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Vertrauliche Geschäftsdaten ausgetauscht


Autozulieferer Brose und Kiekert müssen Kartellstrafe zahlen
Gegen Magna wurde keine Geldbuße verhängt, da das Unternehmen die Kommission über beide Kartelle informiert hatte - Alle drei Unternehmen räumten ihre Kartellbeteiligung ein und stimmten einem Vergleich zu



Die Europäische Kommission hat die deutschen Autozulieferer Brose und Kiekert wegen ihrer Beteiligung an zwei Kartellen zu Preisen für Fensterheber, Schließsysteme oder Türteile für Automobile im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) mit einer Geldbuße von insgesamt 18 Mio. Euro belegt. Gegen Magna wurde keine Geldbuße verhängt, da das Unternehmen die Kommission über beide Kartelle informiert hatte.

Das in Kanada ansässige Unternehmen Magna und das deutsche Unternehmen Brose beteiligten sich an einem bilateralen Kartell für Türmodule und Fensterheber, die für bestimmte Automodelle der Daimler-Gruppe geliefert wurden. Das von den Unternehmen Magna und Kiekert (ansässig in Deutschland) gebildete Kartell betraf die Lieferung von Schlössern und Schlosshaltern für BMW und Daimler. Alle drei Unternehmen räumten ihre Kartellbeteiligung ein und stimmten einem Vergleich zu.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager erklärte dazu: "Bauteile wie Türmodule, Fensterheber und Schließsysteme sind wichtige Automobilbestandteile. Sie schützen vor Schäden und gewährleisten Sicherheit und Komfort. Die drei Zulieferer haben wettbewerbswidrige Absprachen getroffen, um ihre Gewinne aus dem Verkauf dieser Bauteile zu erhöhen. Solche Kartelle schaden letztlich den europäischen Verbrauchern und mindern die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie."

Die drei Fahrzeugausrüster, an die der Beschluss gerichtet ist, sprachen sich bei der Preisfestsetzung ab und tauschten vertrauliche Geschäftsdaten aus. Sie wollten durch ihre Beteiligung an den beiden Kartellen ihr bestehendes Geschäft erhalten und niedrigere Preise für ihre Lieferungen verhindern. Die Absprachen erfolgten über Treffen, telefonisch oder per E-Mail.

Die Kommission stellte in ihrer Untersuchung fest, dass zwei getrennte Zuwiderhandlungen vorlagen. Die nachstehende Tabelle gibt Aufschluss darüber, welche Unternehmen wie lange an welchem der beiden Kartelle beteiligt waren:

Bild: Europäische Kommission


Die Geldbußen wurden auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 festgesetzt.

Ausschlaggebend für die Höhe der Geldbußen waren insbesondere der Umsatz der Kartellbeteiligten mit den betreffenden Produkten im EWR, die Schwere der Zuwiderhandlungen, die geografische Reichweite der Kartelle und ihre Dauer.

Magna wurde die Geldbuße, die ansonsten insgesamt rund 6 Mio. Euro betragen hätte, vollständig erlassen, da das Unternehmen die Kommission von beiden Kartellen in Kenntnis gesetzt hatte.

Die Geldbußen für Brose und Kiekert wurden ermäßigt, um ihre Zusammenarbeit mit der Kommission bei der Untersuchung zu honorieren. Die Höhe der Ermäßigung richtet sich danach, wann die Unternehmen ihre Zusammenarbeit angeboten haben und inwieweit die von ihnen vorgelegten Beweismittel zum Nachweis des Kartells, an dem sie beteiligt waren, beigetragen haben.

Kiekert wurde zudem ein Teil der Geldbuße für die vom 15. Juni 2009 bis zum 4. Oktober 2010 erfolgte zweite Zuwiderhandlung erlassen, da es als erstes Unternehmen zwingende Beweise vorlegte, anhand derer die Kommission die Dauer der zweiten mutmaßlichen Zuwiderhandlung bis zum 15. Juni 2009 zurückverfolgen konnte.
Darüber hinaus ermäßigte die Kommission die verhängten Geldbußen nach ihrer Mitteilung über Vergleichsverfahren aus dem Jahr 2008 um 10 Prozent, da die Unternehmen ihre Beteiligung am Kartell und ihre Haftung einräumten.

Gegen die einzelnen Unternehmen wurden folgende Geldbußen verhängt:

Bild: Europäische Kommission

Hintergrund
Schließsysteme für Automobile umfassen an die Automobilhersteller gelieferte Produkte wie Türmodule, Fensterheber und Verriegelungssysteme (Schlösser und Schlosshalter). Diese Systeme schützen vor Schäden und gewährleisten, dass alle Türen, Fenster und der Kofferraum sicher schließen, um Autodiebstahl zu verhindern. Außerdem erhöhen sie Komfort und Sicherheit während der Fahrt.

Der Beschluss ist Teil der 2013 eingeleiteten umfassenden Kartelluntersuchungen bei Automobilzulieferern. Die Kommission hat bereits Geldbußen gegen Lieferanten von Kfz-Wälzlagern , Kfz-Kabelbäumen , Weichschaum, der (unter anderem) für Autositze verwendet wird, Standheizungen für Pkw und Lkw, Generatoren und Anlassern, Klimatisierungs- und Motorkühlsystemen, Beleuchtungssystemen, Zündkerzen und Bremssystemen, Sicherheitsgurten, Airbags und Lenkrädern verhängt. Mit dem Beschluss erhöht sich der Gesamtbetrag der von der Kommission für Kartelle in dieser Branche verhängten Geldbußen auf 2,17 Mrd. Euro.

Das Vergleichsverfahren
Mit dem Beschluss wird zum 34. Mal seit der Einführung dieses Verfahrens für Kartelle im Juni 2008 ein Vergleich geschlossen. Bei einem Vergleich räumen die Parteien ein, dass sie an einem Kartell beteiligt waren und dafür haften. Dann kann die Kommission auf der Grundlage der Kartellverordnung 1/2003 ein einfacheres und kürzeres Verfahren anwenden. Die Vorteile eines Vergleichs liegen auf der Hand: Verbraucher und Steuerzahler haben geringere Kosten zu tragen und in der Kartellrechtsdurchsetzung werden Ressourcen für die Bearbeitung anderer Fälle frei. Außerdem können die Unternehmen schneller mit einem Beschluss rechnen und zahlen eine um 10 Prozent geringere Geldbuße.

Schadensersatzklagen
Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 des Rates sind Beschlüsse der Kommission ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Selbst wenn die Kommission gegen die Kartellbeteiligten Geldbußen verhängt hat, kann Schadensersatz zuerkannt werden. Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird dabei nicht mindernd angerechnet.

Die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen, die die Mitgliedstaaten bis zum 27. Dezember 2016 in nationales Recht umsetzen mussten, macht es für die Opfer von Kartellrechtsverstößen einfacher, Schadensersatz zu erhalten. Weitere Informationen über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen sowie einen praktischen Leitfaden zur Ermittlung des Schadensumfangs finden Sie hier.

Instrument für Whistleblower
Die Kommission hat ein System eingerichtet, über das Einzelpersonen die Kommission leichter über wettbewerbswidriges Verhalten informieren können, ohne ihre Identität preiszugeben. Das Instrument wahrt die Anonymität von Whistleblowern über ein spezielles verschlüsseltes System für den Austausch von Mitteilungen. Das Instrument kann über diesen Link aufgerufen werden.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 16.10.20
Newsletterlauf: 07.12.20


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