Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Paket zur Kapitalmarktunion


Kapitalmarktunion: Neue Vorschläge zu Clearing, Insolvenz von Nichtbanken und Notierung an öffentlichen Märkten, um EU-Kapitalmärkte attraktiver zu machen
Finanzmarkt-Compliance: Mit Blick auf eine gut funktionierende Kapitalmarktunion braucht die EU ein sicheres, robustes und attraktives Clearing



Die Europäische Kommission hat Maßnahmen zur Weiterentwicklung der EU-Kapitalmarktunion vorgelegt, mit denen die folgenden Ziele verfolgt werden: 1. Steigerung der Attraktivität und Widerstandsfähigkeit der in der EU erbrachten Clearingdienste, Unterstützung der offenen strategischen Autonomie der EU und Wahrung der Finanzstabilität. 2. EU-weite Harmonisierung bestimmter Insolvenzvorschriften für Nichtbanken, um die Vorschriften effizienter zu gestalten und grenzüberschreitende Investitionen zu fördern. 3. Verringerung des Verwaltungsaufwands für Unternehmen jeder Größe, insbesondere KMU, durch einen neuen Rechtsakt zur Notierung an öffentlichen Märkten, damit die Unternehmen durch eine Börsennotierung leichter Zugang zu Finanzmitteln erhalten können.

Clearing
Mit Blick auf eine gut funktionierende Kapitalmarktunion braucht die EU ein sicheres, robustes und attraktives Clearing. Wenn das Clearing nicht effizient funktioniert, sind Finanzinstitute, Unternehmen und Anleger, wie die Finanzkrise von 2008 gezeigt hat, mit höheren Risiken und Kosten konfrontiert.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen
>> die Clearing-Landschaft attraktiver machen, da sie die zentralen Gegenparteien (central counterparties, "CCPs") – die Clearingdienste erbringen – in die Lage versetzen, ihre Produkte schneller und einfacher zu erweitern und den EU-Marktteilnehmern weitere Anreize bieten, Clearingdienste von EU-CCPs in Anspruch zu nehmen und bei ihnen Liquidität aufzubauen.
>> einen Beitrag zum Aufbau eines sicheren und widerstandsfähigen Clearingsystems leisten, indem sie den EU-Aufsichtsrahmen für CCPs stärken und den durch die Aggression Russlands gegen die Ukraine bedingten jüngsten Entwicklungen an den Energiemärkten Rechnung tragen. Geplant ist zum Beispiel eine Erhöhung der Transparenz von Nachschussforderungen, damit Marktteilnehmer (einschließlich Energieunternehmen) besser in der Lage sind, solche Forderungen vorherzusehen.
>> übermäßige Risikopositionen von EU-Marktteilnehmern gegenüber CCPs in Drittländern reduzieren, insbesondere bei Derivaten, die nach Ansicht der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde von "wesentlicher Systemrelevanz" sind.

Der Vorschlag verpflichtet alle relevanten Marktteilnehmer, für das Clearing von mindestens einem Teil bestimmter systemrelevanter Derivatekontrakte aktive Konten bei EU-CCPs zu unterhalten. Dies wird das Management von Risiken für die Finanzstabilität in der EU verbessern.

Insolvenz von Nichtbanken
Jeder Mitgliedstaat hat seine eigene Insolvenzregelung. Dies ist eine Herausforderung für grenzüberschreitende Anleger, die bei der Bewertung einer Anlagemöglichkeit 27 unterschiedlichen Insolvenz-Regelwerken Rechnung tragen müssen.

Der Vorschlag wird bestimmte Aspekte von Insolvenzverfahren EU-weit harmonisieren. Er enthält beispielsweise Vorschriften über:
## Maßnahmen zur Erhaltung der Insolvenzmasse (d. h. Vermeidung von Handlungen von Schuldnern, durch die der Wert, den die Gläubiger erhalten können, verringert würde),
## Gläubigerausschüsse, um eine gerechte Verteilung des beigetriebenen Werts unter den Gläubigern sicherzustellen,
## sogenannte Pre-pack-Verfahren (ein nach dem englischen Begriff "pre-packaged insolvency sale" benanntes Verfahren, bei dem die Veräußerung des Unternehmens vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbart wird),
## die Verpflichtung der Mitglieder der Unternehmensleitung, rechtzeitig Insolvenz anzumelden, um zu verhindern, dass der Wert des Unternehmens Schaden nimmt.
## eine vereinfachte Regelung für Kleinstunternehmen einführen, um die Kosten für deren Abwicklung zu senken und den Eigentümern der Unternehmen eine Schuldenbefreiung zu ermöglichen, sodass ihnen ein Neuanfang als Unternehmer möglich ist.
## die Mitgliedstaaten verpflichten, ein Informationsblatt zu erstellen, in dem die wesentlichen Elemente ihres nationalen Insolvenzrechts zusammengefasst werden, um grenzüberschreitenden Anlegern ihre Entscheidungen zu erleichtern.
Diese Maßnahmen werden grenzüberschreitende Investitionen im gesamten Binnenmarkt fördern, die Kapitalkosten für Unternehmen senken und letztlich einen Beitrag zur EU-Kapitalmarktunion leisten. Insgesamt wird der Nutzen des Vorschlags auf über 10 Mrd. EUR pro Jahr geschätzt.

Rechtsakt zur Notierung an öffentlichen Märkten
Für Unternehmen ist die Notierung an öffentlichen Märkten mit erheblichen Anforderungen verbunden. So können sich beispielsweise die Prospektdokumente auf bis zu 800 Seiten erstrecken.

Die vorgeschlagenen Änderungen werden
>> die Dokumentation, die Unternehmen für eine Notierung an öffentlichen Märkten benötigen, vereinfachen und die Verfahren der Kontrolle durch die nationalen Aufsichtsbehörden straffen, wodurch das Notierungsverfahren beschleunigt und die Kosten gesenkt werden, soweit dies möglich ist. Schätzungen zufolge werden an öffentlichen Märkten in der EU notierte Unternehmen beispielsweise rund 100 Mio. EUR pro Jahr durch niedrigere Befolgungskosten einsparen, während Unternehmen allein durch einfachere Prospektvorschriften Einsparungen in Höhe von 67 Mio. EUR pro Jahr erzielen werden.
>> bestimmte Vorschriften in Bezug auf Marktmissbrauch einfacher und klarer gestalten, ohne die Marktintegrität zu beeinträchtigen.
>> die Sichtbarkeit der Unternehmen gegenüber den Anlegern verbessern, indem sie die Finanzanalyse, insbesondere in Bezug auf kleine und mittlere Unternehmen, fördern.
>> Unternehmern die Möglichkeit geben, bei einer Notierung an KMU-Wachstumsmärkten auf Mehrstimmrechtsaktien-Strukturen zurückzugreifen, damit sie auch nach der Notierung eine ausreichende Kontrolle über ihr Unternehmen behalten können und gleichzeitig die Rechte aller anderen Aktionäre geschützt werden.

Diese Maßnahmen werden die Kapitalmarktunion dadurch voranbringen, dass unnötiger administrativer Aufwand und unnötige Kosten für die Unternehmen vermieden werden. Dies wird Unternehmen zu einer Notierung an den EU-Kapitalmärkten bzw. zur Beibehaltung einer solchen Notierung ermutigen. Ein leichterer Zugang zu öffentlichen Märkten wird die Unternehmen in die Lage versetzen, ihre Finanzierungsquellen besser zu diversifizieren und zu ergänzen.

Weitere Einzelheiten und nächste Schritte
Das Paket zum Clearing besteht aus:
>> einer Mitteilung,
>> einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über europäische Marktinfrastrukturen (EMIR), der Eigenmittelverordnung (CRR) und der Verordnung über Geldmarktfonds (MMF) und
>> einer Richtlinie zur Änderung der Eigenkapitalrichtlinie (CRD), der Richtlinie über Wertpapierfirmen und der Richtlinie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW-Richtlinie).

Das Paket zur Notierung an öffentlichen Märkten besteht aus:
>> einer Änderungsverordnung zur Änderung der Prospektverordnung, der Marktmissbrauchsverordnung und der Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente,
>> einer Änderungsrichtlinie zur Änderung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und zur Aufhebung der Notierungsrichtlinie und
>> einer Richtlinie über Mehrstimmrechtsaktien.

Das Paket zur Insolvenz von Nichtbanken besteht aus:
>> einer Richtlinie über die Insolvenz von Nichtbanken.
Die sechs Legislativvorschläge werden nun dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Annahme vorgelegt.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 22.01.23
Newsletterlauf: 13.03.23


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Rahmen für grüne NGEU-Anleihen

    Mehr als drei Jahre nach der ersten Transaktion mit unseren grünen Anleihen im Rahmen von NextGenerationEU (NGEU) hat die EU grüne NGEU-Anleihen im Wert von insgesamt mehr als 65 Mrd. EUR ausgegeben und ist damit auf dem besten Weg, zum weltweit größten Emittenten grüner Anleihen zu werden.

  • Maßnahmen des CPC-Netzes gegen Apple

    Im Anschluss an eine koordinierte Untersuchung auf europäischer Ebene haben das Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) und die Europäische Kommission Apple über mehrere potenziell verbotene Geoblocking-Praktiken unterrichtet, die das CPC-Netz bei bestimmten Apple Media Services festgestellt hat, nämlich den Mediendiensten App Store, Apple Arcade, Music, iTunes Store, Books und Podcasts.

  • Verwaltungskosten für Unternehmen senken

    Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, ein einheitliches digitales Meldeportal für Unternehmen einzurichten, die Dienstleistungen erbringen und Arbeitnehmer vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsenden, das als "entsandte Arbeitnehmer" bezeichnet wird.

  • Diskriminierende steuerliche Behandlung

    Die Europäische Kommission hat entschieden, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land es versäumt hat, eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 AEUV und Artikel 40 des EWR-Abkommens) zu beseitigen, die durch die diskriminierende steuerliche Behandlung von reinvestierten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien bedingt war.

  • Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Facebook

    Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße in Höhe von 797,72 Mio. EUR gegen Meta verhängt, weil das Unternehmen gegen die EU-Kartellvorschriften verstößt, indem es seinen Online-Kleinanzeigendienst Facebook Marketplace mit seinem persönlichen sozialen Netzwerk Facebook verknüpft und anderen Anbietern von Online-Kleinanzeigendiensten unfaire Handelsbedingungen auferlegt hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen