Bürgern, Wirtschaft, Forschung und Zivilgesellschaft enorme Vorteile bringen. Das schreibt die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf (20/13090) zur nationalen Durchführung der EU-Verordnung über europäische Daten-Governance (Daten-Governance-Gesetz).

  • Ausweisung von Beschleunigungsgebieten

    Im November 2023 ist die Richtlinie (EU) 2023/2413 des Europäischen Parlaments und des Rates in Kraft getreten. Jetzt legt die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes (20/12785) zur Umsetzung der Richtlinie in den Bereichen Windenergie an Land und Solarenergie sowie für Energiespeicheranlagen am selben Standort vor.

  • Videoaufzeichnungen in Schlachthöfen

    Mit den Änderungen des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes will die Bundesregierung Rechts- und Vollzugslücken im Bereich des Tierschutzes schließen und die bestehenden tierschutzrechtlichen Regelungen an aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse anpassen.

  • Verordnung zu Cookies auf Webseiten vorgelegt

    Damit Internetnutzer eine "anwenderfreundliche Alternative zu der Vielzahl zu treffender Einzelentscheidungen" bei Cookie-Einwilligungsbannern haben, hat die Bundesregierung eine Verordnung auf den Weg gebracht (20/12718).

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen